Eishockey
Als die Fans in den Bäumen saßen

15.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:12 Uhr

Eishockey war in Ingolstadt 1975 vor allem eines: neu. Erst 1974, zehn Jahre nach der Vereinsgründung des ERC, war das Stadion nach langem Kampf gebaut worden. Aber dann ging es rasant voran. Mit ein Grund dafür war auch der Auftritt der sowjetischen Nationalmannschaft, die im März 1975 als Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft in München ein Training in Ingolstadt absolvierten.

Stars wie Tretjak, Wassiljew, Michailow, Petrow oder Charlamow aus der legendären Sbornaja, die sich später überlegen den Titel holte, trieben da den Puck über das neue Eis. 600 Zuschauer lockte dieses Ereignis an, und das war erst der Anfang.

1975/76 spielten die Panther in der Landesliga ihre erste Saison im Ligenbetrieb. Nur zwei Jahre später stiegen sie mit Trainer Walter Auhuber bereits in die Bayernliga auf und lösten einen unglaublichen Boom aus. Als es im Spiel gegen den TSV Farchant um die Meisterschaft und den Aufstieg ging, drängten über 5000 Zuschauer ins Stadion. Kinokarten wurden als Eintrittskarten verkauft, auf dem Schwarzmarkt zahlten die Fans bis zu 20 Mark und dann war immer noch nicht sicher, ob man im Stadion etwas sah. Einige Unentwegte stiegen an der Jahnstraße auf ihr Autodach, um einen Blick auf das Eis zu erhaschen, andere kletterten in die Bäume oder versuchten auf dem schrägen Erdwall hinter den Zuschauerrängen Halt zu finden. Es half alles nichts – der ERC unterlag mit 3:7. Farchant wurde Meister, aber der ERC stieg trotzdem auf.

Mit einem Zuschauerschnitt von 3600 sorgte der Neuling bundesweit für Aufsehen und übertraf sogar die Kulisse manches Bundesligisten. Auch das Bayerische Fernsehen griff das Zuschauerphänomen auf. Ulf von Malberg produzierte eine große Reportage für den „Blickpunkt Sport“ – doch gesendet wurde nur ein Kurzbeitrag. Das Pech des ERC: Ausgerechnet am Sendetermin gewann Sepp Ferstl sensationell die Abfahrt auf der Streif in Kitzbühel und wurde kurzfristig zum Hauptthema der Sendung. Dem ERC schadete es nicht – der Aufschwung hielt an und führte mit zwei weiteren Aufstiegen in die Oberliga. gst