Ingolstadt
Auf der Spur des Superspreaders

Stadt prüft Corona-Ausbruch bei Veranstaltung eines Moscheevereins - 38 Kontaktpersonen wurden getestet

07.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:24 Uhr
Die Integrationsbeauftragte Ingrid Gumplinger verteilte am Freitag in verschiedenen Einrichtungen neue Plakate zu den Corona-Verhaltensregeln. Bei dem Fotomotiv handelt es sich nicht um die von einem Corona-Ausbruch betroffene Religionsgemeinschaft. −Foto: Stadt Ingolstadt

Ingolstadt - Ausgerüstet mit Plakaten in deutscher und türkischer Sprache hat sich die städtische Integrationsbeauftragte Ingrid Gumplinger am Freitag auf den Weg gemacht, um Moscheen abzuklappern und nochmals daran zu erinnern, die strengen Corona-Schutzmaßnahmen und etwaige Quarantäneauflagen einzuhalten. Grund für die Aktion: Der Corona-Ausbruch im Umfeld der "Veranstaltung einer Religionsgemeinschaft Ende Juli in Ingolstadt", wie es offiziell heißt. Auf diesen "Superspreader" führt die Stadt einen Großteil der zuletzt gehäuften Infektionen zurück.

 

Nach Informationen unserer Zeitung handelte es sich um die Veranstaltung eines Moscheevereins, die behördlich genehmigt und für maximal 40 Teilnehmer zugelassen war - mit Hinweis auf die Einhaltung der Corona-Auflagen, versteht sich.

Doch ausgerechnet der Veranstalter war offensichtlich bereits im Vorfeld positiv auf das Coronavirus getestet worden. Er soll jedoch die Auflagen des städtischen Gesundheitsamts missachtet und sich auch nicht an die verordnete Quarantäne gehalten haben. Nach Bekanntwerden des Vorfalls am Mittwoch ermittelte das Gesundheitsamt weitere 38 Kontaktpersonen zweiten Grades. Die Informationen seien nur "sehr zögerlich" herausgegeben worden, heißt es. Diese Leute wurden inzwischen getestet, die Ergebnisse sollen in den nächsten Tagen vorliegen, teilt die städtische Pressestelle mit.

Nach Auskunft von Rechtsreferent Dirk Müller wird bei einem Menschen, der unter Quarantäne steht, zweimal täglich zur Kontrolle angerufen, ob er zu Hause bleibt und sich an die Auflagen hält. Herauszufiltern, ob er zuvor tatsächlich mehr Kontakte hatte als später angegeben, sei "faktisch unmöglich". Müller zur Frage, ob im aktuellen Fall Fahrlässigkeit im Spiel war: "Wir ermitteln gerade als Ordnungsbehörde und werden eine Anhörung vornehmen, wenn Verstöße belegbar sind. In dem Fall werden wir auch ein entsprechendes Bußgeld festlegen."

Bei Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz kann eine Geldbuße von bis zu 25000 Euro verhängt werden. Zum Beispiel, wenn eine Person in Quarantäne falsche oder unvollständige Auskünfte erteilt. "In den Fällen, in denen jemand willentlich gegen seine eigene angeordnete Quarantäne verstößt und sein Zuhause verlässt, ist dieser Verstoß sogar eine Straftat und kann mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden", teilt der Rechtsreferent mit. Wer bewusst gegen die Maskenpflicht verstößt, dem droht eine Geldbuße von bis zu 150 Euro.

Von Donnerstag auf Freitag meldete das städtische Gesundheitsamt zwei neue Corona-Infektionen, insgesamt waren damit zu diesem Zeitpunkt 44 Ingolstädter offiziell akut infiziert. Innerhalb einer Woche wurden 27 Menschen positiv getestet. Der Sieben-Tages-Wert lag am Freitag für Ingolstadt bei 19,68 und ging im Vergleich zum Vortag weiter leicht zurück.

Um lokale Ausbrüche rechtzeitig eindämmen zu können, wurde für diese Sieben-Tage-Inzidenz ein Schwellenwert von 50 sowie als "Frühwarnsystem" ein Signalwert von 35 festgelegt. "Selbst wenn die Fallzahlen in Ingolstadt noch weiter steigen - entscheidend ist, dass wir nicht die Kontrolle verlieren und dann die Infektionen nicht mehr nachverfolgen können", betont Müller und erklärt, er beobachte die aktuelle Entwicklung in Ingolstadt "entspannt und aufmerksam". Geplant sei aktuell eine Informationskampagne für Reiserückkehrer.

Auch dieses Wochenende ist wieder herrliches Sommerwetter angesagt: Der Kommunale Ordnungsdienst legt Sonderschichten ein und schaut, ob alle die AHA-Regeln beachten: Abstand wahren, auf Hygiene achten und - da wo es eng wird - eine Alltagsmaske tragen. Auch das Grillverbot für den öffentlichen Raum wird kontrolliert. Die Polizei hält ebenfalls die Augen auf: Innerhalb einer Woche - von Freitag bis Freitag - führten Beamte der Polizeiinspektion Ingolstadt knapp 600 Kontrollen durch, es kam aber zu keiner Anzeige. "Oft handelt es sich um reine Sichtkontrollen, zum Bespiel schauen wir, wenn ein Bus vorbeifährt, ob die Insassen Masken tragen", erklärt Michael Graf vom Polizeipräsidium Oberbayern Nord.

Die Integrationsbeauftragte Ingrid Gumplinger steht in regelmäßigem Austausch mit den örtlichen Religionsgemeinschaften und führt seit Beginn der Pandemie ein Corona-Tagebuch. Danach habe die Stadt bereits am 12. März Vertreter sämtlicher Religionsgemeinschaften zu einer Informationsveranstaltung in Sachen Corona eingeladen. Es seien auch E-Mails mit Hinweisen auf die Hygienevorschriften an alle verschickt worden. Auf der städtischen Internetseite www.ingolstadt.de/corona stehen Informationsmaterialien in verschiedenen Sprachen zur Verfügung.

DK

 

 

 

Suzanne Schattenhofer