München
Ambulant und stationär aus einer Hand

Bayerische Bezirke sind ab Januar allein für die Hilfen zur Pflege zuständig

27.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:30 Uhr
Für die ambulante Hilfe zur Pflege sind ab dem neuen Jahr statt der örtlichen Sozialämter die bayerischen Bezirke zuständig. Der Übergang soll reibungslos erfolgen. −Foto: ASB/Jacobi

München (DK) Die bayerischen Bezirke stehen vor einer neuen millionenschweren Aufgabe: Ab Januar sind sie spätestens für die sogenannte ambulante Hilfe zur Pflege zuständig - anstatt wie bisher die örtlichen Sozialämter. In Oberbayern erhalten demnach rund 3450 Menschen ihre Leistungen neu vom Bezirk. Dafür sind rund 74 Millionen Euro im Haushalt eingestellt.

Viele ältere oder kranke Menschen können ihre Pflege in den eigenen vier Wänden nicht bezahlen, weil ihr Einkommen oder Vermögen und das Geld aus der Pflegekasse nicht ausreichen. Die Lücke schließt die Sozialhilfe. Für diese ambulante Hilfe zur Pflege gibt es eine wichtige Änderung: Ambulant oder stationär - beide Hilfen gibt es fortan aus einer Hand. Von den Bezirken.

Der Wechsel der Zuständigkeit ergibt sich aus dem Bayerischen Teilhabegesetz. "Für die betroffenen Menschen wird vieles einfacher, wenn sie mit dem Bezirk als Sozialhilfeträger nur einen Ansprechpartner haben", sagt Bezirkstagspräsident Josef Mederer. In der Tat, denn mitunter gerieten Betroffene bisher zwischen die Fronten der beiden Kostenträger. Grundsätzlich gilt: ambulant vor stationär. Alte und kranke Menschen sollen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden leben können und dazu die notwendige Unterstützung erhalten.

Dass dies jedoch im Einzelfall strittig sein kann - gerade wenn es teurer wird -, zeigen die Fälle von zwei an Multipler Sklerose erkrankten Männern aus Ingolstadt, über die unsere Zeitung im Frühjahr berichtete. Beide kritisierten, wegen der Kostenübernahme ambulanter Hilfen in die Mühlen der Bürokratie geraten zu sein. Es ging um die Bezahlung persönlicher Assistenten, ohne die ein Leben daheim für die MS-Kranken nicht möglich ist. Beide stritten vor Gericht, um diese Hilfe bezahlt zu bekommen.

Mit dem Hin und Her zwischen örtlichen Sozialämtern und den Bezirken ist jetzt Schluss. Der Bezirk Oberbayern vollzieht den Übergang am 1. Januar 2019. Ab dann erhalten auch alle ambulant Pflegebedürftigen, die in Ingolstadt und den Landkreisen Eichstätt, Pfaffenhofen und Neuburg-Schrobenhausen leben, ihre Leistungen neu vom Bezirk Oberbayern. In Ingolstadt sind beispielsweise 62 Menschen betroffen. Die Bescheide sind schon unterwegs, heißt es. Die Übergabe der Akten verlaufe reibungslos. Daran, wer die Hilfe vor Ort konkret erbringt, ändert sich nichts. Der Bezirk Oberbayern betont auch, allen betroffenen Bürgern Bestandsschutz für bewilligte Leistungen zu gewähren. Der erlischt allerdings, sobald ein Pflegefall neu bewertet werden muss.

Der Bezirk Oberbayern prüft derzeit die Gründung von Pflegestützpunkten in Zusammenarbeit mit den Kommunen, Pflege- und Krankenkassen sowie vorhandenen Beratungsangeboten. "Beratung ist gerade in der ambulanten Pflege sehr wichtig, damit jeder Mensch maßgeschneidert die für ihn passende Hilfe bekommt", sagt Bezirkstagspräsident Mederer.

Für die konkrete Umsetzung fehlen im Freistaat Bayern aber nach wie vor landesrechtliche Regelungen wie die Überarbeitung der Rahmenvereinbarung zur Errichtung und zum Betrieb von Pflegestützpunkten. "Hier ist das Pflegeministerium in der Pflicht, endlich aktiv zu werden", so Mederer. "Wir brauchen rasch klare und umsetzbare Vorgaben, damit wir mit den Landkreisen, die einen Pflegestützpunkt wollen, in die praktische Umsetzung gehen können."

Der Bezirk Oberpfalz ist bereits seit vergangenem März für die ambulante Hilfe zur Pflege zuständig. Bis zum Jahresende ist die Sachbearbeitung jedoch noch auf die sieben Landkreise und drei kreisfreien Städte in der Oberpfalz delegiert. Ab Januar 2019 endet diese Delegation. Aktuell werden noch die letzten Bescheide erstellt. In Mittelfranken erfolgte die Übergabe Zug um Zug: Seit Dezember werden die über 900 Fälle der ambulanten Pflege komplett direkt vom Bezirk Mittelfranken bearbeitet. Genaue Fallzahlen liegen dem Bezirk Niederbayern nicht vor, jedoch sind für das kommende Jahr Ausgaben von etwa drei Millionen Euro für die Hilfen zur ambulanten Pflege vorgesehen, heißt es auf unsere Anfrage. Sukzessive ging auch der Bezirk Schwaben vor: Als Letztes war die Stadt Augsburg an der Reihe - die zusätzlichen 530 Fälle wurden im Dezember übergeben. Insgesamt rechnet man im Bezirk Schwaben mit Mehrausgaben von rund zehn Millionen Euro durch die ambulante Hilfe zur Pflege.

 

Suzanne Schattenhofer