Ingolstadt
Anstößige Szenen in der Hotelsauna

Wie stark bedrängte ein 55-Jähriger eine Frau? Das Amtsgericht geht von Vergewaltigung aus

24.07.2013 | Stand 02.12.2020, 23:52 Uhr

Ingolstadt (reh) Er kennt das Gefühl des Eingesperrtseins bereits. Zwölf Tage saß der Mann aus dem nördlichen Landkreis Eichstätt von Ende Mai bis Anfang Juni in Untersuchungshaft wegen dieser Geschichte. Um ein Haar wären daraus mehrere Monate in Strafhaft geworden.

Doch das Schöffengericht mit dem Vorsitzenden Jochen Bösl gibt dem 55-Jährigen noch einmal eine Chance – obwohl er nach Überzeugung des Gerichts ein Vergewaltiger ist. Das Urteil gegen ihn am Amtsgericht in Ingolstadt lautete gestern auf zwei Jahre Gefängnis, aber ausgesetzt zur Bewährung.

Bösl redete mehrfach auf den Angeklagten ein, er möge seine eigene Aussage noch einmal überdenken, bevor das Opfer tatsächlich im Gerichtssaal die (peinlichen) Details öffentlich ausbreiten müsse. Denn die Frau schilderte den Abend des 27. Mai bei der Polizei als eine Art Albtraum. So schlug es sich auch in der Anklage der Staatsanwaltschaft nieder. Der 55-Jährige soll in der Sauna eines Hotels im Kreis Eichstätt die fremde Frau unter der Dusche massiv bedrängt haben, bis hin zu „einer beischlafähnlichen Handlung“ mit den Fingern, wie es die Anklagevertreterin nannte. Das wäre, so fasste Richter Bösl zusammen, „ein astreiner Fall von Vergewaltigung“.

Verteidigerin Andrea Kremer spielte den Fall herunter: „Es ist ja nicht das erste und nicht das letzte Mal, dass zwei Personen die Situation anders einschätzen.“ Ihr Mandant habe mit der Zufallsbekanntschaft in der Sauna geflirtet, es sei sogar „zu Streicheleinheiten gekommen“. Der Eindruck ihres Mandanten: „Da geht was!“ Als die Frau sich gegen weitere Zuneigung unter der Dusche verwahrt habe, habe der 55-Jährige aufgehört. „Es tut ihm im Nachhinein leid, dass sie es als unangenehm empfunden hat“, sagte Kremer.

Der Angeklagte blieb auch nach weiterer Nachfrage des Gerichts dabei: Er habe sich nicht an der Frau vergangen. Das Amtsgericht musste letztlich doch das Opfer anhören, das seine drastische Version wiederholte. Vorsitzender Bösl und die Schöffen waren davon überzeugt, dass es sich so zugetragen hatte, und verurteilte den bisher unbelasteten 55-Jährigen wegen Vergewaltigung.