Alte Spitalkirchenorgel wieder entdeckt

04.07.2007 | Stand 03.12.2020, 6:39 Uhr

Die alte Orgel der Spitalkirche wurde im Jahr 1938 vom damaligen Bürgermeister Otto Bauer für propagandistische Feiern der Nationalsozialisten in den Rathaussaal eingebaut.

Pfaffenhofen (PK) Jahrzehnte lang moderte sie im Speicher des Pfaffenhofener Rathauses vor sich hin: Jetzt wurde die alte Orgel der Spitalkirche bei den laufenden Umbauarbeiten im Rathaus wieder entdeckt und ist mittlerweile in einem Kellerraum des städtischen Bauamtes untergebracht.

Die im Jahre 1875 von der Firma Steinmeyer aus Öttingen eingebaute Spitalkirchen-Orgel wurde in der Zeit des Nationalsozialismus widerrechtlich aus der Spitalkirche entfernt und für Propagandazwecke missbraucht, zum Beispiel auch für so genannte "Bluthochzeiten" von SS-Angehörigen.

Wie Reinhard Haiplik in seinem Buch "Pfaffenhofen unterm Hakenkreuz" beschreibt, hatte der damalige Bürgermeister Otto Bauer im Jahr 1938 die Orgel aus der Spitalkirche entfernen und sie im Rathaussaal wieder aufbauen lassen. Protesten des bischöflichen Ordinariats in Augsburg begegnete er mit dem Hinweis, dass die Spitalkirche im Besitz der Heilig-Geist- und Gritsch‘schen Fundationsstiftung sei und somit unter kommunaler Verwaltung stehe. Außerdem verwies Bauer darauf, dass die Orgel repariert werden müsse und ihren Zweck in der Kirche nicht mehr erfüllen könne. Dem Ordinariat schrieb er: "Durch die Neugestaltung des Rathaussaales, in dem künftig alle Veranstaltungen kultureller und musikalischer Art abgehalten werden, wird die instand gesetzte Orgel reichlich wieder im Dienste der Volksgemeinschaft zur Hebung des kulturellen und geistigen Lebens Verwendung finden." Bauer versprach, als Ersatz ein Harmonium und zu geeigneter Zeit wieder eine Orgel in die Kirche einbauen zu lassen, was dann auch einige Monate später geschah. Diese bereits gebrauchte Ersatz-Orgel blieb bis Anfang der 1970er Jahre in der Spitalkirche. Im Mai 1974 wurde ein neues Instrument aus der Augsburger Orgelbauer-Werkstatt Kubak eingeweiht.

Nach Ansicht von Reinhard Haiplik wäre es bedauerlich, wenn die wieder entdeckte 130 Jahre alte Spitalkirchenorgel als "Monument der Zeitgeschichte" den Bürgerinnen und Bürgern für alle Zeiten vorenthalten bliebe und vollends verfiele. Er bittet deshalb in seinem Antrag um Überprüfung, ob finanzielle Mittel für eine Reparatur bereitgestellt werden können. "Vielleicht könnte sie dann im Heimatmuseum eine neue, würdige Bleibe finden und so einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden", so Haiplik.