Landshut
Anleitung zum Schabernacken

Das Landestheater Niederbayern zeigt "Karlsson vom Dach" als Familienstück mit Tempo und Witz

26.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:39 Uhr
Ungleiche Freunde: Moritz Katzmair als Karlsson vom Dach, Korbinian Josef Müller als Lillebror. −Foto: Litvai

Landshut (DK) Karlsson ist ein schöner und grundgescheiter und gerade richtig dicker Mann in seinen besten Jahren.

Sagt er zumindest über sich selbst. Andere würden ihn vielleicht als Angeber und Besserwisser beschreiben, als selbstverliebt und unverschämt, als einen, der immer alles haben will. Geburtstag beispielsweise. Weil Lillebror doch auch gerade Geburtstag hat. Oder sein Taschenmesser, das er eben erst geschenkt bekommen hat. Die ganze Süßigkeitentüte und das größte Stück Kuchen. Ansonsten liebt Karlsson es zu schabernacken und zu tirritieren. Oder seinen Propeller anzuschmeißen und herumzufliegen. Denn Karlsson lebt auf dem Dach.

Astrid Lindgren hat diesen aufmüpfigen Kerl in den 50er-Jahren erfunden. Und doch ist der kleine Tyrann Lillebror ein guter Freund. Denn zum einen gibt er ihm Mut und Selbstvertrauen, zum anderen ist es mit ihm nie langweilig und zum dritten geht er stets auf Kollisionskurs mit Autoritäten. "Das stört doch keinen großen Geist! ", begründet Karlsson mantraartig seinen Widerstand. Im Landestheater Niederbayern tobt er nun durch das Familienstück, verjagt Einbrecher, erschreckt die Haushälterin und ärgert Lillebrors ältere zickige Schwester. Die Premiere am Sonntagnachmittag wurde mit langem Applaus bedacht.

Veronika Wolff hat das Stück im Theaterzelt in Szene gesetzt. Als knallbonbonbunten Theaterspaß. Schon die Bühne von Beata Kornatowska ist ein Hingucker: eine drehbare Dachlandschaft mit grünen, gelben, blauen, roten Dachziegeln, die mit der Wohnküche der Svantessons, Lillebrors Zimmer und Karlssons Häuschen drei Spielräume vorsieht und jede Menge luftige Konstruktionen zum Klettern, Taumeln, Abstürzen bereithält. Auf der Rückwand lässt sich ein herrlicher Sternenhimmel zaubern, wo man Karlssons Rundflüge als Schattenspiel erleben kann.

Sobald er auftritt, reißt er mit seiner großmäuligen Art alle Aufmerksamkeit an sich: Moritz Katzmair schlüpft in Karlssons Patchwork-Ballonhose und spielt ihn genau so, wie er im Buche steht: renitent, rücksichtslos, selbstherrlich, egoistisch - ein altes Kind in einem adipösen Erwachsenenkörper. Und doch auch mit anarchischem Witz und in seiner Einsamkeit durchaus anrührend.

Korbinian Josef Müller gibt den siebenjährigen schüchternen Lillebror, Paula-Maria Kirschner seine herzensgute Mama, während sich Leonard Lange, Friederike Baldin, Alexander Nadler und Antonia Reidel durch verschiedene Rollen spielen, etwa als nervende Geschwister oder dümmliche Einbrecher auftreten. Antonia Reidel glänzt vor allem als rechthaberischer Hausbock - und wie sie da bei einer ihrer Tiraden mit den Zehen in die Mausefalle tappt ist einer der Höhepunkte der Inszenierung.

Bunt, temporeich und mit musikalischem Pfiff erzählt Regisseurin Veronika Wolff diesen Kinderbuchklassiker, der von Mut und Freundschaft, Rebellion und Freiheit handelt, von Grenzüberschreitungen und dem Lob der Fantasie. Und dafür gibt's am Ende viel Beifall.

ZUM STÜCK
Theater:
Landestheater Niederbayern
Regie:
Veronika Wolff
Ausstattung:
Beata Kornatowska
Nächste Vorstellungen:
15. und 22. Dezember in Landshut, 26. Januar, 2. Februar und 15. März in Passau
Kartentelefon:
(0871) 922 08 33 für Landshut, (0851) 929 19 13 für Passau

Anja Witzke