Neuburg
Alte Musik lebendig gespielt

Das Trio Il Quadro Animato gewinnt den Neuburger Biagio-Marini-Wettbewerb

15.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:25 Uhr

Glücklich winken die doppelten Preisträger (Publikumspreis plus zweiter Preis) von Nexus Baroque mit ihren Urkunden und Schecks in den Neuburger Kongregationssaal. - Foto: Heumann

Neuburg (DK) Da waren sich diesmal ein bestgelaunt wie höchst anspruchsvoll verwöhntes Auditorium wie die hochkarätig besetzte Fachjury (ziemlich) einig. Sowohl Publikums- wie zweiter Preis des 17. Biagio-Marini-Wettbewerbs in Neuburg gingen an das Ensemble Nexus Baroque für das mit Abstand impulsivste Spiel des Abends. Noch höher bewertet wurde allerdings die impulsive Akribie das Sieger-Trios Il Quadro Animato, das an der Frankfurter Musikhochschule zusammengefunden hatte.

Durch die Bank indes gilt: Es wird bei diesem Wettbewerb, der zeitlich zwar eingebettet ist in die parallel laufende Neuburger Sommerakademie mit ihrem eigenen Schwerpunkt auf Alter Musik, insofern aber streng geschieden, dass Akademie-Teilnehmer im nämlichen Jahr vom Wettbewerb dezidiert ausgeschlossen bleiben, auf ausgesprochen hohem Niveau musiziert. Obwohl im Preisgeld mit insgesamt gerade mal 3000 Euro durchaus überschaubar, hat sich der Wettbewerb einen Namen in der Alten-Musik-Szene gemacht. Mit dem Namensgeber Biagio Marini wird daran erinnert, dass als Ergebnis Wittelsbacher Erbstreitigkeiten die Donaustadt im 16. Jahrhundert als neugegründete Pfalzgrafschaft im Politgeschäft der Großen mitmischen durfte, Bedeutsames auch auf kulturellem Gebiet zuwege brachte, die Bocksberger-Fresken im ältesten protestantischen Sakralbau, die gerade in einer großen Ausstellung wieder in den Fokus gerückte Ottheinrichbibel oder Rubens' "Jüngstes Gericht", das Zentralgemälde der Alten Pinakothek einst für Neuburgs Hofkirche gemalt, nur als Stichpunkte dazu. Bekanntester Vertreter der ebenfalls in der ersten Liga mitspielenden Hofkapelle ist eben Biagio Marini, voran dessen Flötenkonzerte zum Innovativsten ihrer Zeit rechnen.

Die Doppelpreisträger von Nexus Baroque hatten Marini denn auch im Gepäck: impulsiv interpretiert, die individuellen Stärken der Quartett-Besetzung (zweimal Flöte, Cello, Cembalo) vollends ausspielend und durchaus mit gewissen rhythmischen Freiheiten, die dieser Musik aus einer aufregenden Übergangszeit ausgesprochene Lebendigkeit verlieh. Die war in den Ohren der mit Professoren verschiedener Hochschulen und Solisten der Akademie für Alte Musik Berlin besetzten Jury mehr noch Wert als der Klangfarbenreichtum von Formationen wie Arte Sonora mit zwei frech auftrumpfenden, gar nicht alt anmutenden Blockflöten oder Carte Blanche, wo die Oboe zusätzliche Klangfarbe reinbrachte. "Reiner Zufall", so Wettbewerbsleiter Georg Brunner (Hochschule Freiburg), dass es heuer fast zu einem Flöten-Diskurs kam. 17 Ensembles hatten sich beworben, sechs wurden schließlich eingeladen, fünf von ihnen mit Flöte(n) im Solopart; einzig der Russe Alexey Fokin unterzog sich mit Melas Drymos einem angestrengt konzentrierten Violin-Exerzitium.

Australien ist der einzige unter den Teilnehmern nicht vertretene Kontinent - das spricht für das erlangte internationale Renommee des Wettbewerbs. Jeweils 15 Minuten blieben jeder Formation mit Altersbegrenzung 35 Jahre, von sich zu überzeugen.

Besonders reizvoll dann direkte Vergleiche: Georg Philipp Telemann mit modernerem Instrumentarium durch Tres Anime oder in der reinen Trio-Besetzung Lorenzo Gabriele Traversflöte, Isabel Walter mit der einzigen Gambe des Abends und die Sicherheit garantierende Flora Fabri am Cembalo der Wettbewerbssieger Il Quadro Animato, der Name einer Kantate des österreichischen Barockkomponisten Georg Christoph Wagenseil entliehen. Saubere Artikulation und stilistische Prägnanz überzeugten. Gekürt wurde damit auch eine nicht nur zu Ad-hoc-Zwecken eingegangene Wettbewerbs-Ehe, sondern eine Formation mit durchaus ehrgeizigen Zukunftszielen.