Audi-Chef Stadler wendet sich in Brief an Mitarbeiter - Wechsel von de Meo an die Seat-Spitze bestätigt

25.09.2015 | Stand 18.09.2020, 23:45 Uhr
Audi-Chef Rupert Stadler −Foto: Jürgen Schuhmann (Archivfoto)

Ingolstadt (dk) Rupert Stadler, der Vorstandsvorsitzende der Audi AG, hat sich heute in einem Brief an seine Mitarbeiter gewandt. Darin bestätigt Stadler, dass Luca de Meo, bisher verantwortlich für Vertrieb und Marketing bei Audi, neuer Vorstandsvorsitzender von Seat wird. Lesen Sie den Brief hier im Wortlaut.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
 
ich schreibe Ihnen heute, weil ich spüre, wie viele von uns über den Diesel-Skandal im Volkswagen-Konzern erschüttert, enttäuscht und besorgt sind. Das ist insbesondere für uns in der Audi Group mehr als verständlich, weil wir uns als eine tragende Säule des Konzerns mit großer Leidenschaft für unsere Marken engagieren.

 Der Volkswagen-Konzern musste vor einigen Tagen einräumen, vorsätzlich Abgasvorschriften umgangen zu haben. Eine Software in Millionen von Autos soll Vierzylinder-Dieselmotoren auf dem Rollenprüfstand so manipuliert haben, dass sie dort deutlich niedrigere Emissionen erzeugten als im Fahrbetrieb auf der Straße.
 
Ich wiederhole an dieser Stelle, dass wir bei Audi genauso wie unsere Kollegen in Wolfsburg keine Geschäftspraktiken dulden, die gegen geltendes Recht oder grundlegende Werte verstoßen. Deshalb ist es außerordentlich wichtig, dass wir diese Manipulationen rückhaltlos aufdecken und die nötigen Konsequenzen ziehen, auch personell.
 
Das Gebot der Stunde lautet Transparenz. Deshalb habe ich mit meinen Vorstandskollegen entschieden, dass wir sofort auch bei Audi einen kleinen Expertenkreis einsetzen, rasch alle Vorgänge untersuchen und Abhilfe schaffen.
 
Wie groß die Auswirkungen auf unsere Branche sein werden, lässt sich heute noch nicht valide abschätzen. Wie sehr sie unseren Konzern erschüttern, zeigen die personellen Veränderungen dieser Tage.
 
Prof. Dr. Martin Winterkorn hat am Mittwoch seinen Rücktritt als Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG erklärt, um den Weg für einen Neuanfang frei zu machen. Wir alle – und auch ich – haben ihm viel zu verdanken. Mit seiner Begeisterung für Technik und einer beispiellosen Liebe zum Detail hat er die Messlatte für Qualität im Automobilbau sehr hoch gelegt. Dies und sein Weitblick sind auch Grundlage für das kontinuierliche Wachstum von Audi. Hier hat Martin Winterkorn ein Vierteljahrhundert gewirkt und unseren Aufstieg zur Premiummarke gestaltet.
 
Heute hat der Aufsichtsrat entschieden, dass Porsche-Chef Matthias Müller seine Nachfolge in Wolfsburg antritt. Auch er ist Audianer durch und durch und kennt unser Unternehmen aus dem Effeff. In seiner Zeit als Leiter der Modellreihen setzte er entscheidende Impulse für unsere Modelloffensive. Ich schätze Matthias Müller sehr und sehe eine hervorragende Basis für unsere künftige Zusammenarbeit.
 
Soweit zu den kurzfristig entschiedenen Personalien.
 
Im Zuge des geplanten Konzernumbaus, von dem Sie seit einigen Monaten in den Zeitungen lesen, rückt Luca de Meo am 1. November 2015 zum Vorstandsvorsitzenden unserer Schwestermarke Seat auf. Es fällt mir sehr schwer, Luca gehen zu lassen. Ich freue mich dennoch über seinen Aufstieg, weil er ihn verdient hat. Er hat in den vergangenen drei Jahren unsere Vertriebsposition in allen wichtigen Regionen konsequent ausgebaut. Er machte sich für die Digitalisierung von Audi stark und konzipierte mit seiner Mannschaft neue Mobilitätsdienste. Luca ist ein starker Teamplayer. Meine Vorstandskollegen und ich haben ihn schnell ins Herz geschlossen, auch weil er uns mit seinem Engagement ganz neue Perspektiven auf sein Heimatland Italien eröffnet hat. So ist er zugleich die Stimme unserer italienischen Marken in Wolfsburg und Ingolstadt. Als Aufsichtsratsvorsitzender von Volkswagen Italia und Mitglied der Gremien von Lamborghini und Ducati hat er ihren Erfolgsweg mitgeprägt und wichtige Investitionen wie den Ausbau des Werks in Sant’Agata Bolognese vorangetrieben. Ich denke, ich spreche für Sie alle, wenn ich ihm für seine neue Aufgabe alles herzlich Gute wünsche.
 
Wer den Geschäftsbereich Vertrieb und Marketing in Zukunft bei Audi leiten wird, entscheidet unser Aufsichtsrat in Kürze.
 
Nun ist es wichtig, dass wir gerade in diesen schwierigen Stunden
gemeinsam den Blick nach vorne richten. Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn die Reaktionen der Öffentlichkeit auf den Skandal aktuell sehr pauschal und schonungslos ausfallen. Angesichts der großen Enttäuschung bei unseren Kunden und in der Öffentlichkeit ist dies verständlich. Machen wir immer und immer wieder in unserem Auftreten und Handeln deutlich, wofür wir alle persönlich, als Audianer und als Unternehmen insgesamt stehen.
 
Tausende von Kunden schenken Audi täglich ihr Vertrauen. Das liegt vor allem an Ihrem persönlichen Einsatz für unsere Marke. Es wird für alle von uns harte Arbeit bedeuten, unseren Nachbarn, Freunden, Bekannten und Geschäfts¬partnern wieder zu vermitteln, dass wir unsere Aufgaben mit Ehrgeiz und Hingabe und vor allem mit Aufrichtigkeit und Fairness anpacken. Beschützen wir gemeinsam die Strahlkraft unserer Marken!
 
Wir haben einen klaren Weg in die Zukunft, unsere Roadmap mit der Strategie 2020 steht. Meine Vorstandskollegen und ich freuen uns darauf, gemeinsam mit Ihnen jetzt erst recht zielstrebig Kurs auf den Spitzenplatz im weltweiten Premiummarkt zu nehmen. Das setzt auch voraus, dass wir Nummer eins beim Kundenvertrauen sind.
 
Erobern wir es uns zurück. Wir schaffen das!
 
Herzliche Grüße
Ihr
 
Rupert Stadler
Vorsitzender des Vorstands, AUDI AG