Auf Reifen ins Wasser

15.05.2008 | Stand 03.12.2020, 5:55 Uhr

Mit "Tiralos" in den See: Der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach Arndt Bock hatte beim Pressetermin in Enderndorf die Ehre, die ersten Strandrollstühle zu Wasser zu lassen. - Foto: Leykamm

Hilpoltstein/Enderndorf (HK) Eine Aktion mit Pioniercharakter: Neuartige Strandrollstühle machen für behinderte Menschen einen Besuch des Fränkischen Seenlandes – und auch des Rothsees – noch attraktiver.

Barrierefrei war das Fränkische Seenland schon von Beginn an konzipiert – für die Etablierung als Urlaubsort ein nicht zu unterschätzendes Qualitätsmerkmal. Nun sind Rothsee, Altmühlsee und Brombachsee noch um eine auf Behinderte zugeschnittene Attraktion reicher: Neun Strandrollstühle können ab sofort an den Ufern ausgeliehen werden – eine Premiere für jene "Tiralos", die hier erstmalig im Binnengewässer zum Einsatz kommen.

Der Grund liegt auf der Hand: "Was nützt ein Urlaub im Seenland, wenn man nicht ins Wasser gehen kann", nennt ihn Ernst Birnmeyer im Enderndorfer Seenzentrum bei der Übergabe der Gefährte an die drei Zweckverbände beim Namen. Schon vor Jahren versuchte man, dem Problem mit dem Einsatz von Rampen zu Leibe zu rücken, die auch weiterhin im Betrieb bleiben sollen. Der ist aufgrund von Versandung allerdings mit hohem Aufwand verbunden, weshalb der Arbeitskreis "Barrierefreier Urlaub im Fränkischen Seenland" seit geraumer Zeit nach Alternativen Ausschau hielt. Bis Birnmeyer als Vorsitzender auf die Tiralos aufmerksam wurde. Und sie für gut befand, auch wenn sie für ihn auf den ersten Blick wie "Mondgefährte" anmuten, verriet Arndt Bock, Leiter des Ansbacher Wasserwirtschaftsamtes, in Enderndorf.

Laut Bock kamen die Tiralos zuerst an der Meeresküste Frankreichs zum Einsatz. Im westlichen Nachbarland Deutschlands werden die Fahrzeuge auch produziert, die mittlerweile auch am Timmendorfer Ostseestrand genutzt werden.

Was Binnengewässer anbetrifft, können die Strandrollstühle nun im Fränkischen Seenland Premiere feiern. Sie eigenen sich dort aufgrund der geringen Wassertiefe besonders gut, erklärte Bock. Je drei Tiralos können ab sofort an den dortigen Verleihstationen ausgeliehen werden. Am Altmühlsee finden sich diese an den Seenzentren in Schlungenhof, Muhr am See und Wald wieder.

Im Bereich des Brombachsees sind diese an der Badehalbinsel Absberg und an den Freizeitanlagen Ramsberg und Enderndorf zu finden. Am Rothsee verleiht das Seezentrum Heuberg die Strandrollstühle. Der dortige Verleiher sowie die Fahrradvermieter San-Aktiv-Tours und Radsport Gruber zeichnen für die Vergabe verantwortlich, die nur an Personen mit Behindertenausweis erfolgt. Hier gibt es strikte Vorgaben, was verständlich ist, denn vor allem Kinder und Jugendliche sind sehr interessiert an den sehr poppig daher kommenden Vehikeln, die für insgesamt 17 000 Euro angeschafft wurden.

Mit den Tiralos ist es Behinderten möglich, ins Wasser zu fahren und somit in den Genuss des erfrischenden Nass’ zu kommen. Im See angelangt, kann auch ausgestiegen und geschwommen werden, wenn es der körperliche Zustand zulässt.

In Sachen Barrierefreiheit hat das Fränkische Seenland damit eine weitere große Hürde genommen – lediglich in Sachen behindertengerechter Gaststätten gibt es noch Nachholbedarf. Dem wollen neben Birnmeyer vor allem Bernhard Endres, Rollstuhl fahrender Initiator des Arbeitskreises "Barrierefreier Urlaub im Fränkischen Seenland" und sein Schicksalsgenosse Erwin Färber möglichst schnell Abhilfe schaffen.

Als neues Projekt wird bereits über technische Hilfen nachgedacht, um mit dem handelsüblichen Rollstuhl über den Sand bis ans Wasser zu gelangen, verriet in Enderndorf der Geschäftsführer des Zweckverbands Brombachsees, Stefan Hentschl.

Endres, seines Zeichens auch Vorstand des "Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter e.V." dankte den Verantwortlichen im Namen aller Betroffenen für die neun Strandrollstühle, die Behinderten die Teilnahme an einem wichtigen Stück öffentlichen Lebens ermöglichten. Das Fränkische Seenland selbst ist übrigens bereits jetzt eine von sechs Modellregionen mit einer Arbeitsgemeinschaft "Barrierefreie Reiseziele in Deutschland" – die Tiralos werten die Region nun noch weiter auf.