Roth
Auch Erdverkabelung ist unerwünscht

Bürgermeister im Landkreisnorden zweifeln grundsätzlich am Bedarf der Juraleitung

08.02.2021 | Stand 12.02.2021, 3:33 Uhr
Eine 380-Kilovolt-Leitung soll Strom von Sachsen-Anhalt nach Bayern leiten und dort die Versorgung nach der Abschaltung der Atomkraftwerke sichern. Der Bedarf ist aber vor allem bei Anliegergemeinden umstritten. −Foto: Reichel, dpa

Roth - Die neue Rechtslage ändert an der Haltung zur Juraleitung in der Region nichts: "Wir sind aufs Kämpfen eingestellt", kommentiert Schwanstettens Bürgermeister Robert Pfann (SPD) den Umstand, dass der Bundestag Ende Januar die Möglichkeit der Erdverkabelung für die neue Stromleitung geschaffen hat.

Dass aber ist auch schon das Gravierendste an der Änderung des Bundesbedarfplangesetzes. Denn gleichzeitig bekräftigte das Parlament die Notwendigkeit des Leitungsbaus. Die Juraleitung soll weiterhin als 380 kV-Trasse erneuert werden.

Genau dieser Leitungsbau aber wird von der Kommunalpolitik im Norden des Landkreises Roth grundsätzlich bezweifelt; hier ginge die Trasse durch die Gemeindegebiete. "So lange wir können, werden wir die Leitung in Frage stellen", sagt Rohrs Gemeindeoberhaupt Felix Fröhlich (SPD). "Schließlich wollen wir, dass unsere Region vor Unbill verschon bleibt", fügt er hinzu. Für Fröhlich ist das auch eine Frage der Kosten, "schließlich bezahlen unsere Bürger die Rechnung".

Eine Rechnung mir hoher Belastung. Denn die Novelle des Bundestags ebnet nach Aussagen von Bund Naturschutz und des bundesweiten Zusammenschlusses der zahlreichen Bürgerinitiativen 6000 Kilometer Hochspannungsleitungen den Weg, deren Kosten bei 80 Milliarden Euro liegen. Die Bürgermeister von Rednitzhembach und Büchenbach, Jürgen Spahl (parteilos) und Helmut Bauz (FW), stehen jedenfalls hinter der Kampfansage der Kollegen: "Wir sind uns einig und lassen uns auch nicht auseinanderdividieren", betonen beide.

Für Wolfram Göll (CSU), Bürgermeister in Kammerstein, wäre mit einer Erdverkabelung auf der Südroute durch den Norden des Landkreises überhaupt nichts gewonnen: "Die ökologisch sensiblen Bereiche wären dadurch nicht weniger betroffen", sagt er, "die Naturzerstörung mit einer breiten Schneise durch den Heidenberg würde bleiben. " Göll geht bei bei Erdverkabelung jedoch davon aus, dass dann auf der Strecke der alten Leitung durch Schwabach und Katzwang gebaut werden würde. Schließlich war es immer Forderung der dort Betroffenen, das Kabel unter der Erde durch die dichte Besiedlung zu führen.

Der Bayerische Bauernverband (BBV) bezeichnet ein Bodenbauwerk aber als "allergravierendsten Eingriff, den man sich vorstellen könnte", wie der BBV-Bezirksgeschäftsführer Ottmar Braun herausstellt. Auf der bestehenden Trasse seien dabei vor allem die Wasserwiesen an der Rednitz gefährdet. Es würden riesige Bauten entstehen, welche die Bodenstruktur veränderten sowie zu Erwärmung und in der Folge zu Verdunstung und Austrocknung führen würden. "Daraus ergeben sich dauerhafte Beeinträchtigungen für die Landwirtschaft", prognostiziert Braun. Insbesondere die Übergangsbauwerke in die Erde und zurück seien gigantisch, erklärte der Agrarexperte. "Der Verlust an fruchtbarem Boden wäre enorm und würde sich durch erforderliche Ausgleichsmaßnahmen noch potenzieren", schildert Ottmar Braun die drohenden Beeinträchtigungen für die Bauern bei Erdverkabelung. Braun betont im selben Atemzug, dass der BBV und seine Mitglieder grundsätzlich gegen den Leitungsneubau seien. Es gebe einen anderen Weg: "Wir stehen zu regionaler und erneuerbarer Energieerzeugung. "

Wolfgang Schmid, Vorsitzender der Bürgerinitiative Büchenbach gegen den Bau der P53-Südtrasse, ruft die Bürger sogar dazu auf, sich bei der kommenden Bundestagswahl gegen "diese unökologische, unsoziale und unwirtschaftliche Politik zu wehren". Die Entscheidung vom 28. Januar führe nämlich dazu, dass der kleine Stromverbraucher dafür zahlen müsse, dass die Industrie weiterhin billigen Strom beziehen könne. "Statt auf regionale Energieerzeugung zu setzen, werden Wälder zerstört und Kohlendioxid freigesetzt", schimpft Schmid. Gemeinsam mit Dörte Hamann aus Burgthann, der Sprecherin des "Aktionsbündnisses Trassengegner", betont Schmid, dass die Pläne aus ihrer Sicht europarechtswidrig seien, weil bei den Milliardenprojekten die von der EU vorgeschriebenen Kosten-Nutzen-Analysen fehlten. Gefordert wird ein Moratorium für den Trassenausbau. "Es darf kein Meter gebaut werden, bevor nicht alle offenen Fragen transparent überprüft worden sind", fordert Schmid.

Auch der hiesige Stimmkreisabgeordnete im bayerischen Landtag, Volker Bauer (CSU), zeigt sich nicht unbedingt zufrieden mit der Arbeit der Kollegen in Berlin. Er hatte nach Gesprächen mit verschiedenen Bürgerinitiativen, Bürgermeistern und Bundestagskollegen die Position vertreten, die Notwendigkeit einer 380kV-Trasse generell kritisch zu prüfen. "Mir wäre eine Erneuerung mit 200kV auf der Bestandstrasse am liebsten gewesen", so Bauer.

Für den Kreis Roth sei die Entscheidung aber auch positiv, so der CSU-Politiker. Wie von ihm und zahlreichen Landes- und Bundespolitikern entlang der Trasse von Raitersaich nach Ludersheim in Niederbayern gefordert, wurde nicht nur die energiepolitische Notwendigkeit der Juraleitung festgestellt, die mit 380 kV auf bislang noch unklarer Route durch die Region geführt werden soll. Beschlossen wurde auch, dass "kunststoffisolierte Erdkabel mit einer Nennspannung von mehr als 320 Kilovolt bis zu 525 Kilovolt" als Erdkabel errichtet und betrieben oder geändert werden könne.

HK