Wieder
Angedacht

18.10.2013 | Stand 02.12.2020, 23:32 Uhr

Wieder füllt ein kirchliches Ereignis die Schlagzeilen: Limburg ist dem Fernsehen sogar eigene Sendungen wert. Dabei hatten wir so viele beeindruckende Berichte über den neuen Papst gehört, so als ob die Zeit der Skandale, der Entmutigung und des Niedergangs vorbei sei.

Was Kirche bedeutet, kann uns auch dann aufgehen, wenn wir erleben, wo die Kirche ihren prägenden Einfluss verloren hat. Auf einer Wanderung durch das Gebiet der neuen Bundesländer ist dies sehr eindrucksvoll und auch schmerzvoll zu erleben. Man sagt, man habe Gott vergessen. Soll dies auch bei uns so werden? Wie nun von Gott reden bei Menschen, denen schon der Begriff abhandengekommen ist? Die Argumente für Gott, die wir im Religionsunterricht gelernt haben, greifen nicht. Es wäre unangebracht, irgendwelche hervorzuholen.

Auf dem Ökumenischen Pilgerweg von Leipzig nach Erfurt konnte ich erleben, dass es auf einer ganz anderen Schiene läuft. Ich treffe ein junges Ehepaar. Er ist aus der Kirche ausgetreten, sie atheistisch aufgewachsen. Das Überraschende: Beide sind auf dem Pilgerweg, nehmen schwerste Strapazen auf sich! Ich sehe sie zum letzten Mal in der Krypta eines mächtigen Domes aus dem Hochmittelalter einträchtig beieinandersitzen. Sie vermitteln den Eindruck: Wir sind angekommen! Wer könnte ihnen bestreiten, dass dies auch für ihren Weg zu Gott zutrifft?

Damit ist eine Spur gewiesen: Gott ist nicht in den Argumenten zu finden, sondern in der Tiefe des Herzens, in den Ereignissen unseres Lebens, die uns zutiefst berühren und herausfordern. Da ist die Liebe, die zwei Menschen ergreift, da ist das Neugeborene, das wie ein Wunder aus dem Nichts auftaucht, da sind auch der Schmerz und der Tod, der Menschen erschüttert. Für den Alltag kann es die Meditation sein, für den Urlaub ein Pilgerweg, welcher den Raum des Herzens für Gott öffnet und den Kirchenraum bewohnbar macht.

Pater Guido Kreppold,

Kapuziner,

Ingolstadt Foto: Strisch