Ingolstadt
Audi-Kreisel bleibt Unfallschwerpunkt

Eineinhalb Jahre nach Umbau ist Zahl der Karambolagen konstant – allerdings bei wachsendem Verkehr

19.12.2014 | Stand 02.12.2020, 21:50 Uhr

Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Er ist der größte Kreisverkehr in der Region – und seit Anfangstagen von vielen Autofahrern gefürchtet: Am Audi-Ring beim Westpark scheiden sich auch eineinhalb Jahre nach seiner Umgestaltung die Geister. Ein Gutachten zu den Effekten des Umbaus wird erst für das kommende Frühjahr erwartet.

Für Franz Bäumler, Verkehrssachbearbeiter und Unfallstatistiker der Ingolstädter Polizeiinspektion, hat sich in Sachen Audi-Kreisel auch nach den vormals vieldiskutierten Fahrstreifenänderungen nichts Grundlegendes getan: „Wenn ich so auf die Karte hinter mir schaue“, sagt er am Telefon, „dann kommen wir dort dieses Jahr erneut auf die üblichen 25 bis 30 Unfälle.“ Gemeint ist der Stadtplan mit den Fähnchen, die stets dort eingesteckt werden, wo ein nennenswerter Crash protokolliert worden ist.

Das waren schon in den Jahren vor dem Kreiselumbau stets zwei bis knapp drei Dutzend im Jahr, und auch heuer läuft es offenbar wieder auf diese Größenordnung hinaus. Denn es könne gut und gerne sein, dass es in den letzten hektischen Tagen vor Weihnachten noch das eine oder andere Mal dort „kracht“, glaubt der erfahrene Beamte. Am häufigsten seien nach wie vor Auffahrunfälle an den Zufahrten zum Kreisverkehr, wo durch unerwartete Bremsmanöver ängstlicher Vorderleute immer wieder mal nachfolgende Autofahrer, die bereits verstärkt nach links auf die Kreiselspuren schauen, dem Vorausfahrenden unvermittelt aufs Blech rücken.

Im kommenden April wird das Thema – wieder einmal – in der städtischen Unfallkommission auf der Tagesordnung stehen. Denn die Stadt hatte sich beim Umbau von drei auf zwei Spuren zu Pfingsten 2013 (die vormalige äußere Spur war dabei mehrfach unterbrochen und in Ausfädelspuren aufgeteilt worden) vorgenommen, nach einer Phase längerer Beobachtung, die Effekte der Änderungen zu bewerten und nötigenfalls noch durch weitere Maßnahmen nachzusteuern.

Dazu hat das Amt für Verkehrsmanagement eigens einen externen Gutachter beauftragt, der aber seinen Bericht wohl erst kurz vor dem Sitzungstermin vorlegen wird. Vorläufig habe man noch keine Analysen, jedoch den Eindruck, dass sich am Kreisel auf jeden Fall nichts verschlechtert habe, erläutert Stadtsprecher Gerd Treffer. Man interpretiere die bei der Polizei erhobenen Unfallzahlen derzeit so, dass sie offenbar vor dem Hintergrund einer ständig steigenden Verkehrsbelastung in etwa gleich geblieben seien.

Vor dem Umbau hatte die Stadt die tägliche Verkehrslast, die auf den Audi-Kreisel drückt, mit rund 55 000 Fahrzeugen beziffert. Der Gutachter wird hier sicher demnächst aktuelle Werte nennen, doch ist die allgemeine Erfahrung die, dass es hier von Jahr zu Jahr mehr geworden ist: Erweiterung des Westparks, immer mehr Büro- und Verkaufsflächen an der Friedrichshofener Straße, das neue Wohngebiet nördlich davon, dazu noch die Spitzenbeschäftigung bei Audi – es kann gar nicht anders sein.

Größtes Problem aller mehrspurigen Kreisverkehre: Viele Fahrer bleiben, wenn sie endlich in den Kreisel einfädeln konnten, auf der rechten Spur und blockieren so ihrerseits das zügige Einfahren aus den folgenden Zufahrstraßen. Diese „Rechtslastigkeit“ ist natürlich gerechtfertigt, sofern gleich die nächste oder zumindest übernächste Ausfahrt genommen wird. Doch wer häufig am Audi-Ring zu tun hat, kann beständig Leute beobachten, die erst an der vierten oder fünften Ausfahrt hinauswollen, jedoch strikt den Wechsel auf die innere Kreiselspur vermeiden – wohl aus Angst, nur schwerlich wieder nach rechts zurückzukommen.

Auch abrupte Abbiegemanöver von der rechten Spur in die Ausfahrt ohne Nutzung des Ausfädelstreifens sind immer wieder zu beobachten – ein Ärgernis für alle, die sich bereits korrekt auf der Abbiegespur eingeordnet haben. Und: Mancher Fahrer ist so wild entschlossen, den Kreisverkehr unbedingt und sofort an der angepeilten Ausfahrt zu verlassen, dass er dafür sogar Bremsmanöver bis zum Stillstand und Auffahrunfälle in Kauf nimmt, anstatt einfach eine weitere Runde im Kreisel zu drehen und die Ausfahrt im zweiten Anlauf womöglich im fließenden Verkehr zu erwischen.

Ohnehin ist ein solch großer Kreisverkehr die ultimative Möglichkeit, geübte und mitunter dann eben auch forsche Fahrer mit ängstlichen und verzagten Naturen in Konflikt zu bringen. Wo der eine übervorsichtig in den Kreisel hineinschleicht, ist der nächste womöglich allzu rasant unterwegs. Und das könnte, egal wie oft man den Audi-Ring noch modifizieren mag, noch länger so bleiben. Es wird sich wohl erst ändern, wenn Autos – wie von den Herstellern bereits vorausgesagt – in einigen Jahren durchweg mit Autopilot unterwegs sind. Aber vorerst ist es ja noch nicht so weit.