Ingolstadt
Audis ausgedünntes Angebot

Umstellung auf neuen Abgas-Test: Zahlreiche Modelle derzeit nicht bestellbar - Experte fürchtet finanzielle Einbußen

28.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:20 Uhr
  −Foto: AFP

Ingolstadt (DK) Wer im März bei der Bilanzpressekonferenz den Worten von Audi-Chef Rupert Stadler genau lauschte, konnte schon ahnen, was da wohl auf den Ingolstädter Autobauer zurollt: Die Umstellung auf den neuen Abgas-Testzyklus WLTP könne sich heuer auf die Auslieferungen auswirken, warnte er. Solche Negativ-Prognosen macht kein Firmenchef freiwillig. Nun zeigen sich immer deutlicher die Auswirkungen der Umstellung. Viele Modelle sind derzeit nicht bestellbar - nicht nur bei Audi, auch andere Hersteller sind betroffen.

Doch bei Audi wiegt die Problematik doppelt schwer. Schließlich ist der Diesel-Skandal noch immer nicht abgeschlossen. Nun sind die ohnehin durch die Aufarbeitung gut ausgelasteten Rollenprüfstände endgültig am Anschlag. Jede Motor-Getriebe-Variante muss für den WLTP einzeln geprüft werden. Auch sind laut einem Audi-Sprecher noch nicht alle Autos entsprechend umgerüstet. So müssten die Benziner mit Partikelfiltern ausgestattet werden, es stünden Wechsel bei der Hubraumgröße an, zudem müsste bei so mancher Motorsteuerung noch Feinschliff betrieben werden. Man sei bemüht, alles punktgenau hinzubekommen, jedoch könne es teils auch ein klein wenig später werden. Ab 1. September müssen alle Neufahrzeuge nach WLTP zertifiziert sein. Sind sie es nicht, dürfen sie auch nicht mehr verkauft werden.

Dementsprechend nimmt Audi nun für viele Modelle keine Bestellungen mehr an: So lassen sich auf den Internetseiten des Autobauers derzeit keinerlei e-tron-(Plug-in-Hybrid) oder g-tron-Varianten (Kombination aus Erdgas- und Benzinantrieb) ordern. Besonders die g-tron-Modelle (gibt es als A3, A4 und A5) hatte Audi noch vor Kurzem noch intensiv als umweltfreundliche Alternative beworben. Auch der SQ5, der R8 und der TTRS sind laut der Website für das aktuelle Modelljahr ausverkauft. Ebenso die S3-Limousine und das entsprechende Cabrio.

Dazu kommt: Auch der A1 und der Q3 können aktuell nicht geordert werden. Genausowenig der A6 - mit Ausnahme der Limousine. Hier ist der Grund aber ein anderer: Die Nachfolger stehen schon parat. Trotzdem ist das Angebot derzeit insgesamt schon stark eingeschränkt.

Ob die Folgen der WLTP-Umstellung möglicherweise Kurzarbeit zur Folge haben, könne man noch nicht abschätzen, so der Sprecher.

Autoexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management der Fachhochschule Bergisch-Gladbach glaubt, die Autobauer hätten das Problem allgemein falsch eingeschätzt. "Ich war überrascht, dass das nicht besser geplant wurde", sagt Bratzel. Die Kapazitäten, beispielsweise an Prüfständen, hätten erweitert werden müssen. Für die Hersteller werde es auf jeden Fall finanzielle Einbußen geben. "Wenn man ein Auto nicht bestellen kann, kann man auch kein Geld verdienen", so der Experte. Je nachdem wie sich die Problematik weiter entwickle, sei auch Kurzarbeit nicht auszuschließen.