Pförring
Auf der Flucht vor den Stanzen

Stechmückenbekämpfung in Pförring und Neustadt bringt nicht die erhoffte Wirkung - in Bad Gögging reisen Kurgäste ab

19.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:28 Uhr
Im Kampf gegen die Stechmücken brachte die Stadt Neustadt eine Gebläsespritze zum Einsatz. −Foto: Stadt Neustadt

Pförring/Neustadt (DK) Ganze Armadas von Stechmücken verleiden seit dem Hochwasser an Donau und Rhein vielen Fluss-Anrainern den Feierabend auf dem Balkon und im Garten.

Da der Lebenszyklus der geschlüpften Hochwassermücken drei bis vier Wochen dauert, dürfte die Plage wohl noch mindestens bis Ende Juni anhalten.

Nachdem ein Hubschrauber der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (KABS) defekt war und der zweite ausgebrannt ist (DK berichtete), fiel nicht nur der Luftkampf gegen die bayerischen Stanzen aus. Auch die Rheinschnaken konnten nicht überall so dezimiert werden, wie das die Menschen zwischen Bingen im Norden bis zu den Gemeinden am Kaiserstuhl im Süden seit Jahrzehnten kennen. "Zwischen Freiburg und Kehl ist die Lage okay, danach beginnt die Katastrophe", weiß Matthias Galm von der dort ansäßigen Spezialfirma Icybac.

Wie viele Rheinanwohner in den Pfingstferien deshalb Reißaus genommen haben, weiß man nicht. Ein Ehepaar hat es auf der Flucht vor den Schnaken ausgerechnet nach Gaden verschlagen. "Die haben jetzt ein Mückennetz über den Sonnenschirm gespannt, damit sie in ihrem Urlaub überhaupt draußen sitzen können", erzählt die Nachbarin des kleinen Ferienhäuschens in dem Pförringer Ortsteil, Marieluise Resch, voller Mitgefühl.

Nachdem der geplante Hubschraubereinsatz in Pförring geplatzt ist, haben Bauhofmitarbeiter und einige Helfer, die Galm engagiert hat, das Mückenbekämpfungsmittel Bacillus thuringiensis israelensis (Bti) mit dem Düngerstreuer beziehungsweise von Hand ausgebracht. Dass die Aktion nicht die erhoffte Wirkung gebracht hat, liegt laut Galm vor allem daran, dass ein großes, überflutetes Schilfgebiet bei den Marchinger Weihern südöstlich von Pförring nicht begangen und befahren werden darf und kann. Außerdem sei der Donaupegel nach dem Abklingen der ersten Welle nochmal soweit gestiegen, dass auch im Vorland das Mittel zum Teil nicht mehr ausgestreut werden konnte. Zudem sei es zu einem Verdünnungseffekt gekommen.

Mit dem Hubschrauber, so Galm, hätte nicht nur das Schilfgebiet flächig mit Bti bestreut werden können - bei einem Einsatz rechtzeitig vor der zweiten Hochwasserwelle hätten so die Mücken auch im Donauvorland wirksam dezimiert werden können. "Die Mückenlarven sterben innerhalb eines Tages nach dem Ausbringen von Bti", weiß der Biologe.

In Neustadt an der Donau hat der Bauhof die eigens angeschaffte Gebläsespritze in Stellung gebracht, wie Geschäftsleiter Josef Lindermayer berichtet. "Mit schwachem Erfolg", wie Karl Zettl urteilt. "Wir haben riesige Probleme - einige Gäste sind wegen der Mücken schon abgereist", sagt der Vorsitzende des Tourismusverbands Bad Gögging. Da werde es bei der nächsten Stadtratssitzung bestimmt eine Diskussion geben. An manchen Abenden sei es mittlerweile zwar erträglich, meint der Seniorchef des Hotels Eisvogel. "Aber wir müssen auf jeden Fall was tun! " Zettl glaubt aber auch, dass da nur ein Miteinander hilft, weil die Stechmücken ja kilometerweit fliegen können.

Leider sei die zweite Hochwasserwelle nicht so gekommen wie vorhergesagt, sonst hätte sie die Mückenlarven weggespült, glaubt dagegen Josef Lindermayr. "Wir haben getan, was möglich war", sagt der Geschäftsleiter, der selbst in Gummistiefeln ausprobiert hat, wo der Kommunaltraktor mit der Spritze gefahrlos eingesetzt werden konnte. Die Neustädter hätten zwar erst nach Christi Himmelfahrt losgelegt. "Aber wir haben die Mückenlarven noch kurz vor der Verpuppung erwischt", versichert Lindermayer. Wer meint, das habe keine Wirkung gehabt, der solle mal nach Kelheim fahren. Dort gebe es eine richtige Mückenplage. Kelheim, Abensberg und auch Großmehring hätten bislang nicht einmal die Kartierung machen lassen, die als Voraussetzung für die Stechmückenbekämpfung notwendig ist, sagt Lindermayer. "Vielleicht gibt die aktuelle Lage ja den nötigen Denkanstoß", hofft Lindermayer, der selbst in Vohburg zu Hause ist. Bei ihm auf der Terrasse halte sich die Zahl der Mücken im Rahmen (siehe eigener Bericht) - wohl, weil er weit genug von der Donau weg wohne. Lindermayer hofft zwar, dass es nicht gleich wieder ein Donau-Hochwasser gibt, wenn die aktuelle Stanzengeneration in einigen Wochen endlich ihr Leben aushaucht. "Aber auch die Mücken gehören zur Artenvielfalt - und manchmal muss man die Natur halt so hinnehmen, wie sie ist. "

Sebastian Kügel