Heideck
Am Hausbänkchen gab es die Neuigkeiten

Heidecker erinnern sich beim Erzählcafé an die Treffen mit Nachbarn und Freunden

18.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:10 Uhr

Bei Karl Kühnlein in Selingstadt bestand das Hausbänkchen nur aus Holzpflöcken und einem Brett darauf. Hier versammelte sich die ganze Familie und es wurde gesungen, erzählt und gelacht. Repro: Wechsler

Heideck (HK) Als es noch keine Fernsehgeräte gab, haben die Heidecker ihre Abendstunden auf dem Bänkchen vor dem Haus verbracht. Dort waren Jung und Alt gemütlich beisammen und haben alte Geschichten erzählt oder Neuigkeiten verbreitet. Im Erzählcafé konnten sich noch viele an diese Zeiten erinnern.

Einst stand fast vor jedem Haus ein Bänkchen, auf dem die Leute nach getaner Arbeit zusammensaßen – so auch in der Heidecker Hauptstraße. Einige davon waren gemauert und wem es zu hart oder zu kalt wurde, der legte sich ein Kisschen oder eine Decke unter. Manchmal wurden jedoch nur zwei Auflagen gemauert, auf die dann ein dickes Brett gelegt wurde. Über Nacht oder bei schlechtem Wetter kam das Brett dann in den Hausgang, damit es nicht gestohlen wurde und bei Regen trocken blieb. Die einfachste Ausführung des Hausbänkchens waren Holzpflöcke und ein Brett darauf.

Hermann Pappenheimer kann sich noch gut daran erinnern, dass sich bei ihnen auf dem Bänkchen die Nachbarn trafen. Männer wie Frauen gesellten sich zusammen, um ein wenig zu ratschen. Zu ihm kamen oft Michael Hofmeier, Andreas Lutz, Josef Häusler, Karl Odorfer und Josef Fürsich. Sie rauchten ihre Pfeife oder eine Zigarre und tranken gemütlich eine Flasche Bier. Wenn die Bank nicht reichte, wurden aus dem Haus eben ein paar Stühle dazugestellt. Während die Frauen nebenbei strickten oder häkelten und sich die Neuigkeiten aus dem Dorf erzählten, ging es bei den Männern meist um die große Politik oder die kommunalen Ereignisse.

Es war eine sehr gesellige Runde, erinnert sich Hermann Pappenheimer. Als eine Frau dort einmal ihren Ärger über Adolf Hitler äußerte, mahnte sie einer der Nachbarn, sich zurückzuhalten, da sie sonst Gefahr laufe, ins Lager nach Dachau zu kommen. 1967, als in der Heidecker Hauptstraße das Pflaster herausgerissen und der Straßenverlauf verändert wurde, verlor auch das Hausbänkchen Pappenheimers seinen Platz.

Gut besetzt war auch stets das alte Hausbänkchen vorm Bäumlerbäck. Georg Bäumler und seine Frau waren dort oft anzutreffen und manchmal gesellten sich einige Nachbarn dazu. Gut erinnern konnten sich einige Besucher im Erzählcafé auch an das Bänkchen beim Schuster Kühnlein, auf dem der alte Schuster mit seinem markanten Käppi und der langen Pfeife saß. Er wurde mit dem Spitznamen „Huserknupf“ geneckt. Sein Sohn Erich war in Heideck später nur noch unter „Knopf“ bekannt.

Gut erinnern konnte sich ein Teilnehmer, als eine Bank in der Hauptstraße Ursache für einen schweren Verkehrsunfall war. Ein Motorradfahrer, der etwas zu schnell von der Bahnhofsstraße her in die Stadt fuhr und die Kurve bei der heutigen Sparkasse nicht mehr erwischte, musste einem alten Pumpbrunnen ausweichen und blieb mit seinem Fahrzeug an einer Bank hängen. Dabei verletzte er sich schwer.

Am Marktplatz diente beim ehemaligen Gasthaus „Zur Rose“ eine breite Fensterbank eines Schaufensters als Treffpunkt. Dort waren es aber mehr die jüngeren Leute, die zusammensaßen. Hans Köstler und Traudl Schmidt erinnerten sich noch gerne an die Zeit, als Marga Mosberger noch das Gasthaus betrieb.

Georg Albrecht erzählte, dass die Hausbank im Ziegelmoos oft den Leuten, die nach Rudletzholz gingen oder von Rudletzholz kamen, als Ruhebank diente. Ebenfalls ein begehrtes Plätzchen war die Bank am Loyhaus in der Hauptstraße, die von einem kleinen Gärtchen umgeben war, erzählte Inge Fürsich. Aber auch beim Leitner, beim Schwarzwanger und beim Stenglbinner trafen sich die Heidecker gerne.

Neben den Hausbänkchen waren aber auch die in der Natur aufgestellten Bänke beliebte Ruheplätze. Dabei könnte die Bank am „langen Zaun“ so manche Geschichte erzählen. Zumindest wiesen die drei großen Buchen, die einst dort standen, viele Zeichen des Treffens junger Leute auf. Mehrere in die Rinde geritzte Herzchen zeugten davon.

Wie im gesellschaftlichen Leben, ging es auch bei der meist schweren Arbeit etwas gemütlicher zu. So erzählten die Teilnehmer des Erzählcafés, dass öfter einmal eine Pause eingelegt wurde. Erika Pappenheimer erinnerte sich, dass bei der Heuernte immer ein Kasten Bier mit auf dem Wagen stand. Dazu gab es trockenes Brot. Brot spielte in den früheren Zeiten eine viel größere Rolle als heute. So hatten die Bauern, wenn sie aufs Feld gingen, immer ein Stück Brot in ihrer Arbeitsschürze. Dazu gab es meist Malzkaffee. Andere hatten immer Würfelzucker dabei, um den Heißhunger schnell zu stillen.

Über den Schlafkomfort früherer Zeiten erzählten die Heidecker, dass sie meist auf einem Strohsack schliefen. Dabei war als Füllmaterial für die Matratze das Roggenstroh weniger geeignet, als das wesentlich weichere Weizenstroh. Richard Böhm erzählte, dass er bis zu seiner Hochzeit 1964 auf einer Strohmatte geschlafen habe. Darauf führte er auch zurück, dass er bis heute keine Rückenschmerzen hat. Der gelernte Sattler Andreas Meier wies darauf hin, dass auf den mit Seegras gefüllten Matratzen noch angenehmer zu liegen war.

Das Thema des Hausbänkchens war schon fast vergessen, als sich einige erinnerten, dass sie als Wärmflaschen einen erhitzten Backstein oder einen Dachziegel in Papier gewickelt mit ins Bett nahmen. Was ein Teilnehmer spitzbübisch kommentierte, dass ihm die Wärmflaschen mit zwei Ohren deutlich lieber waren.