Pfaffenhofen
Auf die Ziege gekommen

04.10.2011 | Stand 03.12.2020, 2:20 Uhr

Alles um die Ziege dreht sich am Wochenmarktstand mit Bio-Produkten vom Hallertauer Ziegenhof, der von Anne Kassner und Andreas Bucher in Pfaffenhofen betreut wird. - Foto: Raths

Pfaffenhofen (PK) Jeden Dienstag und Samstag ist Wochenmarkt in Pfaffenhofen. Der PK widmet diesem traditionellen Treiben, dessen Wurzeln bis ins Mittelalter reichen, jetzt eine Serie. Diesmal geht es um Hans Kellner und seinen Ziegenkäse.

Ziegen können auf Bäume klettern und sich mit Erfolg so lange an Verschlüssen von Türen und Toren versuchen, bis sie sie endlich öffnen können. Sie wissen auch genau, welcher Platz im Stall der ihre ist, auch wenn sie erst mal an den eines anderen gehen, nur um ihn zu ärgern. Ziegen geben aber auch für all jene köstliche Milch, die den individuellen Geschmack zu schätzen wissen. Und der Käse, der daraus gemacht wird, den bekommt man auf dem Pfaffenhofener Wochenmarkt am Stand von Hans Kellner – seit einem Vierteljahrhundert.

Den Chef allerdings findet man seit geraumer Zeit eher selten in seinem Verkaufsanhänger, doch wird er von Anne Kassner gerne und mit Leidenschaft vertreten. Vor fünf Jahren hat die heutige Kinderkrippenleiterin als Schülerin ihren Nebenjob im Ziegenkäsestand angefangen. Extra dafür kommt die gebürtige Pfaffenhofenerin noch heute jeden Samstag treu aus dem Münchner Stadtteil Sendling angereist, selbst wenn der Discobesuch sich auch mal bis in die Frühe hinzog. „Das macht mir nix aus“, beteuert die 19-Jährige glaubhaft und reicht mit frisch-freundlichem Lächeln den Ziegenkäse über die Verkaufstheke. „Ich bin hier in Pfaffenhofen aufgewachsen, kenne deshalb viele Leute und so macht es einfach Spaß auf dem Markt“, meint Kassner und lacht zu Andreas Bucher hinüber. Der 52-jährige Landshuter steht seiner Kollegin seit einem halben Jahr zur Seite, ist studierter Landwirt und hat bis vor wenigen Jahren alle Höhen und Tiefen des Bauerndaseins kennen gelernt. Jetzt ist er hauptberuflich Gemeindearbeiter in Weihmichl. Doch an die Anfänge in Pfaffenhofen erinnert er sich immer noch, verkaufte er doch kurzfristig bereits vor 25 Jahren Ziegenkäse am Stand von Kellner, seinem Studienkollegen von anno dazumal. In der Zwischenzeit betrieb er unter anderem eine Bergbauernhof in Kärnten, dessen Pachtvertrag er nicht verlängern konnte. Ein weiteres Pachtverhältnis endete mit der Verhaftung seines Verpächters durch die österreichische Gendarmerie und auch die Rückkehr zur Milchviehwirtschaft nahe Landshut endete abrupt vor einiger Zeit, diesmal allerdings aus rein persönlichen Gründen.

„So kann’s halt gehen“, meint Bucher dazu trocken, und er erweckt den Anschein, das unstete Leben doch auch ein wenig genossen zu haben. Heute beschäftigt sich Bucher nebenher mit der Permakultur, einem Konzept nachhaltiger Landwirtschaft, wenn er nicht gerade in seiner auf mittelalterliche Musik spezialisierten Band „Amor mi fa“ die Oud spielt. Oud? – eine Kurzhalslaute, mit der sich in früherer Zeit der Troubadour zu seinem Gesang begleitete. Vielleicht kommt Bucher jetzt ja auch noch auf die Ziegenwirtschaft, wer weiß. Dann aber kann er nur von Hans Kellner lernen, denn mit seinem Hallertauer Ziegenhof schreibt der bis heute eine Erfolgsstory. Auf die Ziege gekommen ist er bereits vor der Übernahme des elterlichen Hofes 1987 in Tegernbach bei Rudelzhausen. Früh schon tauschte er Ferkel mit Kitzen. Das Interesse für Ziegen und Marktstand keimte zu damaliger Zeit bei einem Marktverkauf in Paris mit einem französischen Ziegenkäseverkäufer, den er dorthin interessiert begleitete.

„Eine Woche später stand ich bereits am Pfaffenhofener Wochenmarkt mit drei Sorten Ziegenfrischkäse, Tischchen und Schirm“, erinnert sich Kellner. Nur wenige Minuten nach seinem ersten Aufbau aber wurde er vom damaligen Marktmeister Bruno Bönsch angeblafft, denn ohne Anmeldung bei der Stadt könne man sich ja nicht einfach so auf den Markt stellen. Doch Bönsch bewies dann doch noch Herz, spurtete ins Rathaus und kam zurück mit den Worten „Jetzt bist angemeldet!“

Kellner entpuppte sich schnell als begnadeter Käsekünstler und beweist bis heute mit seinen Tieren der Rasse „Bunte Deutsche Edelziege“, dass Direktvermarktung auch mit einer Spezialisierung auf Ziegen bestens funktioniert. Der Bioland-Betrieb versorgt insgesamt sechs Wochenmärkte, unter anderem auch in München, mit Käsesorten wie Cabecous und die Pyramide mit Pappelasche, die mit ihrem zarten Gewürzkleid jeden Käseteller bereichern. Selbst zu Auszeichnungen in Gold und Silber vom Verband für handwerkliche Milchverarbeitung im ökologischen Landbau hat es Kellner mit viel Fleiß gebracht und der Kundenandrang an seinem Wochenmarktstand bestätigt die Qualität.

Ein weiterer Vorteil aller Ziegenprodukte, neben dem unverwechselbaren Geschmack, den viele zu schätzen wissen: sie sind arm an Cholesterin. Dafür verwöhnt Kellner seine Ziegen auf dem Hallertauer Ziegenhof mit seinen 30 Hektar Wirtschaftsfläche mit bestem Futter. Und sie danken es ihm mit viel Milch, pro Geiß etwa zwei Liter täglich. 120 Ziegen geben ihm damit gute 240 Liter Milch, die es dann zu verarbeiten gilt. Ganz nebenher fällt auch noch Futter ab für etliche Mastochsen, denn Ziegen sind wählerisch in ihrer Kräuter- und Gräserauswahl und so bleibt das eine oder andere Blümchen fürs Ochsenmaul. Etliche Edelschweine profitieren von der reichlich vorhandenen Molke.

Allen Tieren gemeinsam ist, dass sie nicht zum schnellen Verzehr getrimmt werden, sondern Zeit zum Wachsen haben, und so wird von den Wochenmarktkunden das bestens marmorierte, weiche Fleisch gelobt. Denn natürlich wird auch das angeboten, als Frischfleischpaket, Bauerngeräuchertes, Rindersalami oder Brühwurst. Hans Kellner, ein Biobauer, der mit einem geschlossenen Betriebskreislauf regional wirtschaftet und ökologisch denkt, will den Pfaffenhofener Wochenmarkt nicht mehr missen. „Im Vergleich zu vielen anderen Wochenmärkten sind hier noch eine stattliche Zahl Direktvermarkter – das finde ich gut und das gefällt mir hier so sehr“, lobt Kellner.