Und
Angedacht

16.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:41 Uhr

Und das höchste Gut ist doch die Gesundheit!“ – Kaum eine Geburtstagsansprache kommt ohne diesen Satz aus, und doch greift er zu kurz. „Gesundheit ist zu einer Religion verkommen“, warnt der Kölner Buchautor Manfred Lütz, und er spricht mir aus der Seele.

Alles, was man von Altreligionen kennt, so Lütz, ist inzwischen im Gesundheitswesen anzutreffen: Halbgötter in Weiß, Wallfahrten zum Spezialisten, Krankenhäuser als die Kathedralen unserer Zeit. In seinem Buch „Lebenslust“ hat der Psychiater das so beschrieben. „Wir erleben den bruchlosen Übergang von der katholischen Prozession in die Chefarztvisite. Neue Diäten überfluten wellenförmig unser Land und übertreffen in ihrem Ernst die Büßer- und Geißlerbewegungen des Mittelalters bei Weitem.“

Die religiöse Ur-Sehnsucht der Menschen nach ewigem Leben und ewiger Glückseligkeit richtet sich heute an Medizin und Psychotherapie. Gesund ist ein Mensch nur, wenn er nicht ausreichend untersucht wurde, warnt Lütz weiter. „Viele leben von morgens bis abends nur noch vorbeugend, um dann gesund zu sterben. Auch wer gesund stirbt, ist definitiv tot.“ Auf diese Weise produziere die Gesundheits-Gesellschaft nicht Gesundheit, sondern Unglück. Die Abschaffung von Krankheit sei eine Illusion.

Was Lütz hier kritisiert, ist der verengte Blick auf körperliche Gesundheit. Was ist mit der seelischen Gesundheit, mit der geistigen Gesundheit, mit der sozialen Gesundheit oder mit der spirituellen Gesundheit? Das alles gehört zusammen und fördert den wirklich gesunden Menschen. Also neben der medizinischen Versorgung braucht es Freunde und ich soll mich an meinen Fähigkeiten freuen, Rückhalt in meiner Familie erleben und auf Gott vertrauen können. Das Gefühl von Glück und Sinn eben. Ich wünsche Ihnen eine solche umfassende Gesundheit an Leib und Seele.

Rudi Schmidt,

Pastoralreferent,

Katholische Stadtkirche

Ingolstadt