Auf den Spuren der Neandertaler

Ihre Eingänge liegen weithin sichtbar am Hang des Urdonautals: die Weinberghöhlen bei Mauern (Gemeinde Rennertshofen). Normalerweise mit Metallgittern verschlossen, ließen drei Vertreter der Höhlenfreunde Ingolstadt jetzt einen Blick hinein wagen. <?ZuVor "7dp"> <Autor>Von Melanie Pruis-Obel<?ZE></Autor>

24.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:31 Uhr
Melanie Pruis-Obel
Naturstufen −Foto: Pruis-Obel

Ihre Eingänge liegen weithin sichtbar am Hang des Urdonautals: die Weinberghöhlen bei Mauern (Gemeinde Rennertshofen). Normalerweise mit Metallgittern verschlossen, ließen drei Vertreter der Höhlenfreunde Ingolstadt jetzt einen Blick hinein wagen.

Eine Ganglänge von 121 Metern, rund 600 Quadratmeter Fläche auf fünf Räume verteilt - und seit 1977 zum Schutz vor Raubgräbern und wegen Einsturzgefahr mit Metallgittern abgeschlossen. Das sind die bekannten Weinberghöhlen bei Mauern in der Marktgemeinde Rennertshofen, die weithin sichtbar am Hang des Urdonautals liegen. Zusammen mit der Marktgemeindeverwaltung hat der Tourismusverein des Nachbarortes Wellheim eine beinahe schon einmalige Gelegenheit geboten, die Höhlen mit fachkundiger Führung von innen zu besichtigen. Peter Timer, Herbert Amler und Ingmar Kühn von den Höhlenfreunden Ingolstadt zeigten dabei rund 50 Interessierten aus den Landkreisen Neuburg-Schrobenhausen und Eichstätt die drei Haupträume der Karsthöhlen, mit Genehmigung der zuständigen Naturschutzbehörde. Rennertshofens Vize-Bürgermeister Alfred Ehrnstraßer bedankte sich für "solche Veranstaltungen, die uns die Heimat wieder ins Bewusstsein bringen" beim Tourismusverein und den Höhlenfreunden."Wir verstehen uns als Zuträger zu den Wissenschaften", erklärte Timer, der 25 Jahre lang Vorsitzender der Höhlenfreunde Ingolstadt war und noch gerne in seiner Freizeit Höhlen erforscht. Das Vermessen von Gängen und Erstellen unterirdischer Karten zähle ebenso zu den Aufgaben der Höhlenfreunde wie etwa der Naturschutz oder das Vermitteln von Einseiltechniken in schwierig begehbaren unterirdischen Räumen. In Höhle A, die an ihrer höchsten Stelle rund 15 Meter misst, sei 1936/37 "nach dem Urgermanen" gegraben worden, berichtete der geprüfte Höhlenführer. "Gefunden wurden dann aber Blattspitzen und Faustkeile aus dem Zeitraum von 70000 bis 20000 vor Christus." Das Skelett eines jungen Mammuts sowie Knochen von Wollnashorn, Höhlenbär und Rentier, aber auch steinzeitlichen Schmuck entdeckten die Forscher damals. Die Höhlen seien sowohl vom Neandertaler als auch vom modernen Menschen genutzt worden. "Sind sie sich begegnet? Haben sie die Urdonau noch durchs Tal rauschen sehen?" Darüber kann man wohl nur spekulieren, denn die Donau fließt seit etwa 130000 Jahren in ihrem heutigen Flussbett. Fakt ist jedenfalls, dass bei Grabungen 1947/48 in Raum B die "Rote von Mauern", eine kleine Venusstatuette aus Kalkstein, gefunden wurde. Sie gilt als Fruchtbarkeitssymbol des Gravettien und ist rund 27000 Jahre alt. Seither wird die Figurine in der Archäologischen Staatssammlung in München aufbewahrt. Die Höhlen gelten somit als wichtiges Zeugnis der Besiedelung bereits in der Altsteinzeit. Dass dieser europaweit bekannte Komplex heute noch erhalten ist, verdanke man wohl einem Bürger von Mauern, erzählte Timer. Ende des 19. Jahrhunderts habe man die Höhlen zerstören und die Steine für den Bau der Eisenbahnlinie verwenden wollen. Der Paläontologie wäre dadurch vieles entgangen, aber auch Lebensraum für Insekten, Höhlenspinnen und Fledermäuse wäre zerstört worden. Ingmar Kühn, den als Fledermausexperten insbesondere die Tierbestände in den Höhlen interessieren, zeigte den Teilnehmern mit geschultem Auge ein großes Exemplar der Meta menardi, auch als Große Höhlenspinne bekannt, die sich in der wärmeren Jahreszeit gerne am Höhleneingang aufhält. "Im Winter darf man die Höhlen grundsätzlich nicht betreten", so Kühn, "um die Fledermäuse nicht zu stören." Auch Schmetterlinge wie die Zackeneule oder Tagpfauenaugen überwintern übrigens in der Höhle.

Zum Abschluss gab Timer noch einige Sagen rund um die Höhlen zum Besten, etwa die vom armen Hirten aus Rohrbach, der in der Höhle einen Schatz gefunden und gleich wieder verloren haben soll, oder vom unterirdischen Gang bis nach Hütting. "Den haben wir bisher aber noch nicht entdeckt", so der Höhlenforscher mit einem Augenzwinkern. Einig waren sich die Teilnehmer, einen einzigartigen Nachmittag verbracht zu haben.

Michael Rödiger aus Feldheim erinnerte sich noch daran, wie er als Kind vor den verschlossenen Höhlen gestanden war. Auch Marianne Stößl, ehemalige Rektorin der Rennertshofener Grundschule, hatte schon oft mit Schulklassen vom Vorraum der Mauerner Höhlen nach drinnen geschaut. "Es ist sehr interessant, dies nun auch aus einer anderen Perspektive zu sehen."

Melanie Pruis-Obel