Audi kauft italienische Designerschmiede

21.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:00 Uhr

(DK) Audi wird noch ein Stück italienischer. Denn neben der schmucken Tochter Lamborghini soll ab der kommenden Woche auch noch die Designschmiede "Italdesign" aus Turin zum Ingolstädter Unternehmen gehören.

Wie aus italienischen Branchenkreisen zu hören ist, wollen die Ingolstädter die traditionsreiche Firma für einen hohen zweistelligen Millionenbetrag übernehmen. Abgeschlossen indes sei der Kauf noch nicht, wie die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" berichtet.
 

Dem Vernehmen nach würden durch den Deal rund 75 Prozent des Turiner Unternehmens zu Audi gehören. Der Vorteil dieses Zukaufes länge sicherlich in der massiven Verstärkung der designerischen Kompetenz bei Audi und beim gesamten VW-Konzern, der mit seiner ambitionierten Wachstumspolitik – wie die Ingolstädter auch – langsam an die Grenzen des Machbaren gerät. Audi peilt in diesem Jahr wieder über eine Million verkaufter Fahrzeuge an, bei VW insgesamt sollen es zehn Millionen sein. Dazu kommt die ambitionierte Modellpolitik des Konzerns, die das Arbeitspensum zusätzlich spürbar nach oben treibt.

Als Strippenzieher hinter den Kulissen vermuten Insider den VW-Designchef Walter de Silva, der mit Giugiaro eng befreundet ist.

1968 gründete Giorgetto Giugiaro die börsennotierte Turiner Designschmiede, aus deren Entwürfen in den vergangenen 40 Jahren rund 100 Automodelle hervorgegangen sind, darunter Meilensteine wie der erste VW-Golf, der Lamborghini Gallardo oder der legendäre M1 von BMW. Viele andere große Namen schmücken die Empfehlungsliste von Giugiaro: Maserati Bora und Quattroporte, Audi 80, DeLorean DMC 12, Fiat Uno und Panda, den Giugiaro gerne als "Haushaltsgerät auf Rädern" bezeichnet.

Mit VW arbeitet Giorgetto Giugiaro übrigens bereits seit Jahrzehnten zusammen. Nicht nur der erste VW Golf stammt aus seiner Feder, sondern auch die frühen Modelle des Scirocco und des Passat. Erst vor kurzem hat Italdesign mit dem US-Autobauer HK Motors einen Vertrag über den Entwurf von acht neuen Hybrid-Fahrzeugen abgeschlossen, was einem Auftragswert von rund 500 Millionen Euro entspricht.

Für Audi wäre der Kauf von Italdesign also ein gewaltiger Zugewinn an designerischer Kompetenz, gilt Giorgetto Giugiaro, der bei Giuseppe Bertone in die Lehre ging, doch als einer der profiliertesten und produktivsten Autodesigner der Gegenwart, der es versteht, futuristische Gestaltung und Alltagstauglichkeit in seinen Entwürfen zu vereinen. Vor allem aber mit seinen Entwürfen für schnittige Sportwagen machte sich Giorgetto Giugiaro einen Namen in der Turiner Designerszene. Um seine Qualitäten wissen indes auch die Konkurrenten von Audi, denn Giugiaro steht auch bei BMW (Mini), Renault und Citroën unter Vertrag.

Das Turiner Unternehmen, das italienischen Quellen zufolge zwischen 136 und 150 Millionen Euro Umsatz pro Jahr hat, beschäftigt rund 1000 Mitarbeiter und wird inzwischen von Fabrizio, dem Sohn von Giorgetto Giugiaro geleitet.

Für Audi und VW sollen die Designer aus Turin dem Vernehmen nach nicht nur Entwürfe für Karosserien liefern, sondern an der Interieur-Entwicklung ebenso beteiligt werden wie an der Konzeption neuer Modelle für die so wichtigen Märkte wie China oder Indien. Derartige Aufgaben lägen zumindest auf der Hand, da Italdesign bereits verstärkt mit asiatischen Herstellern zusammenarbeitet wie beispielsweise mit dem chinesischen Hersteller Chery oder dem malaysischen Konzern Proton. Die Früchte dieser Zusammenarbeit waren auf dem diesjährigen Autosalon in Genf bereits zu sehen: ein Stadtauto auf Hybrid-Basis.

Sollte das Geschäft am Dienstag oder Mittwoch kommender Woche also wie geplant über die Bühne gehen, dürfte die ohnehin schon designbetonte Marke Audi noch ein Stück emotionaler und vielleicht auch etwas mediterraner werden.