Schamhaupten
Archaeopteryx bringt nur viele Sammler

Das Ehepaar Gerstner hat mit dem außergewöhnlichen Fund in seinem Steinbruch abgeschlossen

19.01.2016 | Stand 02.12.2020, 20:18 Uhr

Im Steinbruch von Rosi und Franz Gerstner bei Schamhaupten hat ein Nürnberger 2010 einen Archaeopteryx gefunden. Jetzt hat das Ehepaar mit dem Thema abgeschlossen.

Schamhaupten (DK) Franz Gerstner hat seinen Steinbruch zweigeteilt: In die Hälfte, in der es große Funde gegeben hat, dürfen nur Wissenschaftler. Zu viele Fossilien seien ihm "gestohlen" worden. Darunter ein Archaeopteryx. Damit hat Gerstner jetzt abgeschlossen: Der Urvogel habe ihm kein Glück gebracht - nur viele Sammler.

 

Über den Archaeopteryx redet er nicht gerne - verdenken kann man es ihm nicht. Seit 2014 weiß Gerstner von dem Fund, 2010 hatte ein Nürnberger den Urvogel in seinem Steinbruch ausgegraben und mitgenommen. Erst vier Jahre später kam die Sensation an die Öffentlichkeit. Und heute? "Der Archaeopteryx ist beim Finder, es gibt nichts Neues, ich weiß nicht einmal, ob er fertig präpariert ist", sagt Franz Gerstner resigniert. Auch wie viel der Urvogel genau wert ist, kann er nach wie vor nicht sagen - 2014 hatte der Karlsruher Professor Eberhard Frey ein Gutachten zu dem Fund gefertigt.

"Da durfte man nicht mal laut atmen, sonst wäre er zerfallen", erklärt Frey, Hauptkonservator des Staatlichen Museums für Naturkunde in Karlsruhe. Der Schädel sei zermust gewesen, deswegen wäre auch erst so spät klar geworden, dass es sich bei dem Fund tatsächlich um einen Archaeopteryx handelt. Erst als der Finder damit zur bayerischen Staatssammlung gegangen sei, hätte man ihm sagen können, was er da in Händen hält. Gegenstand von Freys Begutachtung und seinem daraus resultierenden Gutachten sei der Urvogel in "zehn Millionen Einzelteilen" gewesen - was er nach der Präparation wert sei, könne man vorher noch nicht sagen. Auf 150 000 Euro schätzt der Professor die Einzelteile vor der Präparation.

Ein Witz für die Gerstners: "Jeder Archaeopteryx, der gefunden wurde, ganz egal, in welchem Zustand er war, war nie unter zwei Millionen wert", weiß Franz Gerstner, der auch dem Altmannsteiner Heimat- und Fremdenverkehrsverein vorsitzt. Doch eine Möglichkeit, den Fund selbst begutachten zu lassen, sieht der Steinbruchbesitzer nicht. "Der gibt ihn nicht raus", sagt er über den Nürnberger Finder - und um eine Summe in dieser Höhe zu streiten, wagt er nicht. Bei einem Streitwert von zwei Millionen wäre im Zweifelsfall alles weg - und ansonsten noch nichts gewonnen, sagt er. Laut Hadrianscher Teilung gehört ein Fossilienfund in Bayern zur Hälfte dem Finder und zur anderen Hälfte dem Besitzer des Steinbruchs. "Was soll ich denn machen? Ihn stehlen", fragt Gerstner nur mit bitterer Ironie.

Mit der Präparation des Urvogels in Verbindung steht Paläontologe Helmut Tischlinger, doch noch seien "keine Informationen verfügbar", sagt der Stammhamer nur. Sie seien an der Arbeit, doch auch dazu, ob das Fossil bereits fertig präpariert sei, will er sich noch nicht äußern.

Am liebsten hätten die Gerstners den zwölften Archaeopteryx, wie sie sagen, im Museum gesehen und Abgüsse davon im Marktmuseum Altmannstein, im Info-Zentrum des Naturparks Altmühltal und im Steinbruch selbst. Die Gerstners haben für sich abgeschlossen mit dem Thema. "Wir sind darüber weg, es reinzustreiten - für uns ist das abgehakt", sagt Franz Gerstner mit Überzeugung. Auch anderen Findern oder Besitzern, die vor ihnen mit den elf anderen Archaeopteryx-Versteinerungen zu tun hatten, hat der Urvogel nicht viel Glück gebracht, weiß Gerstner. So zum Beispiel Eduard Opitsch mit seinem Maxberg-Exemplar (siehe Kasten). Deshalb will Gerstner davon jetzt Abstand gewinnen.

Im Steinbruch der Gerstners hat sich seit 2014 einiges geändert. Zunächst war er ein halbes Jahr komplett geschlossen, "jetzt haben wir ihn zweigeteilt", erklärt Gerstner. In den Teil, in dem der Archaeopteryx und einige weitere schöne Fossilien gefunden worden sind, dürfen nur noch Wissenschaftler, denen Gerstner vertraut, dass sie die Funde dann nicht einfach mitnehmen. Er will, dass große Funde der Öffentlichkeit gehören und ausgestellt werden und nicht einfach verschwinden, wie so oft geschehen.

Insgesamt sei die Fossiliensuche momentan ein Hype, im vergangenen Jahr seien "wahnsinnig viele Leute gekommen", so Gerstner. Gerade auch Schulklassen hätten sich viele angemeldet. "Wahrscheinlich wird mehr darüber unterrichtet", vermutet er. Es gebe besonders viele Mädchen, die nach Fossilien graben, gar nicht so sehr die Buben, wie man denken würde. Und dann kommt ja noch der geplante Dinosaurierpark in Denkendorf dazu: "Der wird noch einmal große Auswirkungen auf den Steinbruch haben", mutmaßt Gerstner.