Hohenwart
Auf Rekordjagd in den USA

Triatlon-Weltmeisterin Nicole Bretting möchte nun auch beim Race Across America für Furore sorgen

02.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:57 Uhr

Interessierter Blick in den Atlas: Nicole Bretting (r.) und ihr Ehemann Reinhard freuen sich bereits riesig auf das Race Across America im Juni 2016. Kein Wunder, dass sie schon jetzt die Strecke von der Westküste der USA zur Ostküste genauestens unter die Lupe nehmen - Foto: R. Kaufmann

Hohenwart (DK) Dass Nicole Bretting eine außergewöhnlich erfolgreiche Triathletin ist, dürfte spätestens seit ihrem Altersklassentriumph 2014 beim legendären Ironman auf Hawaii hinlänglich bekannt sein. Auch eine Vielzahl an Europameistertiteln hat die Hohenwarterin mittlerweile auf ihrem Konto, und so weiter, und so weiter. Kurzum: Es gibt nicht mehr viel, was die 43-Jährige in ihrer Sportart noch nicht erreicht hat. Also blickte sich Nicole Bretting nun um, war auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Und die hat sie jetzt gefunden: Das Race Across America (RAAM) soll es bitte schön sein, das sie 2016 unbedingt bestreiten will – jenes spektakuläre Radrennen von der West- zur Ostküste der USA, das alljährlich im Juni ausgetragen wird.

„Schon seit 2008 spukt mir das Ganze im Kopf umher, als ich davon im Rahmen eines Trainingslagers einen sehr interessanten Vortag gehört habe“, verrät die Hohenwarterin: „Alles, was ich damals vom RAAM erfuhr, war einfach nur faszinierend – obwohl ich doch eigentlich gar kein großer USA-Fan bin.“

Rund 4800 Kilometer lang ist die Strecke vom Oceanside Pier in Kalifornien nach Annapolis im Bundesstaat Maryland, zudem gibt es hierbei rund 31 000 Höhenmeter zu überwinden. „Um es mit einem Satz zusammenzufassen: Das ist ein hartes Rennen, das wahrlich nicht jeder fährt“, erklärt Nicole Bretting. Und schmunzelnd fügt sie hinzu: „Wahrscheinlich wäre es auch toll, Deutschland mal im Rahmen eines Rennens zu durchqueren – aber die Dimensionen in den USA sind doch ganz andere.“

Allein schon das Durchkommen beim RAAM ist normalerweise ein Erfolg, die Anstrengungen hierbei sind schließlich immens. Wer die Hohenwarterin jedoch ein bisschen besser kennt, der weiß, dass sie stets etwas Besonderes erreichen will – und das ist bei diesem Projekt nichts anders. „Ja, ich will gemeinsam mit drei anderen Fahrerinnen den Streckenrekord für Damen-Viererteams knacken“, so die 43-Jährige nun forsch: „Lediglich ins Ziel zu kommen, das wäre doch arg langweilig.“

Aktuell liegt die Bestmarke bei sechs Tagen und elf Stunden für die rund 4800 Kilometer. „Das unterbieten zu wollen, ist natürlich ambitioniert – aber nicht unmöglich, denn sonst würde ich es ja nicht versuchen“, sagt die Hohenwarterin. Dass das Ganze freilich nur klappt, wenn auch die drei restlichen Mitglieder ihres Teams hundertprozentig topfit sind, hundertprozentige Leistung bringen – Nicole Bretting weiß das genau: „Für das Aufstellen eines neuen Rekords müssen wir einen Schnitt von immerhin knapp 31 km/h fahren“, rechnet sie vor: „Das ist nicht im Vorbeigehen zu schaffen.“

Und wer sind nun ihre drei Mitstreiterinnen? „Namen werden noch nicht verraten“, so die 43-Jährige schmunzelnd. Aber dass es ein reines „Team Bayern“ sein wird, das ist ihr dann doch zu entlocken. „2014 ist ja erstmals eine Vertretung mit dem Namen ,German Frauleins’ an den Start gegangen. Dadurch entstand bei meinem Ehemann Reinhard spontan die Idee, aus einem rein deutschen eben 2015 ein rein bayerisches Quartett zu machen – und ich fand diese sofort absolut super“, berichtet Nicole Bretting.

