Als Jugendliche kräftig angestachelt

10.08.2006 | Stand 03.12.2020, 7:38 Uhr

Ingolstadt/Lenting (DK) Sie hat nicht mitgezählt, wie viele Bienenstiche sie schon bekommen hat. Nicht die leckeren Kuchenstücke, sondern die schemrhaften vom Stachel der kleinen Honigsammler. Nicht hundert, eher tausend oder mehr mögen es gewesen sein, Inge Steger hat sich daran gewöhnt. Der Umgang mit diesen nützlichen Insekten ist für sie der Alltag. Ohne Bienen kein Leben, einfach unvorstellbar, und dies seit über 40 Jahren.

Ihr Vater hat sie damals angestachelt, spannte sie zu Hilfsdiensten ein, obwohl ihr das zuwider war. Sie hätte es lieber gehabt, wenn der Papa etwas anderes gezüchtet hätte, Hunde zum Beispiel.

Der Vater hat sie eingebunden

Das war in der Zimmermannstraße in Kothau, wo Vater Rudolf Kern, animiert von einem erfahrenen Köschinger Bienenzüchter namens Kraus, mit einem Bienenkorb anfing. Es wurden mehr und mehr, Tochter Inge wurde eingebunden. "Mach dies, gib mir das", sie war Assistentin und Lehrling in einem Metier, das ein fundiertes Wissen über die Welt dieser Insekten braucht.

Inge, Jahrgang 1948, damals noch nicht erwachsen, bekam auch die ersten Stiche, weil, wie sie sich erinnert, "die damaligen Bienenrassen noch viel stechlustiger gewesen sind".

Irgendwann aber würde diese Stecherei ein Ende haben, tröstete sich das Mädchen, denn Imkerin wollte es zu allerletzt werden. Der Vater, Maurermeister, mutete dem Töchterlein sogar eine Maurerlehre zu, damals ungewöhnlich. Die Mutter war entsetzt. Schließlich kam eine Bürokauffrau heraus, die 1969 ihren Heiner heiratete und 1970 Tochter Christine bekam.

Ende der 60er Jahre orientierte sich der Vater in Richtung Lenting, am Rehsteig im Westen wurde ein Haus gebaut. In Eigenarbeit, schuldenfrei, sechs Jahre zog sich das hin. Unweit davon, auf dem zehn Jahre zuvor von der Gemeinde aufgeforsteten Güssbuckel, stand vorher schon das Bienenhaus mit ein paar Völkern. Letztlich wurden 18 daraus, wahrlich mit einer Millionenbevölkerung.

Als der Vater (er starb 2003) vor etwa 15 Jahren mehr und mehr von einer Krankheit behindert wurde, stieg die Tochter vollends ein. Aus der Abneigung gegenüber dieser Tiergattung war längst innige Zuneigung geworden. Zwölf Völker mit immerhin über 700 000 Bewohnern der Rassen "Carnica" und "Buckfast" hat sie behalten, drei davon sind als so genannte Ableger im Hausgarten, vor allem wegen der besseren Übersicht bei der Nachzucht von Königinnen.

Sie ist natürlich auch Chefin geworden. Ein ganz und gar leidenschaftlicher Helfer ist mit Schwiegersohn Günter nachgewachsen. Enkelin Kathrin (zehn Jahre) ist auch begeistert und will Imkerin werden, sagt sie. Einen eigenen Anzug hat sie bereits. Und Ehemann Heiner, der den Bammel vor echten Bienenstichen nie ganz verdrängen kann, gehört auch zum Familienbetrieb. Er hilft beim Honigschleudern und bei der Bereitung von Zuckerwasser für die Bienen, hat im Keller eine eigene Werkstatt zur Fertigung oder Reparatur von Stöcken und Waben.

Inge Steger kennt sich am besten aus im Bienenreich. Sie unterscheidet mit kundigem Blick die Arbeitsbienen, die ausfliegen und den Grundstoff für den Honig heimbringen, von den Stockbienen, die daheim für Ordnung sorgen. Da sind auch die Drohnen, die männlichen Bewohner, sie sind kleiner und g´wamperter, die Königinnen erkennt man am längeren interteil – die Imkerin hat dafür eine entschieden volksnähere Bezeichnung.

Sie hat auch durchaus humane Grundsätze, wie den, die Bienenvölker nicht auszuräubern, das heißt, den letzten Tropfen Honig abzuschleudern. "Die Bienen tragen den Honig ja für sich heim, nicht für uns, also lass’ ich ihnen jeweils zwei volle Waben im Stock."

Inge Steger kennt ihre Völker, nennt sie ein Wunder der Natur, möchte zu gerne dahinter kommen, wie sie sich untereinander verständigen. "Da wackelt am Stock eine auffällig mit dem Hintern, sie hat etwas entdeckt, es dauert nicht lange, bis die andern dann massenweise hinter ihr herfliegen." Das Bienenjahr geht zu Ende, im Winterhalbjahr wird die Arbeit etwas weniger. Dafür hat sich die Produktion angesammelt, pro Volk etwa ein Zentner Honig, drei verschiedene Sorten, sie werden verkauft.

"Königin gesehen, viele Weisel", steht ein Vermerk im Betriebsheft der Imkerin. Weisel? Darin befindet sich der Nachwuchs. Mit dem gibt es beim Volk der Bienen dieses Jahr nämlich keinerlei Probleme.