Reichertshofen
Auf vielen Bühnen zu Hause

01.02.2010 | Stand 03.12.2020, 4:17 Uhr

Wertvolle Erinnerungsstücke: Paul Reichart mit einem Foto, das ihn zusammen mit seiner Lieblingsschauspielerin Esther Schweins zeigt, und mit der Medaille, die er für seine Verdienste bei der Sammlung für die Kriegsgräberfürsorge erhielt. - Foto: Vogl

Reichertshofen (PK) 1997 wurde Paul Reichart entdeckt, als er sich für eine Komparsenrolle beim Film "Seitensprung in den Tod" mit Constanze Engelbrecht bewarb. Seitdem ist er im Kino, TV und Theater in zahlreichen Rollen zu sehen, engagiert sich daneben aber auch sozial für die Kriegsgräberfürsorge.

Die Fernsehkarriere des 61-jährigen Reichertshofeners Paul Reichart begann eher spät: vor rund zwölf Jahren hatte er sich auf eine Annonce von Radio IN für eine Statistenrolle beworben – mit "null Theatererfahrung", wie er selbst bekennt. Trotzdem wurde Reichart sofort angenommen und konnte das in ihm schlummernde Talent auch in Folge zur Schau tragen: Weiter ging es für ihn zu diversen Talkshows, wo er unter anderem bei Johannes B. Kerner, Sonja oder Arabella zu heiklen Themen kein Blatt vor den Mund nahm.

Das sei damals alles echt gewesen, nichts gestellt, betont Reichart, und bei Themen wie "Altersunterschiede in der Partnerschaft" auch mal hitzig unter der Gürtellinie zur Sache gegangen. Paul Reichart war um manchen frechen Kommentar nicht verlegen und fragte einmal eine Mutter mit zahlreichen Kindern von verschiedenen Männern, warum sie nicht gleich "in Arbeitskleidung" erschienen wäre. "Meinst Du, im Negligé" forschte Talkmasterin Arabella Kiesbauer "dezent" nach.

Weiter ging es mit zahlreichen Komparsenrollen in Fernsehproduktionen. Besonders häufig war Reichart im "Marienhof" zu Gast. Aber auch bei der Kinoproduktion "Comedian Harmonists" von Joseph Vilsmaier ist er zu sehen: "Wir haben für eine Szene elf Stunden lang gedreht, und zwar im Freudenhaus," erinnert sich Reichart rückblickend mit einem leichten Schmunzeln. Sein Lieblingsdreh habe beim Film "Auch Engel wollen nur das Eine" mit Esther Schweins stattgefunden. Noch heute zeigt Reichart stolz ein Foto der attraktiven Schauspielerin, die ihm eine persönliche Widmung dazu geschrieben hat. Auch Veronica Ferres wäre sehr nett gewesen und habe sich mit ihm in Drehpausen unterhalten. Ein "cooler Typ" sei Heiner Lauterbach.

Nur zu Ottfried Fischer hat Reichart keinen Draht gefunden, der sei "wie von einem anderen Stern" gewesen und habe sich gern abgesondert. Auch zu Günter Jauch konnte er keinen Kontakt aufbauen.

Der Zugang zur Glitzerwelt der Stars und Sternchen hat aber auch Schattenseiten: die Familie von Paul Reichart ist weniger erfreut über das Medieninteresse und den "Rummel" um seine Person. Besonders als er in den Talkshows noch präsent war, hatte es am Telefon oft heftige Reaktionen gegeben: "die waren dann nicht mehr unter der Gürtellinie, sondern noch eine Station tiefer," so Paul Reichart.

Der Komparse und Statist aus Leidenschaft, der auch wieder eine Woche lang bei "Das Grundgesetz von 1949" auf Schloss Herrenchiemsee mitgedreht hat, besitzt aber noch eine zweite Seite: seit etwa fünf Jahren sammelt Paul Reichart engagiert für die Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Unlängst wurde er auf der Bezirkstagung der Ehrenamtlichen für das beste Sammelergebnis 2008 im oberbayrischen Raum ausgezeichnet.

Reichart ist mittlerweile in Rente, aber nach wie vor als Komparse und Statist im Einsatz. Einen großen Traum hat er sich bewahrt: "Ein Heimatfilm mit Christine Neubauer würde mich reizen." Aber Paul Reichart legt dafür auch die nötige Gelassenheit an den Tag: "Was sich ergibt, ergibt sich. Man kann sich nicht versteifen."