Auf den Spuren der Nibelungen

28.07.2015 | Stand 02.12.2020, 20:58 Uhr

Es ist wieder Sommer. Und wir wissen, wohin die Reise geht. Bis zum 26. August machen wir jeden Mittwoch einen Vorschlag für einen eintägigen Sommerausflug. In diesem Jahr stehen „Sagen, Legenden und Geheimnisse“ im Mittelpunkt. Wir radeln durch das geheimnisvolle Donaumoos oder um den sagenumwobenen Heidenberg. Heute im Programm: Burgen und ein ungeklärter Mordfall aus dem Mittelalter.

Hilfsbereitschaft wird auch im Riedenburger Ortsteil Prunn großgeschrieben. „Kann ich Ihnen helfen, haben Sie eine Panne?“, fragt der freundliche Landwirt, der am Ortsende im Schubkarren frisch gemähtes Gras durch die Gegend fährt. Doch zum Glück ist es nicht nötig, auf das Angebot des älteren Mannes einzugehen – der Abstieg vom Rad erfolgt vollkommen freiwillig. Denn um ehrlich zu sein: Um zu Burg Prunn, dem Höhepunkt unserer Tour, zu gelangen, empfiehlt es sich, das Rad abzustellen und den Waldweg hinauf zu dem Gemäuer zu Fuß in Angriff zu nehmen. 

Und der rund zehnminütige Aufstieg lohnt sich: Der Blick von Burg Prunn über den Main-Donau-Kanal hinweg Richtung Riedenburg ist ein Genuss. Auch beim Thema Sagen sind wir hoch über dem Altmühltal goldrichtig. Hier fand man im Jahr 1566 eine Handschrift des Nibelungenliedes – der vielleicht größten deutschen Sage überhaupt. Der Prunner Codex, wie der Fund genannt wird, ist die viertälteste vollständige Handschrift des Heldenepos. Der Wert dieses Werkes ist unermesslich. Sollte es versteigert werden, dann würde gewiss ein siebenstelliger Betrag dafür geboten. Allerdings ist noch nie eine der elf komplett erhaltenen originalen Handschriften des Nibelungenliedes öffentlich gehandelt worden. Das Kleinod ruht in einem klimatisierten Tresor der Schlösserverwaltung. In Prunn ist aber seit drei Jahren ein aufwändig hergestelltes Faksimile ausgestellt, das dem Original täuschend ähnlich sieht. So ist es nicht verwunderlich, dass die Nibelungen auf der Burg Prunn, die nie gebrandschatzt und zerstört worden ist, auch heute noch allgegenwärtig sind. 
Sagen und Mythen gibt es auf dem Weg durch das Altmühltal noch so manche, und auch die Schönheit der Natur und die zahlreichen Sehenswürdigkeiten auf dem Weg von Riedenburg nach Kelheim und wieder zurück laden zu einer gemütlichen Fahrt ein.

Der Radausflug beginnt im Ortskern von Riedenburg, ab dem Stadtweiher folgen wir dem gut ausgeschilderten Fahrradweg nach Kelheim. Auch die Beschilderung zur Burg Prunn ist einige Kilometer später kaum zu übersehen. Nach unserem Spaziergang zu der sagenumwobenen Festung kehren wir auf den Radweg zurück.
Auf der Fahrt nach Kelheim kommen wir auch an der Marktgemeinde Essing vorbei. Hier lohnt sich ein Aufenthalt gleich aus mehreren Gründen. Der kleine Ort mit seinen vielen hübschen Gebäuden liegt direkt unterhalb von steilen und schroffen Felswänden – ein malerischer Anblick. Hoch oben thront Burg Randeck. Doch auf den Aufstieg zu der Ruine sollten wir auf unserer Strecke wohl am besten verzichten. 
Dafür bietet es sich in Essing an, den Kunstweg zu durchfahren, der entlang der Restaltmühl die Geschichte der Marktgemeinde und der Landschaft thematisiert. Gerade bei einem Familienausflug gäbe es hier die Möglichkeit für eine sehr idyllische und auch informative Pause. 

Auch den Tatzelwurm lassen wir uns nicht entgehen. Im Sommer halten hier immer wieder Busse, damit die Touristen einmal auf dem originellen Brückenbau den Main-Donau-Kanal überqueren könne. So auch während der Testfahrt auf dieser Strecke: Von „faszinierend“ über „so etwas habe ich ja noch nie gesehen“ bis zu „was für ein komisches Teil“, ruft die einst längste Holzbrücke Europas an diesem Nachmittag unterschiedlichste Reaktionen hervor. 

Von Essing aus geht es auf dem Radweg weiter Richtung Kelheim. Die Strecke durch das Altmühltal verläuft zumeist eben und ist deshalb für alle Radfahrer gut geeignet. Nach nur knapp fünf Kilometern gibt es die Möglichkeit, die Tropfsteinhöhle Schulerloch zu besichtigen. Nach knapp 18 Kilometer Fahrstrecke erreichen wir die Stadt Kelheim, in der sich uns etliche Möglichkeiten zum Einkehren, Bummeln und Pausieren bieten.
Und auch Kelheim ist nicht ganz frei von Sagen und Mythen: Der Legende nach hat es hier im Jahr 1348 Blut geregnet, es folgte ein gewaltiges Erdbeben und ein großes Sterben. Noch heute erzählen die Stadtführer die rätselhafte Geschichte vom Tode Ludwig I., Herzog von Bayern. Ludwig der Kelheimer, wie er später genannt wurde, wurde im Jahr 1231 auf einer Kelheimer Brücke ermordet. Da auch sein Attentäter gleich darauf getötet wurde, sind die genauen Umstände des Mordfalls bis heute immer noch unklar. Deutlich erfreulicher ist da schon die Sage von den Kelheimer Wichteln, die den Bewohnern im Mittelalter in der Nacht beim Pflügen der Äcker oder beim Abwaschen des Geschirrs geholfen haben sollen.

Wer in Kelheim bereits erschöpft sein sollte, für den besteht die Möglichkeit, den Rückweg mit einem Personenschiff gemütlich auf dem Main-Donau-Kanal zu bestreiten. Doch es lohnt sich genauso, im Schatten der Bäume auf der anderen Seite des Kanals die Rückfahrt in die Dreiburgenstadt auf dem Rad zurückzulegen. Hier passieren wir unter anderem noch den Riedenburger Ortsteil Einthal, von dem aus Burg Prunn noch einmal gut sichtbar ist. Auch ein kurzer Abstecher in die Klamm, die sich hinter Einthal erhebt, ist empfehlenswert, wenn auch anstrengend. 

Wer selbst zum Ende der Fahrt in Riedenburg noch nicht genug von Sagen und Mythen hat, dem sei die Legende vom Frauenstein ans Herz gelegt, der am Lintlberg auf dem Weg nach Buch zu finden ist. Hier soll die Muttergottes eine Bäuerin in einen Felsen verwandelt haben, der dort noch bis heute steht. 

Nächsten Mittwoch fahren wir auf den Spuren der beiden Schurken Gump und Gänswürger.