Ingolstadt
"Auf Vorrat können wir ja nichts mieten"

Bezirksregierung wird bald weitere Asylbewerber nach Ingolstadt schicken – Stadt denkt an Neubauten

28.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:18 Uhr

In der ehemaligen Brunnquell-Villa sind auch Asylbewerber untergebracht, nachdem SPD-Stadträtin Veronika Peters der Stadt das Gebäude vermietet hatte. Insgesamt gibt es über 20 Unterkünfte - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Der Platz wird knapp: Die Zahl der Asylbewerber steigt weiter, die Stadtverwaltung sucht laufend nach neuen Wohnungen. Heute tagt wieder eine Arbeitsgruppe der Stadt.

Sie wird über neue Arten der Unterbringung diskutieren – und wie man den Aufenthalt der Menschen verbessern kann. Jede Woche kommen zwischen zehn und 20 neue Asylbewerber nach Ingolstadt. Die letzte bekannte Gesamtzahl stammt vom 1. August, da waren es 396. „Aber ich schätze, wir haben jetzt schon über 400“, sagt Sozialreferent Wolfgang Scheuer. Und auch, wenn manches Asylbewerberverfahren nach Monaten oder Jahren abgeschlossen wird, steigt die Zahl weiter. Seine Mitarbeiter seien ständig auf der Suche nach Wohnungen, sagt Scheuer, außerdem erhalte das Amt laufend neue Angebote von Wohnungseigentümern. Aber den Bedarf decke das nicht.

Die Regierung von Oberbayern schickt nach einem festen Schlüssel – bei dem Scherer sich fragt, ob andere Kommunen diesen auch so erfüllen wie Ingolstadt – Asylbewerber in alle Städte und Landkreise des Bezirks, weil sie ihrerseits Quoten zu erfüllen hat. „Es scheint mir Land unter zu sein“, sagt Scherer. Momentan herrscht in der zentralen Aufnahmestelle in München allerdings ein Aufnahmestopp, da bei einigen Bewohnern Masern festgestellt wurden. Damit gibt es auch keine Zuteilung für Ingolstadt. „Aber ab 10. September geht es dann weiter“, sagt Scheuer.

Eine Arbeitsgruppe des Sozialamts wird auch darüber sprechen. Jede Woche trifft sich die Gruppe, um über Unterkünfte, soziale Beratung oder Beschäftigung zu diskutieren. „Wir sind dabei zu überlegen, in Modulbauweise Einheiten für 50 bis 60 Personen zu bauen“, sagt Scherer. Diese Containerburgen dürften nicht schön aussehen, könnten aber auf einen Schlag für Entlastung sorgen. „Auf Vorrat können wir ja auch nichts mieten“, sagt der Sozialreferent. Daher sei die Besetzung der Plätze bisher ein ziemliches „Umeinandergeschiebe“ – damit möglichst auch Menschen mit gleichem oder ähnlichem kulturellen Hintergrund zusammen untergebracht werden können. Bisher habe das funktioniert. Religiös motivierte Auseinandersetzungen, wie man es aus anderen Unterkünften in Deutschland schon gehört hat, gebe es in Ingolstadt nicht. „Es gibt ganz normale zwischenmenschliche Probleme, die aber überall vorkommen“, sagt Scheuer.

Ein Asylbewerber aus Syrien, der seit etwa einem Jahr in Deutschland lebt, hatte offenbar Probleme ganz anderer Art – nämlich mit dem städtischen Jobcenter, so erklärt es jedenfalls sein Vermieter im DK-Gespräch: Ab 1. August habe er dem Mann, der aus Pfaffenhofen hergezogen sei und hier einen Deutschkurs absolvieren will, ein Zimmer vermietet. Am Mittwoch sei dieser nun im Jobcenter gewesen, um sich anzumelden – „damit er seinen Sprachkurs machen kann und seine Miete bezahlt bekommt“, wie sein Vermieter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, erklärt. Doch der Sachbearbeiter habe den Asylbewerber weggeschickt, da dieser seinen ausgefüllten Antrag nicht dabeigehabt habe. „Der versteht so viel Deutsch wie Sie Chinesisch“, verteidigt der Vermieter seinen Mieter im DK-Gespräch. Zu Hause bat der Asylbewerber ihn um Hilfe. Der Vermieter brachte schließlich den Antrag persönlich im Jobcenter vorbei – doch der Sachbearbeiter komplimentierte ihn wieder hinaus, mit Verweis auf einen Termin am kommenden Donnerstag – so die Version des Vermieters. Es gehe ihm dabei nicht um die Miete, erklärt der Mann. Er wolle helfen, da er selbst vor 26 Jahren über ein Asylbewerberverfahren nach Deutschland gekommen sei und es ihm jetzt als Audi-Mitarbeiter gut gehe.

Der Fall sei ihm noch nicht bekannt, erklärt Scheuer. Aber auch wegen solcher Themen sei Anfang Juni das Sachgebiet Asyl in der Stadtverwaltung eingerichtet worden. Dort sollen Informationen über Sprachkenntnisse oder berufliche Qualifikation vorliegen. Außerdem erhalte der Asylbewerber dort Hilfe beim Ausfüllen von Unterlagen. „Wir wollen uns auch zusammensetzen und überlegen, wie wir die Zusammenarbeit zwischen Sozialamt und Jobcenter verbessern können“, erklärt Scheuer. „Und wir sind dabei, eine Lösung zu finden, Konten einzurichten.“ Denn viele Asylbewerber hatten beklagt, sie könnten nicht einmal ein Konto einrichten und so keinen Job bekommen (wir berichteten) – für den oft ein Konto Grundvoraussetzung ist.