Vohburg
Als Vohburg noch eine Burg hatte

Der neue szenische Stadtrundgang erzählt vom Leben im Mittelalter Heute offizielle Premiere

22.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:38 Uhr

Zahnschmerzen sind kein Spaß: heute nicht und damals im Mittelalter noch viel weniger. Dafür hat die neue szenische Stadtführung für die Teilnehmer einen umso größeren Unterhaltungswert. Stadtführer Peter Sixt erzählt zwischen den Szenen Humorvolles und Informatives. - Fotos: Meßner

Vohburg (PK) Die arme Frau schreit vor Schmerzen. Sie trägt einen Verband um den Kopf und hält sich die geschwollene Backe. Ein Bader tritt auf - und glücklicherweise bietet er seine kompetente Hilfe an: "Habt keine Angst, habt keine Bange - Zahnweh vergeht mit dieser Zange." Kompetent? Glücklicherweise? Na von wegen, mal aus Sicht der guten Frau betrachtet.

Beim Anblick der Beißzange schwillt ihr Wehklagen noch einmal ganz gehörig an. Doch was bleibt ihr schon übrig, angesichts der stechenden Schmerzen? Hell und unerträglich. Was gibt es Schlimmeres als Zahnweh? Sie setzt sich zögernd auf den Stuhl, der Bader kommt über sie, setzt sein Werkzeug an - und mit einem Ruck hält er den blutigen Zahn in die Höhe. Das Publikum hat gut Lachen. Es ist angetan - und applaudiert.

Was sich im Mittelalter durchaus so schmerzhaft abgespielt haben könnte, sorgt im Jahr 2016 im Burginnenhof in Vohburg für amüsante Unterhaltung. "Leben auf der VohBurg" heißt der neue, szenische Stadtrundgang mit den Fuchsburgzauberern. Die Premiere ist geschafft. Nach dem überwältigenden Erfolg der Napoleon-Führungen im vergangenen Jahr haben sich die Fuchsburgzauberer dieses Mal der Burg in der Herzogsstadt angenommen.

Die beiden Stadtführer Peter Sixt und Martin Schels stehen im Foyer der Mediathek und haben ein Problem. "Die Burg ist nicht mehr da", sagt Sixt. Doch genau darum soll es gehen. "Wir wollen euch von einer Zeit erzählen, als Vohburg noch eine Burg hatte." Mithilfe der großen Multimediawand erklären die Stadtführer anhand einer Rekonstruktion, wie die Burg früher wohl einmal ausgesehen hat. Es gibt Bilder, die - mal mehr, mal weniger authentisch - einen guten Eindruck davon vermitteln, wie imposant das Gebäude einmal gewirkt haben mag.

Nach dieser kurzen Einführung geht die Gruppe in den Keller des Pflegerschlosses. Dort werden die Gäste Zeugen eines Gesprächs der neuen hochgelobten Burgköchin mit einem altgedienten Diener. Es geht um die Küche jener Zeit. Um kostbare Gewürze aus dem unvorstellbar weit entfernten Indien. Um verrauchte Küchen und den Luxus eines Kamins. Nach der Szene fügen die Stadtführer noch weitere Informationen und kleine Geschichten hinzu. Etwa, dass es damals nur Spieße und keine Gabeln gab, weil die Zacken an den Teufel erinnern. Und woher die Redewendung "den Löffel abgeben" kommt.

Dass diese Burgköchinnen-Szene im Keller des Pflegerschlosses spielt, ist zwar nicht authentisch. Denn das Gebäude stammt schließlich "nur" aus dem 18. Jahrhundert. Da war das Mittelalter bekanntlich längst vorbei. Aber das Gewölbe transportiert dennoch die passende Atmosphäre - und die wieder einmal aufwendig gestalteten Kostüme überzeugen außerdem die Zuschauer bis ins kleinste Detail.

Mit diesem szenischen Stadtrundgang haben sich die Fuchsburgzauberer eine Mammutaufgabe aufgeladen. Denn die Führung deckt einen immens langen Zeitraum ab, etwa von 800 bis 1600. Unzählige Herrscher sind in dieser Zeit gekommen und wieder gegangen, die Burg wurde wiederholt zerstört und wieder aufgebaut. Und genau genommen ist die wohlbekannte Baderstochter namens Agnes Bernauer nicht mehr als eine kleine Randnotiz in dieser Geschichte.

Schels und Sixt erzählen davon, wie die Menschen wohl im Mittelalter auf der Burg und im Schatten derselben gelebt haben. Sie genossen einerseits den Schutz des Patrons, mussten andererseits dafür aber den "Zehent", also den zehnten Teil ihres Einkommens bezahlen. Auch dieses Thema wird in einer amüsanten Szene im Burgtor aufgegriffen. Darüber hinaus geht es aber auch um die Bedeutung Vohburgs, beispielsweise als Finanzamt der Wittelsbacher.

Bei einem Rundgang durch den Burginnenhof greifen sich Sixt und Schels einzelne Aspekte heraus und vermitteln diese anschaulich. Die beiden letzten Szenen spielen dann innerhalb der Stadt, außerhalb der Burgmauer. Am Ende ist es vor allem die gelungene Kombination aus den Szenen und den Informationen der Stadtführer, die den Rundgang zu einer kurzweiligen und gleichzeitig lehrreichen Veranstaltung machen.

n Tickets für den szenischen Stadtrundgang "Leben auf der VohBurg" gibt es ab sofort zum Preis von acht Euro im Tourismusbüro in Vohburg in der Mediathek. Die zwölf Fuchsburgzauberer bieten den Rundgang alle zwei Wochen mittwochs und freitags an. Das heißt, sie spielen zweimal und legen dann eine Woche Pause ein, ehe sie wieder loslegen.

Die Napoleon-Führungen im vergangenen Jahr haben weit mehr als 1000 Gäste besucht, und auch die Nachfrage nach dem neuen Angebot ist groß, viele Karten sind bereits verkauft. Als Stadtführer werden Peter Sixt und Martin Schels auftreten. Derzeit ist geplant, die Aufführungen bis in den Herbst laufen zu lassen. Treffpunkt an den Spielterminen ist das Tourismusbüro, Telefon (08457) 9 36 97 00.