Angedacht

13.09.2019 | Stand 02.12.2020, 13:04 Uhr
-Foto: privat −Foto: Fotohaus Zacharias in Ingolstadt, Pfarrerin Scherle-Schobel

Alles neu macht der Mai?

Wenn man sich so umschaut, könnte man denken, es ist eher der September, der alles neu macht. Aus Kleinkindern sind Kindergartenkinder geworden und aus Kindergartenkindern Schulkinder. Die meisten Schülerinnen und Schüler sind eine Klassenstufe aufgerückt. Und den Abiturienten und Schulabgängern ist spätestens jetzt klar, dass sie nicht mehr die Schulbank drücken müssen.

Für viele Menschen hat in diesem September etwas Neues angefangen. Das ist meist etwas Schönes, und der Dichter Herrmann Hesse hat recht, wenn er schreibt, dass jedem Anfang ein Zauber innewohnt.

Auf der anderen Seite kann Neues auch ganz schön anstrengend sein. Unsere Welt dreht sich immer schneller. In immer kürzeren Abständen kommt Neues auf uns zu. Der technische Fortschritt und die Digitalisierung bringen immer schneller neue Geräte und Möglichkeiten auf den Markt. Da sind tolle Dinge dabei, die das Leben einfacher machen. Es macht Spaß Fotos von den Kindern zu machen und sie per Smartphone sofort an die Großeltern zu schicken oder mit Videobild zu telefonieren. Dann ist man sich ganz nah, auch wenn man weit voneinander entfernt wohnt.
Neues ist aber eben auch eine Herausforderung, nicht nur in technischer Hinsicht. Das, was bisher richtig war und gut lief, wird hinterfragt. Routinen werden verändert. Selbstverständlichkeiten gelten plötzlich nicht mehr.
Das war schon immer so. In den Geschichten der Bibel wird erzählt, wie Gott seinen Menschen immer wieder Neues zumutet: neue Aufgaben, neue Lebensräume, neue Menschen, neue Gedanken. Er schickt Abraham in ein unbekanntes Land. Er beruft Propheten, obwohl sie keine begabten Redner sind. Sein Sohn Jesus predigt von einer Liebe, die größer ist als alle Gesetze und Gebote. Damit muss man erst mal fertig werden.
Aber das geht, weil Gott selbst ewig ist. Er bleibt, wie er ist. Seine Worte gelten, seine Versprechen halten, seine Liebe, Gnade und Barmherzigkeit bleiben unerschütterlich. Daran können wir uns festhalten, wenn so viel Neues auf uns zukommt.

Sonja Scherle-Schobel

Pfarrerin Thomaskirche

Friedrichshofen