Eichstätt
"Anders ist ein anderes Wort für einzigartig"

Volle Kellerbühne bei Theaterstück der Jugendtheatergruppe "TheMusUnit"

26.05.2019 | Stand 02.12.2020, 13:53 Uhr
Die von Minh Phan (Mitte) selbstgeschriebene "Genderszene" thematisierte den Umgang mit Geschlechtsanpassungen innerghalb der Familie. −Foto: Schiavone

Eichstätt (EK) Was ist schon normal? Wer ist anders? Bist du anders? Diesen Fragen hat sich am vergangenen Freitag die Jugendtheatergruppe "TheMus Unit" in ihrem gleichnamigen Theaterstück "Ich bin anders" gestellt. Rausgekommen ist eine Bühnenperformance mit unterschiedlichen szenischen und musikalischen Elementen.


Trotz der "Langen Nacht der Wissenschaft" ist die Kellerbühne am Freitagabend voll. Der Andrang ist so groß, dass der Raum zusätzlich bestuhlt werden muss. Die Neugierde der Zuschauer ist groß, denn was vor rund einem Jahr als Projekt von Theater- und Musikpädagogikstudierenden der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) und der Kommunalen Jugendarbeit des Landkreises ins Leben gerufen wurde, zeigt sich nun als eingeschweißte Theatercommunity mit selbsterarbeiteten Szenencollagen.

Dynamisch geht es gleich zu Beginn los. Es ist dunkel. Die zehn jungen, schwarz gekleideten Darsteller stürmen nacheinander in den Bühnenraum und laufen in schnellen, bestimmten Schritten kreuz und quer durch die Reihen. Bleiben kurz stehen, nennen mal Farben, mal Orte und laufen weiter. Mit dem "Raumlauf" vereinnahmen die Darsteller gleich zu Beginn das Publikum.

Die nächste Szene scheint ein typisches Szenario aus dem Leben von Jugendlichen. Mobbing auf dem Schulhof. Lachen, Rauchen, ein Streit, der mit Gewalt endet und alle schauen zu. Keiner der zur Hilfe kommt, keiner der eingreift. Denn das Leben ist kein Film. Hat kein Happy End. Stattdessen zeigt die Theatergruppe den Kontext aus der "Tätersicht". Die mobbenden Jugendlichen sind Sprayer. Die junge Alex ist eine von ihnen und sieht sich selbst als Künstlerin. In der Abendessen-Szene sucht sie am Essenstisch die Anerkennung der Familie, aber die Situation eskaliert in einem heftigen Streit mit Mutter und Schwester. Doch wer dachte, das Stück handle von Ausgrenzung und Mobbing, der irrt. "TheMus Unit" interpretiert und inszeniert das Thema "Anderssein" darstellerisch und inhaltlich auf ebenso vielfältige, wie überraschende Weise. Die verschiedenen Szenen erwecken in den Zuschauern ohne Vorwarnung die unterschiedlichsten Emotionen. Von Lachen über so witzige Szenen, wie "Das ist kein Stuhl", bis hin zu Begeisterung für den überzeugenden und wortstarken Monolog der Schülerin Emma Huchtmann, die selbstbewusst auf der Bühne steht und über die Bedeutung des Andersseins spricht, "denn anders ist nur ein anderes Wort für einzigartig. Und das sind wir alle. " Mit ihrer Rede will sie nicht weniger als, "dass du mir zuhörst, du dich änderst und du diese Welt zu einer besseren Welt machst. "

Weniger appellierend hingegen ist Abdulrazek Mestos Rap-Einlage, die fast schon Betroffenheit auslöst. Der junge Mann steht mit gesenktem Blick auf der Bühne. Gefühlvoll und authentisch rappt er in seiner Muttersprache Arabisch, ohne jegliche Rapper-Attitüden. Man muss die Sprache nicht verstehen, um zu spüren, dass seine Worte unter die Haut gehen. Nach seinem Rap erläutert er die musikalische Einlage: "In meinem Lied geht es um eine wahre Geschichte. Ich habe ein Mädchen geliebt, aber sie hat mich verlassen, weil sie schwer krank war und ihr Leid nicht mit mir teilen wollte. " Die Stille im Zuschauerraum hält nicht lange an. Im darauffolgenden Zuschauergespräch sind die Besucher gefordert, sich über das Anderssein und die damit verbundenen eigenen Vorurteile Gedanken zu machen, ehe die von Minh Phan selbstgeschriebene "Genderszene" den Umgang mit Geschlechtsanpassungen innerhalb der Familie thematisiert. Für den KU-Studenten Phan war es gar das erste Mal auf einer Bühne, wenngleich sein schauspielerisches Talent und seine Bühnenpräsenz nicht darauf schließen lassen: "Ich habe so etwas noch nie zuvor gemacht. Doch mit der Zeit habe ich die Menschen immer besser kennen und schätzen gelernt. Diese Vielfalt, die unsere Gruppe mit sich bringt, das hat mich am meisten begeistert. "

Vor rund einem Jahr haben sich die Schüler, Geflüchteten und Studierenden zusammengefunden, um "irgendwas mit Theater zu machen". Doch was das genau sein sollte, war bis dato noch nicht klar. Rausgekommen sind acht Theaterelemente, die ebenso unvorhersehbar und unterschiedlich sind, wie die Darsteller selbst.