Eichstätt
Als noch der "Dampf" kam

Gutsbesitzer und Ökonomen gründeten 1860 die erste Dreschgenossenschaft

25.01.2013 | Stand 03.12.2020, 0:34 Uhr

Dampflokomobile und Dreschmaschine im Einsatz in Meilenhofen 1909. Das war damals ein Ereignis für das ganze Dorf - Foto: Historischer Verein

Eichstätt (EK) Noch zehn Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg mähten kleine Bauern Getreidefelder per Hand mit der Sense und fuhren die Garben mit dem Kuhfuhrwerk heim.

Dabei begann die Zeit des mechanischen Dreschens und Mahlens des Getreides schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Jedenfalls wurde am bereits 30. Dezember 1860 in Eichstätt die „Dampf-Dresch-Genossenschaft“ gegründet, wie aus Dokumenten im Stadtarchiv zu ersehen ist. Der erste Vorsitzende und wohl auch Initiator war der Rebdorfer Staatsgutverwalter am Arbeitshaus, der Ökonom Ferdinand Durig. Mit ins Boot holte er den königlichen Bezirks-Geometer Georg Düll, den Ökonom Albrecht Nonne von Lohrmannshof und den Ökonom Pfahler von Birkhof (beide Weiler der Gemeinde Schernfeld). Später machten weitere Gutsbesitzer mit, wie etwa Emil Schwarz von Wittenfeld (Gemeinde Adelschlag), Landwirt Stadtmüller von Ochsenfeld, Landwirt Lange von Pfünz und der Bauer Raila von Rebdorf sowie als Kassier der jüdische Kaufmann Meyer Dachauer.

ANNO DAZUMAL

Die Bauern des Bezirks (Landkreis) Eichstätt konnten zum ersten Mal einer von einer Dampflokomobile angetriebenen Dreschmaschine am Mittwoch, 14. September 1864, und an beiden folgenden Tagen, zuschauen. Die Veranstaltung im Gut Lohrmannshof wurde vom Landwirtschaftlichen Bezirks-Comité unter Vorsitz des Eichstätter Bürgermeisters Georg Fehlner ausgerichtet. In der Ankündigung dieser Sensation heißt es: „Diese Dreschmaschine drischt am Tag 60 Schober Getreide und liefert dasselbe zugleich fertig geputzt in die Säcke.“

Später wurden mehrere dieser schwarzen Ungetüme und Dreschmaschinen angeschafft und Genossenschaften gebildet. Die Maschinen wurden von Hof zu Hof gefahren, und mit ihnen das Getreide im Herbst und Winter gedroschen. Die erste Dampfdreschmaschine im Bezirk schaffte 1864 Ferdinand Durig für das Gut des Arbeitshauses Rebdorf an. Die „Exzenter-Dampf-Dreschmaschine“ wurde schon seit 1840 in England gebaut und nach Deutschland geliefert. In einem Firmenprospekt aus dem Jahr 1890 heißt es: „Die Maschinen sind nach 15 bis 20 Jahren Benutzung noch voll diensttauglich.“ Die Dampfmaschinen und die Dreschmaschinen wurden von bayerischen Gutsbesitzern und größeren Bauern „über den Schellenkönig“ gelobt. Josef Breitmair aus Biberbach, Post Röhrmoos, schrieb: „Die Dampfdreschgarnitur mit sechs Pferdestärken hat einen geringen Brennmaterialverbrauch, macht rasch Dampf und zeichnet sich durch ruhigen Gang aus. Die Maschine reinigt das Getreide vorzüglich.“

Eine Garnitur mit Dreschmaschine und Lokomobile, sechs Pferdestärken (PS), kostete um das Jahr 1880 rund 6500 Mark.

Das Bezirksamt hatte strenge Vorschriften zum Betrieb der Lokomobilen erlassen. Danach durften sie nicht an Gebäuden und nicht zu nahe an Scheunen und Häusern angefeuert werden. Von Strohschobern musste die Lokomobile mindestens fünf Meter entfernt stehen. Die Bedienungen der Lokomobilen mussten „sachverständig, über 18 Jahre alt, männlich und stets nüchtern“ sein. Das Rauchen während des Dreschens war verboten.

Aufregende Tage waren es für die Bauersleute, das Gesinde und die Kinder, wenn „der Dampf“ und die Dreschmaschine auf den Hof kamen. Freilich war die Arbeit auch schwer, und laut ging es zu. Die Garben waren heranzuschaffen, und das in Zwei-Zentner-Säcke gefüllte Getreide musste auf den „Troadbodn“, den Getreideboden, getragen werden. Herumfliegendes „Gsod“, die Spelzen also, Unkrautsamen und Grannen plagten die schwitzenden Knechte und Dirnen. Zum Ausgleich wurde kräftig gegessen und getrunken.

Im Jahr 1864 bewarb sich die Genossenschaft auch noch um die Konzession für den „Betrieb einer ambulanten Dampfmahlmaschine englischer Konstruktion“. Damit sollte gleich auf den Bauernhöfen aus den Getreidekörnern Mehl gewonnen werden. Im Gegensatz zum Dreschen hat sich das Mahlen wohl nicht bewährt, denn davon sind aus späterer Zeit keine Hinweise mehr zu finden. Die Mühlen an Altmühl und den Bächen im Landkreis wie Gailach, Anlauter, Schutter und Schambach florierten dagegen.

Im Jahr 1880 ging im Rathaus in Eichstätt die Mitteilung von der Auflösung der „Dampf-Drescher“ ohne eine Begründung für diesen Schritt ein. Die schwarzen Kraftmaschinen aber taten noch viele Jahrzehnte ihre guten Dienste.