Schambach
Auf Radiowellen reitende Notenlawine

Zum 75. Geburtstag von Heinz Winbeck wiederholt BR-Klassik eine Sendung zum Werk des Komponisten aus Schambach

14.02.2021 | Stand 23.09.2023, 17:02 Uhr
Am 11. Februar hätte Heinz Winbeck seinen 75. Geburtstag gefeiert. In Erinnerung an die herausragenden Schöpfungen des 2019 gestorbenen Komponisten aus Schambach hat der BR nun eine Sendung des Magazins "Horizonte" wiederholt. −Foto: Erl

Schambach/München - Vor 75 Jahren ist der Komponist Heinz Winbeck geboren.

Der Radiosender BR-Klassik erinnerte am Donnerstag an diesen herausragenden Musikschaffenden. "Wenn ich irgendwann das Gefühl dazu habe, komponiere ich wieder. Im Moment ist die Zeit aber so furchtbar, dass es mir sogar die musikalische Sprache verschlägt", sagte Heinz Winbeck in einem Gespräch mit dem DONAUKURIER zu seinem 70. Geburtstag am 11. Februar 2016. Er hatte einen wachen Blick auf die Zeit, er hat nicht wieder komponiert. Gut drei Jahre später, am 26. März 2019, starb der große zeitgenössische Komponist, der zusammen mit seiner Frau Gerhilde im ehemaligen Pfarrhof von Schambach eine neue Heimat gefunden hatte.

Zu seinem 75. Geburtstag wiederholte der Bayerische Rundfunk am Donnerstag eine Sendung des Magazins "Horizonte" vom 3. September 2019, in dem Thorsten Preuß und der amerikanische Star-Dirigent Dennis Russell Davies das Leben und die Werke des ebenso herausragenden wie bescheidenen Menschen würdigten. Im Gespräch mit Schülern, Weggefährten und Kollegen des Musikprofessors - unter ihnen auch der Riedenburger Komponist Franz Hummel - zeichneten die beiden darin nicht nur die Denk-, Erlebnis- und Schaffenswelt von Heinz Winbeck nach. Sie malten dabei ein überaus treffendes Bild von dem Mann, der in seiner Lebenseinstellung weitblickend-universell und in seinem Wesen äußerst bescheiden war.

Die konsequente Tiefgründigkeit von Winbecks Sichtweise spiegelt sich in seinen Notenwerken und geht in ihrer Klarheit und Stringenz weit über das enge Schambachtal hinaus. Diese analytische Voraussicht einerseits und die unentwegte Frage nach dem Leid, das sich Menschen in Kriegen zufügen, ist ein zentrales Thema vor allem in seiner Zweiten und der Vierten Sinfonie. Die finale Frage nach dem Tod nimmt in seiner Musikalität eigene Formen und eine ihm eigene Sprache an.

Zu allen Schaffensphasen stehen in der Sendung aufrüttelnde Klangbeispiele gegenüber und vermitteln das, was mit Worten nicht zu beschreiben ist. "Winbeck tritt eine Notenlawine los, die einen staunend zurücklässt - aber auch ein wenig ratlos", formuliert Thorsten Preuß seine Eindrücke. Winbeck hat fünf groß angelegte Sinfonien und etliche weitere Orchester- und Kammermusikwerke komponiert. Neben zahlreichen Preisen wurde er in die Bayerische Akademie der Schönen Künste aufgenommen.

Heinz Winbeck kam als Kind einer armen Arbeiterfamilie in Piflas bei Landshut zur Welt. Im Alter von vier Jahren brachte er sich mangels Spielzeug selbst das Lesen bei und war fasziniert von Musiknoten. Nachdem ein Pfarrer ihn mit seinem Motorrad angefahren hatte, mussten ihm seine Eltern vom Schmerzensgeld ein Klavierkaufen. Nach mehreren Zwischenstationen unter anderem am Stadttheater Ingolstadt war Winbeck bis zu seiner Emeritierung als Professor für Komposition an der Würzburger Musikhochschule tätig. Die erste Gesamtaufnahme seiner fünf Sinfonien wurde im vergangenen Jahr mit dem Opus-Klassik-Preis ausgezeichnet.

"Ich kann nichts anderes sagen, als dass ich nur das zu Papier bringe, das, würde ich es nicht tun, mich zersprengte", hat Winbeck sein Schaffen einmal kommentiert. Winbecks Sinfonien und vor allem seine Zweite, über die Davies insbesondere sprach, verwurzelt der Stardirigent gedanklich in der Umweltbewegung. Er sieht sie mit den Schumann- und Mahler-Anklängen mit einem brutal-desillusionierenden Ende und das mache sie heute wieder besonders aktuell. Dass Heinz Winbeck ein Visionär mit beklemmenden Ahnungen war, die er mit seinem Genius in den gewaltigen Klangformen zeitgemäßer Klassik zum Ausdruck brachte, darin waren sich die Autoren der Erstausstrahlung von "In memoriam Heinz Winbeck" einig.

Die Wiederholung dieser einstündigen Sendung posthum zu seinem 75. Geburtstag unterstreicht nur, welchen Meilenstein Heinz Winbeck durch seine Werke gesetzt hat und welcher Stellenwert in der zeitgemäßen klassischen Musik ihm zusteht.

DK

Lorenz Erl