Auch Beamte können Spaß machen

13.02.2009 | Stand 03.12.2020, 5:12 Uhr

Aus der Verwaltung, aber trotzdem zum Lachen: Florian Erdle, Stadtjurist von Pfaffenhofen, bereicherte die Turmschreiberlesung am Donnerstagabend im Festsaal mit pointensicherem Kabarett. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Seit November gab es keine Karten mehr, und am Donnerstag im Festsaal wurde auch schnell klar, warum: Die Turmschreiberlesungen garantieren jedes Jahr Heiterkeit. Josef Steidles und Helmut Eckls Humoresken fanden viel Beifall. Die lautesten Lacher provozierte der lustige Beamte Florian Erdle.

Sie überraschen doch immer wieder, diese Turmschreiber. Bei ihrer jüngsten Kundgebung im Theaterfestsaal vernahmen die Mundartfreunde, was kaum jemand für möglich hält: Auch Beamte können Spaß machen, ziemlich sogar. Der Mann heißt Florian Erdle, amtiert als Stadtjurist in Pfaffenhofen und ist eigentlich gar kein Turmschreiber, aber lustig wie zwei von der Sorte. Vor vollem Haus haute der behördengestählte Kabarettist die Pointen nur so raus.

Frei nach Goethe verkündete der bekennende Landbewohner "Ingolstadt, du hast es besser!" und legte präzise die Gründe dar: Die Schanz habe Kabaretttage, im Umland von Pfaffenhofen herrsche die Realsatire. Schlimmer noch: "Wir haben ja schon keine Kultur, Ihr habt s’ mit dem Erzengel Gabriel sogar einen Kulturreferenten!" Der sei mit seinem güldenen Langhaar "ein leibhaftiger Gottschalk". Allerdings sei Ingolstadt auch die Heimat des Günter Grünwald, merkte Erdle an, das relativiere das kulturelle Übergewicht natürlich wieder.

Beachtlich sind die Unterschiede dem Beamten zufolge zudem bei der Politikerbeaufsichtigung. Ihn überrasche es, dass die Ingolstädter CSU immer so streng kontrolliert werde, "erst vom Oberstaatsanwalt Beckstein, jetzt vom Kriminaler Süßbauer". Im Kreis Pfaffenhofen, "wird gegen kommunale Würdenträger mehr so von außen ermittelt". Da lachte jeder, der wusste, wer alles gemeint war. Kurz: Es brüllte der ganze Saal. Schon einige Pointen zuvor hatte Erdle zart auf einen Landrat aus der Hallertau angespielt: "Wieso geht man freiwillig in einen Stadtrat, wenn man kein Bauunternehmer ist"

Immerhin erkannte Erdle – fast – eine Gemeinsamkeit: "Ein medizinhistorisches Museum haben wir auch. Bei uns heißt es halt nur Kreiskrankenhaus."

Das saß. Dabei war er eigentlich nur als Edelreservist angereist. Turmschreiber mit mehrheitstauglichem Repertoire seien gar nicht mehr so leicht zu bekommen, das deutete Brigitte Fuchs, die Conférencière des Abends, am Rande an. Der Trend gehe bei vielen Autoren zur Lyrik. Zwei Stunden lang Gedichte – das kann fad werden (aber das sagte sie freilich nicht). Als es ihr arg an Turmschreibern gebrach, half ihr der geschätzte Kapellmeister Martin Ott. Er kenne da einen, "der arbeitet in der Verwaltung, aber da muss man lachen".

Musste man. Und auch über die "gloslose Frau Merkel"oder den neuen Glamourbedarf der Gerolfinger. Ein Marktplatz aus Marmor müsse her, "falls der Obama zum Ratschen vorbeikommt". Natürlich hatte Erdle Herrn zu Guttenberg im Angebot: "Der hat den Damen beim CSU-Neujahrsempfang besser gefallen als OB Lehmann. Ja ist denn das überhaupt möglich!"

Ähnliche Motivik rückte diesmal der Turmschreiber Helmut Eckl ins Zentrum seines Vortrags, oder wie er es formulierte: "Die Liebe und so." Voller Gefühl schilderte er die Begegnung mit einer 77-jährigen Ex-Isarnixe im Bade, deren Unbefangenheit dem Ich-Erzähler so zusetzt, dass er den Saunabereich schweißgebadet erreicht.

Dialektal aufschlussreich ist der Dialog zwischen einer freizügig gewandeten Frau und einem ihrer Optik aufgeschlossenen Alten. "I schaug, damit I wos sigg." "Und" "Da muaß I erst no schaung." Ergebnis: "I sigg nix!" – Da hat’s gschaut.

Ab und an geriet Eckls Prosa arg figurbetont, aber die Kurve vorbei am Herrenwitz bekam er immer – wenn auch im Fall der feschen Maid im Blumenkleid am Bushäusl nur haarscharf.

Eckl, vor 61 Jahren in Niederbayern geboren, schreibt nicht nur lebensnahe Humoresken, er vermag sie auch anschaulich vorzutragen. Im Falle der Radtour entlang der Nordseeküste gelang ihm das Schauspielerische besonders gut, bis selbst fantasielose Zuhörer nachvollziehen konnten, dass es einem auch im Flachland ganz schön bergig vorkommt, wenn der Gegenwind von allen Seiten pfeift. "Blökende Schafe, strohdumm, überholen mich mitleidlos."

Und schließlich Josef Steidle. Der Routinier vermag ebenso süffig zu schreiben und dynamisch zu rezitieren. Das Wortdrechseln hat er zur Meisterschaft entwickelt. Wenn dem Rudl sei Pudl an Strudl begehrt, wird aus dem Rudlpudl schnell ein Strudlpudl. Kommt dann noch die Trudl ins Spiel, ist es gleich da, das Kudlmudl.

Szenenapplaus erhielt Steidle für seine kühnen Stabreime: Wo heuglige Haderlumpn und Hallodris mit halbscharige Haferln wegen haglbucherne Heigein hudln (oder so ähnlich), können couragierte Kapuziner mit ihre Klapperln noch so kraxln, und das Publikum verstand einmal mehr, wieso die Turmschreiberlesungen immer Monate vorher ausverkauft sind.