Schrobenhausen
Als Vize-Europameister nach Brasilien

Kartpilot Maxi Fleischmann peilt bei der WM erneute Top-Ten-Plazierung an

02.11.2018 | Stand 23.09.2023, 4:51 Uhr
Auf dem Siegerpodest: Maxi Fleischmann (l.) wurde heuer erstmals EM-Zeiter. −Foto: kx

Schrobenhausen (SZ) Herausragende Platzierungen fuhr Maxi Fleischmann ja schon einige ein. Aber EM-Zweiter in seiner Klasse "DD2 Rotax"? Das hatte selbst der Kartpilot aus Schrobenhausen noch nie geschafft - zumindest bis jetzt, bis ihm das im Herbst 2018 doch erstmals gelang. Und wer weiß, vielleicht kann er den größten Erfolg in seiner Karriere schon sehr bald toppen - bei der Weltmeisterschaft heuer. Zwischen dem 24. November und dem 2. Dezember wird diese im Nordosten Brasiliens ausgetragen - im dortigen Bundesstaat Paraíba, rund 7750 Kilometer von Fleischmanns Heimat entfernt.

Der 24-Jährige liebt Fleisch. Ein Schweinsbraten seiner Mama, dazu ein paar Knödel - und er ist überglücklich. Nur dumm für ihn, dass er aktuell darauf verzichten muss. Stattdessen auf seinem Menüplan: kalte Brühe. Und das jeden Abend. "Das schmeckt genauso lecker wie es sich anhört", verrät der Schrobenhausener mit süßsaurem Lächeln: "Aber es hilft ja nichts. Bis es in Südamerika ernst wird, muss ich noch vier Kilo abnehmen - ansonsten wäre ich dort von vornherein chancenlos."
Ja, es ist schon ein Kreuz mit diesen Welttitelkämpfen. Während sich bei der Europameisterschaft diejenigen Fahrer durchsetzen, die das gesamte Jahr über die besten Ergebnisse eingefahren haben, geht es bei der WM um ein einziges Rennen: Wer das gewinnt, ist der Champion - völlig egal, was in den Wochen und Monaten zuvor geschehen war. "Dementsprechend benötigst Du hierbei auch eine Riesenportion Glück, dass Du nicht unverschuldet in einen Unfall gerätst, dass Du nicht unverschuldet irgendeinen technischen Defekt hast. Und so weiter, und so weiter", weiß Fleischmann.
Lediglich mit Helm und Rennanzug geht es für den 24-Jährigen in Bälde an den "Circuito International Paladino". Die Karts selbst werden bei einer Weltmeisterschaft ja traditionell gestellt, damit kein Starter in dieser Hinsicht einen Vorteil besitzt. "Aber den haben die Teilnehmer aus Südamerika dafür in anderer Hinsicht - denn sie kennen die Strecke bereits, während alle anderen Fahrer zunächst mal auf völliges Neuland kommen." Fünf Trainings a zehn Minuten gibt es dann, um sich einigermaßen mit den Gegebenheiten anzufreunden - mit dem Asphalt, den Kurven, den Schwierigkeiten ganz allgemein. Das ist nicht viel. Andererseits sind aber auch wirklich nur die weltbesten DD2-Rotaxpiloten am Start. Exakt 72 Stück. Und Fleischmann mittendrin in diesem illustren Feld.
Sein Ziel im Nordosten Brasiliens? "Eine schwierige Frage", meint der Student: "Es hängt halt alles von so vielen Kleinigkeiten ab, die von mir mitunter nicht beeinflusst werden können - von daher wäre eine erneute Top-Ten-Platzierung schon supertoll." Eine solche wie bereits im Vorjahr, als er bei der WM in Portugal starker Fünfter geworden war. Nur damals hatte Fleischmann "nur" rund 2000 Kilometer anreisen müssen, jetzt ist es ein Vielfaches - inklusive Zeitumstellung.

