Angedacht

25.10.2019 | Stand 02.12.2020, 12:45 Uhr
-Foto: privat −Foto: Hauser, Johannes

Am nächsten Donnerstag feiern die evangelischen Christen wieder den Reformationstag.

Sie erinnern sich an den Beginn der Reformation Martin Luthers durch den Thesenanschlag in Wittenberg. Dabei stellt sich jedes Jahr neu die Frage: Welchen Sinn hat es, heute an dieses Ereignis zu erinnern?
Damals waren die Menschen voller Angst vor dem Fegefeuer und der Hölle. (Die Theologen haben schon gewusst schon, dass das nicht ganz dasselbe ist. Während das Fegefeuer eine Art Vorhimmel zur Reinigung ist, ist die Hölle ein Ort der endgültigen Qual. ) Und so war es für manche in der Kirche ein gutes Geschäft, den Ablass als Mittel gegen die Angst zu verkaufen, den Erlass der zeitlichen Sündenstrafen. Den Menschen wurde so Angst gemacht, und sie wurden unter moralischen Druck gesetzt.
Gibt es heute auch solche Phänomene, dass auf Menschen moralischer Druck ausgeübt wird? Unsere Gesellschaft zeichnet sich gerade durch eine immer stärkere Moralisierung aus. Da werden "Gute" und "Böse" kategorisiert. Jeder ist fest von sich überzeugt und die andere Seite wird jeweils ausgegrenzt. Die Frage, welche konkreten Folgen eine Handlung hat, kommt da oft zu kurz gegenüber der reinen Gesinnung - z. B. "Flüchtlinge muss man aufnehmen. "

Aber ein Handeln ist eben nicht an sich gut oder schlecht - sondern man muss bedenken, welche konkreten Folgen es hat. Achten Sie doch einmal bewusst darauf, in welchen Bereichen mit moralischem Druck gearbeitet wird, um bestimmte Interessen durchzusetzen.

Ich bin mir sicher, Sie werden einiges finden.

Holger Schwarzer,

Pfarrer und Leiter

des Evangelischen Forums

Ingolstadt