Ingolstadt
"Audi wird entfesselt loslegen"

Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht die Weichen für positive Zukunft gestellt

26.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:39 Uhr
Der Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer sieht Audi mit dem Zukunftspakt gut aufgestellt. −Foto: Blandin/dpa

Herr Dudenhöffer, die Audi AG hat ihre Pläne für die nächsten Jahre bekanntgegeben, es geht um einen Abbau von bis zu 9500 Stellen bei gleichzeitiger Jobgarantie für die Belegschaft bis 2029, die Optimierung der Abläufe in den Werken Ingolstadt und Neckarsulm sowie mehr Wettbewerbsfähigkeit.

Sehen Sie das Unternehmen insgesamt auf einem guten Weg? 

Ferdinand Dudenhöffer: Bis zu 9500 Stellen, das ist schon eine große Nummer, ein radikaler Schnitt, aber ich gehe davon aus, dass Audi mit den Investitionsprogrammen für die Zukunft, die man mit dem neuen Vorstandsvorsitzenden Duesmann jetzt macht, Stück für Stück wieder Boden unter die Füße kriegt und sich nach vorne bewegt. Der hohe Stellenabbau ist ein Zeichen, dass man das Sparen ernst nimmt, wobei man gleichzeitig aber die Investitionen in die Produkte nicht vergisst. Von daher ist das eine gute Voraussetzung, dass Audi in der Zukunft wieder ganz oben mitmischen kann.

Jetzt hat Audi ja zugleich eine Beschäftigungsgarantie bis zum Jahr 2029 gegeben. Das dient zwar dem Betriebsfrieden, kann für das Unternehmen aber durchaus ein Bumerang sein. Wer weiß denn schon, wie die Automobilindustrie in fünf Jahren genau aussieht?

Dudenhöffer: Ich glaube, das hätte man gar nicht anders durchgebracht. Wenn Sie so viel abbauen wollen, ohne Streiks und "Krieg", müssen Sie irgendetwas dreingeben. Ich halte es daher für sehr vernünftig, wenn man eine lange Beschäftigungssicherung bis 2029 macht. Man sieht wohl von betriebsbedingten Kündigungen ab und zahlt lieber hohe Abfindungen. Man wird eben im Unternehmen in der Zukunft mit Einstellungen sehr vorsichtig sein. Natürlich wäre es einfacher ohne Beschäftigungsgarantie, denn da hätte das Unternehmen mehr Spielraum. Gegenüber dem Betriebsrat, der Gewerkschaft und der deutschen Öffentlichkeit wäre das aber nicht durchsetzbar gewesen.

Auf jeden Fall also eine "Beruhigungspille" für die Belegschaft. Kommen wir zum Vorstand, wo mit Markus Duesmann ab 1. April ein neuer Mann an der Spitze steht, und es auch sonst den einen oder anderen Wechsel gibt. Ist Audi mit dieser Führungsmannschaft gut aufgestellt für die enormen Herausforderungen der Zukunft?

Dudenhöffer: Ich glaube mit Herrn Duesmann, das passt sehr gut. Es ist ja so, dass Herbert Diess (der VW-Chef, Anm. d. Red. ) und Duesmann sich sehr gut verstehen. Diess hat eine klare Elektrofahrzeugstrategie, die wird er mit Duesmann spielen. Duesmann ist ein ausgewiesener Ingenieur, der das Unternehmen mit Innovationen nach vorne bringen kann. Bei BMW hat man sich sicher nicht gefreut, als er weggegangen ist. Für Audi war es eine schwierige Zeit der Hängepartie, aber die ist jetzt zu Ende, und ich glaube, Audi wird entfesselt loslegen: Kosten runter und Produktion optimieren, da muss man Bram Schot (jetziger Audi-Chef, Anm. d. Red. ) danken, dass er das so angestoßen hat - als Chef auf Abruf ist das nicht einfach. Er hat sich sehr stark engagiert, und das ist ihm hoch anzurechnen. Gleichzeitig, glaube ich, ist der Übergang zu Duesmann für Audi ein sehr, sehr, sehr, gutes Zeichen - Kostenanstrengungen und Aufbruch passen zusammen.

Die E-Mobilität ist die Zukunft, auch das hat Audi mit dem Zukunftspakt im Blick. Sind die Ingolstädter da gut aus den Startlöchern gekommen oder haben sie das ganze Thema doch ein wenig verschlafen? Andere produzieren längst, nicht nur Tesla, sondern auch Hersteller aus China zum Beispiel.

Dudenhöffer: Es gibt bei Audi ja schon den E-Tron. Im VW-Konzern ist man mit den beiden Plattformen PPE und MEB (interne Bezeichnungen für die Baukastensysteme der Premium- und Standardsegmente bei Elektrofahrzeugen, Anm. d. Red. ) sehr gut unterwegs, - die nutzen ja dann alle im Konzern. Die E-Mobilität ist wichtig ab 2021, ab da kostet es große Strafzahlungen, wenn man die Ziele nicht erfüllt. Jetzt ist noch eine Übergangszeit. Auch bei BMW oder Daimler ist es nicht so, dass sie alles überragen würden mit ihren elektrischen Fahrzeugen. Von daher gesehen ist der VW-Konzern am besten positioniert von allen deutschen Herstellern. Ich bin sicher, mit Duesmann und der PPE-Plattform für die Premiumfahrzeuge wird Audi sehr gut im Elektromobilitätsgeschäft in China, in Deutschland und Europa leben. Mit den für batterieelektrische Autos optimierten Plattformen sind VW und Audi weiter als die beiden anderen deutschen Premiumhersteller.

Wo sehen Sie denn Audi unter dem Strich, wenn Sie die jüngste Entwicklung betrachten und den gerade vorgelegten Zukunftspakt zugrunde legen?

Dudenhöffer: Ich sehe das Unternehmen stabilisiert und glaube, Audi wird in der Zukunft eine schöne Geschichte schreiben.

Horst Richter