"Aber dafür komme ich jetzt an einen Ort, den ich in meinem ganzen Leben vielleicht nie mehr wieder sehe", sagt der 24-Jährige sofort. Die Vorfreude auf Südamerika im Allgemeinen, auf Paraíba im Speziellen - sie ist schlichtweg riesengroß bei ihm. Und bei aller Konzentration auf das sportliche Großereignis - der touristische Aspekt soll bei der Reise nicht komplett außen vor bleiben. "Ja, ich werde auch meine Badehose einpacken", so Fleischmann augenzwinkernd. Konkret bedeutet das: Er, seine Familie sowie sein FM-Racingteam fliegen schon "ein bisschen früher als nötig" über den Großen Teich - und "ein bisschen später" wieder heim. Etwas Vergnügen muss schließlich auch sein - gerade nach einer Saison, die dem 24-Jährigen ja schon jetzt den größten Erfolg seiner bisherigen Kartfahrerlaufbahn bescherte.
Womit wir wieder bei seinem zweiten Platz in der Europameisterschaftswertung 2018 wären. "Ich wollte heuer besser sein als im Vorjahr, als ich Dritter geworden war - und das ist mir nun gelungen", sagt er dazu. Ja, einerseits sei er schon mächtig stolz darauf. Aber andererseits?.?.?. Der Schrobenhausener kommt ins Überlegen. Wäre eventuell sogar noch mehr drin gewesen, wenn ihn bittere Ausfälle beziehungsweise Unfälle ohne eigenes Zutun nicht vorentscheidend zurückgeworfen hätten? "Ganz ehrlich, vom Glück wurden wir heuer tatsächlich nicht gerade verfolgt", gibt Fleischmann zu: "Aber Martin Mortensen aus Dänemark wäre wohl trotzdem nicht zu knacken gewesen. Er holte sich verdientermaßen den EM-Titel, er hatte das bessere Gesamtpaket - und ich war in einem sehr guten Feld immerhin besser als der Rest."
Ähnlich lief's für den Schrobenhausener heuer in der Wertung zur Deutschen Meisterschaft: Auch hier musste er sich zum Schluss mit Rang zwei (hinter Niklas Gränz aus dem hessischen Hungen) begnügen - ohne dass er wirklich viel dafür konnte. "Nach den ersten beiden Wochenenden hatte ich schon drei Ausfälle auf meinem Konto - und da es nur zwei Streichresultate gab, konnte ich den Titel bereits frühzeitig vergessen." Dass Fleischmann trotzdem bis zum Ende der DM-Serie bis in die Haarspitzen motiviert weiterfuhr, sich in keiner Phase des Jahres hängen ließ - für ihn eine Selbstverständlichkeit "Als Rennfahrer will ich immer gewinnen, wenn ich auf die Strecke gehe - ansonsten könnte ich ja gleich zu Hause bleiben. Ich denke nur von Rennen zu Rennen - und nicht an irgendwelche Gesamtwertungen. Das kann ich zum Schluss immer noch tun."

Er liebt seinen Sport. Weiterhin, ohne Abstriche. "Ohne Kartfahren geht es für mich nicht", so der 24-jährige Energietechnikstudent. An ein Kürzertreten oder gar Karriereende sei folglich nicht im Entferntesten gedacht. "Auf gutem Niveau kann man definitiv fahren, bis man 35 ist", verrät er lächelnd: "Da habe ich noch einige Zeit hin." Dass Kartfahren nicht gerade billig ist, dass ihm kein so großes Budget zur Verfügung steht wie Teilen seiner Kontrahenten - der Schrobenhausener jammert nicht darüber, sondern sieht es viel mehr als zusätzliche Herausforderung: "Wir bei unserem FM-Racingteam versuchen das eben mit Engagement sowie leidenschaftlicher Arbeit wettzumachen. Und einige regionale Sponsoren haben wir ja auch, für deren Unterstützung wir sehr dankbar sind."

Ein paar Tage sind es nun schon noch hin, bis Fleischmann mit seiner Familie in München in den Flieger steigt - um über Madrid und São Paulo in den Nordosten Brasilien zu reisen. Ein paar Tage, an denen eben auch noch so manche kalte Brühe angesagt ist. "Inklusive Kartklamotten sollte ich bei der WM nicht mehr als 79 Kilo wiegen", erklärt der 1,81 Meter großen Vize-Europameister: "Also müssen die bereits erwähnten fünf Kilogramm noch bei mir runter - schließlich soll mein großer Traum nicht an so etwas Lächerlichem scheitern wie am Gewicht. Ich möchte bei der WM etwas erreichen, also mache ich alles dafür - selbst wenn es mir im wahrsten Sinne des Wortes nicht immer schmeckt."

Roland Kaufmann