Geisenfeld
Als Gemeinschaft irgendwie überleben

Stadtkapelle will trotz Corona-Herausforderungen harmonisches Miteinander nicht nur musikalisch bewahren

03.05.2021 | Stand 23.09.2023, 18:21 Uhr
Auch mit thematisch wechselnden Foto-Challenges halten die Stadtkapellenmusiker den Draht zu einander aufrecht. Hier waren sie aufgefordert, sich als Ersatz für dass ausgefallene Jahreskonzert einzeln und in origineller Pose vor der Anton-Wolf-Halle ablichten zu lassen. −Foto: Stadtkapelle Geisenfeld

Geisenfeld - Sie fühlen sich als "starke Gemeinschaft", und das Orchester bestimmt normalerweise einen wesentlichen Teil ihrer Freizeit. Umso mehr vermissen die Aktiven der Stadtkapelle nicht nur die Proben, sondern auch Auftritte und Vereinsfeste, wie sie vor Corona ihren Terminkalender füllten.

"Sehr schwierig" findet Dirigent Daniel Bernet die Situation, denn die Musik ist sein "größtes und wichtigstes Hobby". Entsprechend "gewaltig" fühlen sich für den 26-Jährigen pandemiebedingte Einschnitte in diesem Bereich an. Der gebürtige Mittelfranke hat im Mai 2019 die Leitung der Stadtkapelle übernommen. Mit dem Jahreskonzert im nachfolgenden Frühling fiel seine offizielle Premiere dem Lockdown zum Opfer. "Das war sehr schade", urteilt Bernet mit Blick auch "auf das Herzblut, das alle Beteiligten in den Auftritt investiert haben."

Nach einem "sehr anstrengenden Jahr 2019", in dem die Kapelle neben den Schäffler-Auftritten so viele Engagements wie noch nie zuvor absolviert hatte, "haben wir beschlossen, uns angesichts des Infektionsgeschehens zunächst einfach eine "Auszeit" zu nehmen", so Bernet. Doch je länger der Ausnahmezustand anhielt, desto mehr war da "ein gefühltes Vakuum". Das galt es zu füllen. Aber wie? Viele Betroffene hatten durch Homeschooling, Homeoffice und diverse Video-Meetings schon Virtualität im Überfluss. Deshalb fiel der gemeinschaftliche Beschluss: Alle zwei Wochen gibt es als Ersatz für die Freitagsprobe eine Aktion - zum einen zur Förderung des sozialen Zusammenhalts, zum anderen, damit die Instrumente nicht einrosten. Hinsichtlich der "digitalen Proben" sieht der Dirigent zwar durchaus "pädagogische Vorteile". Geschmälert werden diese jedoch, weil jeder für sich allein spielt und ansonsten nur die Anweisungen des Mannes am Taktstock vernimmt. "Und ich kann meinerseits den Probenerfolg nur schwer einschätzen, weil ich die Musiker nicht höre", so der musikalische Leiter.

Dass nichts über "echte" Probenarbeit geht, bestätigt auch sein Amtsvorgänger Joachim Maßow. Mit neun Jahren ist er als Nachwuchstrompeter angetreten und dem Orchester nun schon seit fast 45 Jahren treu. "Die Kapelle ist einfach nach wie vor ein ganz wichtiges Element in meinem Leben", so der Prokurist eines Ingenieurbüros, der aus zeitlichen Gründen nach fast 20 Jahren den Taktstock übergeben hat. Dass infolge der Pandemie für ihn die Freitagabende ausnahmsweise einmal "frei" waren, sei "anfangs noch ganz schön gewesen", räumt er ein. Doch als sich die Pandemie hinzog, "hat mir das gemeinsame Musizieren immer mehr gefehlt", so der 53-Jährige. Inzwischen geht ihm die Situation "regelrecht an die Substanz". Denn weit mehr noch als beim Sport könne er beim Musizieren "zu 100 Prozent abschalten".

Und dann ist da noch eine Sorge, die Maßow angesichts der Einschränkungen durch das Virus besonders umtreibt: "Was wird aus unserer Jugend und dem Nachwuchs, so ganz ohne persönliche Kontakte zur Gruppe?"Ein Problem, für das die neue Doppelspitze des Jugendorchesters nach Lösungen sucht (gesonderter Bericht dazu folgt).

Dass in der Stadtkapelle nicht nur der musikalische Aspekt zählt, das betont der Vorsitzende Fabio Troiano. "Für viele von uns ist seit der vierten Klasse der Probenabend am Freitag ein fester Termin im Kalender", so der 28-Jährige, der bedauert: "Wegen der Coronakrise fehlt uns nun schon seit über einem Jahr die Gemeinschaft". Womit er mehr als die Übungsstunden, die Konzerte und das Feedback aus dem Publikum meint. "Auch das Drumherum - vom freundschaftlichen Ratsch hin zum Spaß bei Vereinsfesten - schweißt uns als Gruppe zusammen", betont er. Deshalb suche man "nach Ideen, wie wir den Draht zu einander aufrecht erhalten können". Im Wechsel mit den bereits erwähnten digitalen Proben zählen dazu etwa die Produktion einer Video-Collage im Polka-Takt oder thematisch wechselnde Foto-Challenges, bei der die Teilnehmer unter anderem mit viel Humor aufs Bild bannten, wie sie sich über ausfallende Proben hinweg trösten.

Der Vereinsvorsitzende bedauert, dass auch heuer das Jahreskonzert wieder ausfallen wird. Es wurde auf 23. April 2022 verschoben. "Bis dahin suchen wir gemeinsam nach Alternativen, die im Einklang mit den jeweiligen Regeln, kleinere Auftritte ermöglichen", so Troiano. Fans dürfen also vielleicht schon im Sommer auf ein Wiederhören hoffen.

GZ

Maggie Zurek