Wolnzach
Am Abend auf die Schulbank

Bislang im Landkreis einzigartig: In Wolnzach ist ein Deutschkurs speziell für Arbeitnehmer gestartet

16.10.2018 | Stand 23.09.2023, 4:40 Uhr
Die Schüler des neuen Sprachkurses wurden am Montagabend von ihrer Lehrerin Beate Niedermeier (von links) sowie dem Integrationsbeauftragten Peter Schleibinger, der Bildungskoordinatorin für Neuzugewanderte Galina Römmert-Rühle und Heike Wiethop vom BfZ Pfaffenhofen zur ersten Unterrichtsstunde in Wolnzach begrüßt. −Foto: Zurek

Wolnzach (WZ) In Wolnzach startet derzeit ein Pilotprojekt zur sprachlichen Weiterbildung von Beschäftigten mit Migrationshintergrund. Das Besondere daran: Der Unterricht findet abends in Kleingruppen vor Ort statt, um den Arbeitnehmern oder Auszubildenden die Teilnahme überhaupt möglich zu machen.

Peter Schleibinger begrüßt als in Wolnzach zuständiger Integrationsberater des Landratsamtes die Initiative in Trägerschaft des Beruflichen Fortbildungszentrum (bfz) Pfaffenhofen mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Immer wieder war er mit dem Wunsch von Arbeitgebern konfrontiert worden, die Deutschkenntnisse "der dringend benötigten Hilfskräfte und Auszubildenden mit Migrationshintergrund zu verbessern". Bisher scheiterte dieses Ansinnen mangels geeigneter Kurse, die zeitlich und räumlich für die Arbeitnehmer erreichbar waren. Die Lücke wurde vor Ort nicht selten von ehrenamtlichen Helfern geschlossen. Dass nun aus dem Fonds des Asylkreises auch Mittel zur Unterstützung des Pilotprojektes fließen, dafür sind die Organisatoren dankbar.

Wie es überhaupt zu dem bisher im Landkreis einzigartigen Kursangebot gekommen ist, erläutert Galina Römmert-Rühle. "Normalerweise werden berufsbezogene Sprachkurse erst ab einer Teilnehmerzahl von 15 Personen zugelassen", so die Bildungskoordinatorin für Neuzugewanderte. Der Landkreis Pfaffenhofen sei wegen der herrschenden Vollbeschäftigung nun aber als Region mit geringem Teilnahmepotenzial eingestuft worden. Was sich als Chance erweise, denn daraus ergebe sich das Recht, bereits ab sieben Teilnehmern einen Kurs einzurichten. "So können wir nun erstmals direkt am Wohnort der Interessenten Kleingruppen anbieten", so die Mitarbeiterin des Landratsamtes. Der Vorteil: Arbeitnehmer und Azubis brauchen kein Fahrzeug, um Sprachkurse in Pfaffenhofen oder Ingolstadt zu besuchen. "Das war bisher eine große Hürde, sind doch viele Orte nur schlecht an den Öffentlichen Personennahverkehr angebunden und das Thema Mobilität im Landkreis ein Dauerproblem", so Römmert-Rühle. Das zweite Plus sei die Möglichkeit, Unterrichtsstunden in den Abend zu verlegen, so dass sie mit dem Berufsalltag zu vereinbaren sind.

Im Landratsamt sei man dem Bfz dankbar für die Bereitschaft, "ihren Unterricht aus den eigenen Räumen in Pfaffenhofen hinaus zu verlagern", erklärt Römmert-Rühle. Bfz-Koordinatorin Heike Wiethop freut sich, dass das Bamf die Sondernutzung des Gemeinschaftsraums der Asylbewerberunterkunft in der Hochstatt als "Klassenzimmer" genehmigt hat. Die derzeit acht Schüler aus Rumänien, Polen und Afghanistan freuen sich, die Hürden für eine Teilnahme erfolgreich genommen zu haben.

Zugelassen wurden in Wolnzach EU-Ausländer und Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive, die den Nachweis einer Ausbildungsstelle oder eines Beschäftigungsverhältnisses erbrachten und in einer Aufnahmeprüfung dem Niveau A2 entsprechende Sprachkenntnisse bewiesen. Für die Hälfte der Kosten müssen sie selber aufkommen, der Rest ist vom Bamf gefördert. Lediglich Auszubildende sind ganz von den Gebühren befreit. Gefragt, warum sie sich um einen Platz bemüht haben, geben die Teilnehmer aus Wolnzach alle ähnliche Gründe an - allen voran weil der Lernort erreichbar und die Unterrichtszeiten mit der Arbeit vereinbar sind. Ein 32-jähriger Fliesenleger und Trockenbauer aus Rumänien möchte sich jedoch nicht nur im Beruf besser verständigen können. "Meine Tochter geht in den Kindergarten, ich will ihr helfen, gut Deutsch zu lernen", sagt der Capo eines örtlichen Unternehmens. Eine zweifache Mutter aus Polen, die derzeit noch als Produktionshelferin tätig ist, erhofft sich "mit mehr Sprachkenntnissen einen besseren Job". Sich mit den von ihm betreuten Menschen nicht nur über Alltägliches verständigen zu können, ist das Ziel des Altenpflegers aus Rumänien, der dafür mit 59 Jahren gerne die Schulbank drückt. Für einen aus Afghanistan geflüchteten jungen Mann, der seit einem Jahr Hausmeister-Hilfsdienste verrichtet, ist es "eine gute Chance, mein Deutsch zu verbessern". Und sein Landsmann erhofft sich als Schlosser im vierten Lehrjahr Pluspunkte für die Abschlussprüfung.

Zweimal die Woche werden sie ab 17.30 Uhr in Wolnzach die Schulbank drücken und 300 Stunden Unterricht unter der Leitung ihrer Lehrerin Beate Niedermeier absolvieren. Weitere 100 Stunden sind für die Vorbereitung auf die Prüfung angesetzt. So sie diese bestehen, haben die Probanden einen weiteren wichtigen Schritt zur Integration getan.

Maggie Zurek