Wolnzach
Auch Schlicht zieht die Reißleine

SPD-Gemeinderat tritt zum 1. September aus seiner Fraktion aus und will solo weiterarbeiten

30.07.2019 | Stand 23.09.2023, 8:00 Uhr
  −Foto: Karin Trouboukis, Trouboukis, Karin, Ingolstadt

Wolnzach (WZ) Erneut trennt sich ein Gemeinderatsmitglied von seiner bisherigen Fraktion: Martin Schlicht hat diese Entscheidung schriftlich mitgeteilt, bereits zum 1. September wird er nicht mehr zur SPD-Fraktion gehören, sondern als fraktionsloser Gemeinderat einen Sitz einnehmen.

Nach Brigitte Hackl (vormals SPD) und Josef Schäch (vormals FDP-UW-BGW) ist Schlicht damit das dritte Ratsmitglied innerhalb weniger Tage und das vierte Ratsmitglied insgesamt, das diesen Schritt tut.

Martin Schlichts (kleines Foto) Begründung gleicht der, die auch Hackl und Schäch nach ihrer vor kurzem bekannt gewordenen Neuorientierung und Thomas Stockmaier (vormals FDP-UW-BGW) nach seinem bereits vor drei Jahren erfolgten Fraktionsaustritt gegeben haben. Der Schritt sei ihm nicht leicht gefallen, sagt Schlicht im Gespräch mit unserer Zeitung. Andere Ansichten seien in seiner bisherigen Fraktion - Martin Schlicht besitzt auch ein SPD-Parteibuch - zwar stets zugelassen gewesen, jedoch hätten sich im Laufe der Jahre doch mehr und mehr Unterschiede in der grundsätzlichen Einstellung gezeigt, so Schlicht. Und: "Freilich konnte ich immer sagen, was ich wollte, das ist wirklich ein großes Gut der SPD. Aber ich wollte einfach nicht immer der Einzige sein, der das so sieht. " Das habe ihm zunehmend zugesetzt und mehr und mehr habe er sich gefragt, ob er als Fraktionsmitglied der SPD wirklich am richtigen Platz sei. In den Entscheidungsprozess habe er seine SPD-Kollegen natürlich eingebunden, so Schlicht, und das Ergebnis sowohl mit der SPD-Fraktion als auch mit dem SPD-Ortsverein ganz offen kommuniziert. "Es gibt hier kein Zerwürfnis und auch keinen Streit", möchte er betont wissen. Auch das offizielle Schreiben, mit dem er dem Bürgermeister und dem Gemeinderat seinen Austritt aus der SPD-Fraktion mitteilt, habe er zusammen mit SPD-Fraktionsvorsitzendem Werner Hammerschmid verfasst. Nachdem Brigitte Hackl und Josef Schäch schon zum Ende der Juli-Gemeinderatssitzung mitteilen ließen, dass sie zusammen mit dem bis dato fraktionslosen Thomas Stockmaier ab 1. September eine eigene Fraktion bilden werden , waren schon Gerüchte laut geworden, dass sich angeblich auch Schlicht dieser Gruppierung mit Namen "Gemeinsam für Wolnzach" (GfW) anschließen werde. Schließlich war Schlichts Einzelhaltung in Reihen der SPD Gemeinderatsbeobachtern nicht verborgen geblieben. Mit seiner offiziellen Erklärung beendet Schlicht diese Spekulationen: "Martin Schlicht wird ab 1. September 2019 als fraktionsloses Mitglied im Gemeinderat weiterhin sein Amt bekleiden", heißt es darin. "Ich möchte mich einfach so für unseren Markt einbringen, wie ich das für richtig halte und werde mich nicht verbiegen lassen, so wie ich das auch bisher nicht getan habe", sagt er unserer Zeitung.

Wie seine weitere Zukunft in der Kommunalpolitik aussieht, das wolle er allerdings noch völlig offen lassen. Ob sein Name auf einer Kandidatenliste für den Gemeinderat zu finden sein wird oder nicht, und wenn, auf welcher - das alles wolle er jetzt einfach auf sich zukommen lassen. "Ich habe noch nichts entschieden", so Schlicht. Entschieden sei auch noch nicht, wo er als fraktionsloser Gemeinderat künftig sitzen wird, das sei für ihn aber kein großes Thema: "Ich komme mit allen gut aus. "

Schlichts Entscheidung für einen Austritt hat für seine bisherige SPD-Fraktion durchaus Folgen. Denn setzte sich diese nach der Kommunalwahl mit Werner Hammerschmid, Brigitte Hackl, Marianne Strobl und Martin Schlicht aus vier Personen zusammen, so sind davon jetzt nur noch zwei verblieben, nämlich Strobl und Hammerschmid. Für eine Fraktion braucht es aber eine Mindestanzahl von drei Gemeinderäten, wie Gemeindegeschäftsführer Markus Rieder auf Anfrage bestätigt: "Damit hat die SPD ihren Fraktionsstatus verloren. " Auch die FDP-UW, die nach der Kommunalwahl die Räte Josef Schäch, Thomas Stockmaier, Matthias Boeck und Peter Rech stellte, ist mit dem Austritt von Stockmaier und Schäch mittlerweile auf zwei geschrumpft, bildet mit Max Wallner junior und dessen "Bürgergemeinschaft Wolnzach" BGW jedoch eine Ausschussgemeinschaft.

"Die Veränderungen werden definitiv Auswirkungen auch auf die Besetzung der Ausschüsse haben", erklärt Gemeindegeschäftsführer Markus Rieder. Welche genau das sein werden, das werde in den kommenden Wochen rechtsaufsichtlich abgeklärt und dann entsprechend bekannt gegeben.

 

KOMMENTAR

Drei Fraktionsaustritte innerhalb weniger Tage, vier seit Amtsantritt dieses Gemeinderats. Schnell ist es gegangen, könnte man meinen, ist es aber nicht. Denn so unterschiedlich Brigitte Hackl, Josef Schäch, Martin Schlicht und auch Thomas Stockmaier sowohl als Menschen, als auch in ihren Ansichten  sein mögen, so gleich ist ihre Grundeinstellung, wenn man zwischen den Zeilen liest: Sie alle haben lange  mit sich gerungen, wohlwissend, dass sie jetzt dem den Rücken kehren, wofür sie im  über die Gebühr harten   Wolnzacher Wahlkampf 2014 einst angetreten sind. Aber jetzt haben sie  genug und wollen mit ihrem Schritt  ein Zeichen setzen gegen die latente Missstimmung, gegen immer wieder eskalierende Sitzungen, gegen Missgunst und Misstrauen. Dass sie die Fehler dabei nicht  nur bei den anderen, sondern auch in den eigenen Reihen sehen, ist nach ihren Austritten nicht mehr von der Hand zu weisen.

Karin Trouboukis