Dietfurt
Auf Spurensuche im Labertal

Das geplante Wasserkraftwerk und sein Scheitern - Mit Anton Zacherl auf Zeitreise

22.03.2019 | Stand 23.09.2023, 6:20 Uhr
Mit einem Anfangskapital von 50 Millionen Mark, einem Betrag, der schon der Inflation geschuldet war, startete die Laberkraft-Bau-AG ihr Projekt. −Foto: GTZ|Götz, Rosmarie, Dietfurt, Götz, Rosmarie, Dietfurt

Dietfurt (DK) Viele Interessierte sind vor Kurzem zusammen mit Anton Zacherl, dem Eigentümer des Dietfurter Wagnereimuseums, auf Spurensuche gegangen. Sie suchten nach den Resten von dem, was von den hochfliegenden Plänen der Laberkraftwerk-AG im Jahr 1923 noch übrig ist.

Der Ausbau der Unterbürger Laber und ein Kraftwerk waren vor einem knappen Jahrhundert die Ziele des Unternehmens. In intensiver Arbeit hatte der Referent aus spärlichen Quellen, die vorwiegend aus Zeitungsberichten bestanden, eine informative Präsentation erstellt und unterhaltsam aufbereitet, der das Publikum sehr aufmerksam folgte.

Mit Anekdoten heimischer Lebensart würzte Zacherl seine Ausführungen. Demnach wirkte Georg Rupflin aus Lindau als "Antreiber des Projekts". Er fungierte als Vorsitzender des Aufsichtsrats der Laberkraftwerk-AG, Benedikt Rengnath, der damalige Dietfurter Bürgermeister, war ebenfalls Aufsichtsrat.

Zur Zeit des Vorhabens bedrückten die hohen Reparationszahlungen nach dem verlorenen Krieg die instabilen politischen Verhältnisse und die in Fahrt kommende Inflation. Dietfurt wurde seit 1897 von der Rengnathmühle mit Strom versorgt. Rivalität zwischen lokalen Stromerzeugern und dem Überlandwerk bestimmten den Markt.

Rupflin befeuerte die Konkurrenz mit einem niedrigen Preisangebot, vor dem die Überlandwerke warnten. Die Gründungsversammlung der Laberkraftwerk-AG fand schließlich im ehemaligen Wildensteiner Hof in Dietfurt am 8. April 1923 statt. Neben den anwesenden Bürgermeistern vermerkte der Zeitungsbericht auch die Namen weiterer Lokalprominenz. Die positive Erwartung an das Vorhaben musste mit 2500 Mark für eine Aktie zu 1000 Mark bezahlt werden.

Zacherl stellte den geplanten Verlauf des Werkkanals vor, der beim Hansen-Schwall im Labertal seinen Ausgang nehmen sollte und dessen Ende im Plan den klingenden Namen "Wasserschloss" führte. Steinerne Rohre mit einem Durchmesser von 1,60 Meter, die in einzelnen Dietfurter Gärten heute noch als Wasserbecken dienen, waren für die Leitung vorgesehen. Auf 1,8 Kilometer Länge war ein Gefälle von 13 Metern veranschlagt, 744000 Kilowattstunden an Jahresleistung wurden angekündigt. Im Frühjahr 1923 begann der Bau, ein Foto der Baustelle zeigte 60 Arbeiter, in Spitzenzeiten sollen 200 bis 300 "Barawer" im Labertal geschafft haben. Alte Tabellen listeten 484 Fuhren Sand auf, geliefert aus der Dietfurter Sandgrube, die nie bezahlt wurden.

Noch im folgenden Herbst war bei einer Versammlung im Gasthof Niedermeier die Stimmung "euphorisch", als die Wasserkraft als "weiße Kohle" gepriesen wurde. Die Hyperinflation belegte Zacherl mit eindrucksvollen Tabellen, als das Briefporto von 15 Pfennig im Jahr 1918 bis Ende 1923 auf eine Milliarde Reichsmark anstieg. Zur Bezahlung der Bauarbeiter am Werkskanal wurde im ehemaligen "Gravius-Haus" ein Notgeld gedruckt, die Geschäftsleute wurden gebeten, es als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Die Zeitung warnte vor der Annahme, die Laberkraftwerk-AG beschwichtigte und verwies auf ihre Sicherheiten.

Drei Tage nach witterungsbedingter Einstellung der Arbeiten gab es am 15. November 1923 die Währungsreform. Noch während der Endphase warben die Verantwortlichen des Projekts mit der "großen wirtschaftlichen Bedeutung für Dietfurt" für den Aktienkauf, doch "es ging bergab".

Im Frühsommer 1924 walzte ein Unwetter nicht nur das Getreide nieder, ein Teil der Mauern am Werkskanal stürzte ein. Das Amtsgericht Riedenburg bestellte im Juni den Konkursverwalter, Ende November erfolgte die Liquidierung. Zur Aktienpleite überliefert ist der Volksmund, der meinte: "g'rupft vom Rupflin!" Die Lust, ein großes Geschäft zu machen, habe zum Mitmachen animiert, resümierte Zacherl.

Gründe für das Scheitern waren die Überschätzung der elektrischen Leistung, der hohe bauliche Aufwand, die Hyperinflation und die Überlegenheit der Überlandwerke. Als Planer verschiedener Kraftwerke, der aber nicht bei der Laberkraftwerk-AG mitmachte, wurde auch Anton Mürbeth vorgestellt.

Mit einem Augenzwinkern forderte der Referent erneut das Dietfurter Aktienfieber heraus, als er mit Blick auf das Foto von der Ruine der ehemaligen Papiermühle vorschlug, eine AG zu gründen, die nicht nur die Stromversorgung garantiere, sondern nebenbei auch noch das Hochwasserproblem löse.

Rosmarie Götz