Auf der Suche nach Menschlichkeit

Stephan Lacants ZDF-Film "Für meine Tochter" erzählt von Krieg und Flucht und einer komplizierten Vater-Kind-Beziehung

05.08.2018 | Stand 23.09.2023, 4:19 Uhr
Auf der Suche nach seiner Tochter: Benno Winkler (Dietmar Bär) ist enttäuscht, dass ihm die Deutsche Botschaft in Ankara nicht helfen kann. Er macht er sich selbst auf ins Kriegsgebiet. −Foto: Foto: Schultheiß/ZDF

(DK) Seit über 20 Jahren jagt Dietmar Bär als Kölner "Tatort"-Kommissar böse Buben.

Als Freddy Schenk muss er so einiges einstecken. Doch kein Vergleich zu dem, was der beliebte Schauspieler in seiner neuen Rolle durchlebt. In "Für meine Tochter" landet er als Apotheker Benno auf der Suche nach seiner vermissten Tochter Emma im syrischen Kriegsgebiet, wird ausgeraubt und ohne Schuhe und Wasser in der Wüste zurückgelassen. Er erfährt am eigenen Leib, was es bedeutet, ums Überleben zu kämpfen.

Benno Winkler hat immer noch mit dem tragischen Verlust seiner Frau zu kämpfen. Da erfährt er, dass der Pass seiner Tochter Emma in der Türkei aufgetaucht sei. Dabei wähnt er sie beim Studium in Berlin. Da sie sich nicht meldet, macht er sich auf die Suche - eine Suche, die ihn von Berlin über Ankara bis in die türkisch-syrische Grenzregion führt. Er erfährt, dass Emma die Familie eines befreundeten syrischen Flüchtlings in Eigenregie nach Deutschland holen wollte. Jetzt gibt es kein Lebens-zeichen von ihr. Im Laufe seiner Odyssee begreift Benno, wie sehr er sich von seiner Tochter entfremdet hat. In der Türkei trifft er auf Emmas Freund Max. Der ist traumatisiert von einem Überfall des IS.  Gemeinsam mit ihm und dem türkischen Fahrer Ilkay wagt Bennos sich ins syrische Kriegsgebiet vor.

Dietmar Bär spielt den eher biederen Benno, der zum Kämpfer wird, sehr eindrucksvoll. "Auf der Suche nach seiner Tochter findet er heraus, dass die Liebe zu seinem Kind ein unglaublich starker Motor ist, der ihn weit über die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit hinausbringen kann", sagt Bär über seine Rolle, die ihm psychisch und physisch viel abverlangt hat.

Stephan Lacant setzt weniger auf drastische Bilder des Krieges und der Gewalt, ihn interessieren die Menschen, die Lebensumstände im Flüchtlingslager. Hoffnungslosigkeit und Hilflosigkeit begegnen Benno auf seiner Odyssee. Der Film bleibt dabei aber mehr an der Oberfläche, erzählt eine Vater-Tochter-Geschichte (Buch: Sarah Schnier und Michael Helfrich) vor dem Hintergrund der vom Krieg gebeutelten Region. "In dieser Familiengeschichte spiegelt sich eines der großen Themen unserer Zeit. Auf die gesellschaftspolitisch gerade wieder brandaktuelle Debatte um Migration in Europa wirft ?Für meine Tochter' ein Schlaglicht und formuliert ein leidenschaftliches Plädoyer für das, was bei allem Reden über Maßnahmen im Sommer 2018 nicht verloren gehen darf: die Menschlichkeit", sagen die verantwortlichen ZDF-Redakteure Alexander Bickel und Thorsten Ritsch. Keine Frage, der Film hat ein klares Anliegen, doch manchmal schimmert das zu stark durch, ist die Story zu plakativ geraten. Und auch in puncto Glaubwürdigkeit hat das Überlebensdrama Schwächen. Wie Benno dem IS entkommt, die Grenze zwischen Syrien und der Türkei überwindet und durch die Wüste wankt, ist etwas dick aufgetragen.

"Für mein Tochter" läuft am Mittwoch um 20.15 Uhr im ZDF.
 

Volker Bergmeister