Vier weißblaue Topsportlerinnen, die jenseits des Großen Teichs, im Land der angeblich unbegrenzten Möglichkeiten für Furore sorgen wollen – wenn das die Öffentlichkeit nicht neugierig macht, was dann? Und genau auf das setzen die Hohenwarterin sowie ihre drei Mitstreiterinnen nun – denn das RAAM ist nicht nur in sportlicher Hinsicht eine Riesenherausforderung, sondern auch in finanzieller. „Um bei diesem ultralangen Rennen erfolgreich zu sein, braucht man zusätzlich zu den Fahrerinnen noch vier Begleitfahrzeuge, zehn Betreuer – und eventuell sogar zwei Physiotherapeuten. Bereits das kostet eine schöne Stange Geld“, erzählt Nicole Bretting: „Zudem werden allein für die Flüge in die USA rund 20 000 Euro fällig, die Anmeldegebühr für unser Quartett kostet nochmals 8000 US-Dollar, und so weiter, und so weiter.“

Mit allen Nebengeräuschen werde das gesamte Projekt wohl zwischen 60 000 und 80 000 Euro verschlingen – so zumindest die Hochrechnung von Ehemann Reinhard. Keine Frage, das ist viel Geld. Und dementsprechend werden die Brettings und ihr Team nun verstärkt auf Sponsorenjagd gehen. „Vier Bayerinnen auf Rekordjagd in den USA, das sollte doch auf verschiedensten Wegen gut zu vermarkten sein“, hoffen sie: „Wir sind jedenfalls für alles offen, was irgendwie zu uns passt.“

Los geht die kleine Werbetour, der Kampf um PR übrigens schon an diesem Montag auf dem Irschenberg im Voralpenland: Hier steht die offizielle Teamvorstellung auf dem Programm – eben in einer typisch bayerischen Umgebung. Viel werbewirksamer würde es wohl kaum gehen.

„Und bei dieser Gelegenheit gibt’s auch erstmals die Namen der Damen, die mit mir in den USA antreten wollen“, so Nicole Bretting. Dass es nicht einfach war, geeignete Mitstreiterinnen zu finden – die Hohenwarterin verneint es nicht: „Danach konnten wir ja nicht einfach in der Zeitung inserieren.“ Wer ist hart genug, die Strapazen zu überstehen? Wer passt menschlich ins Team? Wer hat den nötigen Ehrgeiz, tatsächlich auch den Streckenrekord knacken zu wollen? Das fragten sich die Brettings immer wieder. Und sie sind sich nun absolut sicher, die drei richtigen Damen gefunden zu haben. Aber wie schon erwähnt: Konkrete Namen gibt’s heute.

Keine Frage, Nicole Bretting freut sich riesig auf die offizielle Vorstellung auf dem Irschenberg. Allerdings ist es bei Weitem nicht so, dass sie dem RAAM-Projekt nun alles unterordnet. „Ich bin trotzdem noch Triathletin mit Leib und Seele, die heuer noch große Ziele erreichen möchte“, betont die 43-Jährige. Ganz konkret bedeutet das: Bei der Ironman-70.3-Weltmeisterschaft, am 30. August im österreichischen Zell am See, peilt Nicole Bretting ganz klar den Titel in ihrer Altersklasse W40 an – genauso, wie sie beim klassischen Triathlon auf Hawaii, am 11. Oktober, ebenfalls wieder auf dem ersten W40-Rang landen möchte. „Auf beiden Strecken innerhalb eines Jahres Weltmeisterin zu werden, dass wäre natürlich die Erfüllung eines riesengroßen Traums“, so die Hohenwarterin.

„Aber dann, nach dem Hawaii-Triathlon, wird das Thema ,Rad’ doch intensiviert“, gibt sie zu: „Da wird’s durchaus passieren können, dass ich in der Nacht um vier Uhr aufstehe, um mit dem Rad das schnelle Fahren in der Dunkelheit zu üben.“ Denn beim RAAM wird ja rund um die Uhr in die Pedale getreten – und da innerhalb des bayerischen Viererteams wohl stündlich die Fahrerinnen gewechselt werden, erwischt es definitiv jede von ihnen gleich mehrmals, nicht nur bei Helligkeit ran zu dürfen. „Was soll’s? Von der Landschaft bekomme ich während eines Rennens sowieso kaum etwas mit, dafür bin ich zu konzentriert“, sagt Nicole Bretting: „Also darf’s hin und wieder durchaus dunkel sein.“

Obwohl, den Mississippi River würde sie ganz gerne schon bewusst überqueren. „Es gibt beim RAAM ja das Sprichwort, dass derjenige, der den Mississippi erreicht, auch ins Ziel kommt“, verrät die Hohenwarterin. Und in ihrem Fall soll das eben 2016 heißen: in neuer Rekordzeit.