Ingolstadt
Angekündigte Geständnisse

Im Scheinselbstständigenfall am Landgericht steht ein Durchbruch bevor

07.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:01 Uhr

Ingolstadt (DK) Zunächst leugneten sie alles, doch nun wird es im Prozess um mutmaßlich rund 3,3 Millionen Euro vorenthaltene Sozialversicherungsbeiträge doch Geständnisse geben.

Zumindest ist eine entsprechende Erklärung der Angeklagten für kommenden Montag am Ingolstädter Landgericht angekündigt, wo sich Vater (66) und Tochter (47) aus einer regionalen Baufirma verantworten müssen. Allerdings steht inzwischen nicht mehr ein Millionenschaden im Raum, sondern eine weit geringere Summe. Denn hinter dem plötzlichen Sinneswandel der Angeklagten steckt schlichtweg eine Absprache (ein sogenannter Deal), auf die sich die Prozessbeteiligten prinzipiell einigen konnten. Die Verständigung - die vorbereitet wurde, aber noch nicht in trockenen Tüchern ist - hat als Basis, dass die Angeklagten die Verantwortung für 14 Gesellschaften des bürgerlichen Rechts (GbR) eingestehen, die sie gründeten und dort vornehmlich ausländische Bauarbeiter als angeblich eigenständige Subunternehmer einsetzten. Letztlich waren die Männer nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft aber nichts anderes als Firmenangestellte der Angeklagten und die Firmenkonstrukte nur dazu da, um die Beiträge zur Sozialversicherung und den Facharbeitermindestlohn zu umgehen.

Laut Anklage gründeten Vater und Tochter zwischen Mitte 2009 und Anfang 2013 mindestens 210 dieser GbRs mit betrügerischen Absichten. Für eben 14 davon liegen der 1. Strafkammer des Landgerichts die Aussagen der vornehmlich aus Ungarn und Rumänien stammenden Angestellten vor und lassen das Gericht eindeutig von Scheinselbstständigkeit ausgehen, wie der Vorsitzende Jochen Bösl im Prozess sagte.

Bevor die Kammer nun in eine aufwendige und teils uferlos erscheinende Beweisaufnahme eintritt, um alle Fälle aufzuklären, kam man nicht zuletzt aus prozessökonomischen Erwägungen zu dem erwähnten Deal. Im Gegenzug für Geständnisse legte die Kammer nun für den Vater eine Strafe von eineinhalb bis höchstens zwei Jahren und für die Tochter zwischen acht Monaten und höchstens einem Jahr Gefängnis fest - stets zur Bewährung ausgesetzt.

In den jetzt noch relevanten 14 GbRs kam eine überschlägige Schadenssumme von zwischen 400000 bis 500000 Euro zusammen. Den genauen Wert wird eine Expertin der Rentenversicherung ermitteln, die Mitte September vor Gericht aussagen wird.

Christian Rehberger