Kösching
Als der Fasching noch zu Grabe getragen wurde

Manfred Biehler hat mehr als 20 Jahre an Kehraus, Vereinsbällen und Umzügen in Kösching mitgewirkt

15.02.2017 | Stand 02.12.2020, 18:38 Uhr

Foto: Tanja Stephan

Kösching (DK) Zum sechsten Mal schlängelt sich am Sonntag der Mantelflickerzug durch Kösching. Fasching wird hier aber natürlich schon sehr viel länger gefeiert: Manfred Biehler erzählt vom Kehraus und von Dutzenden von Vereinsbällen, an denen er ab den 1960er-Jahren mitgewirkt hat.

Junge Burschen als Störche mit spitzen Schnäbeln verkleidet, als Gesandtschaft aus Rom stilecht mit Helm und Tunika ausgestattet, als Schwimmlehrer in modisch gestreifte Badeanzüge gesteckt oder als Beatles mit Holzgitarren musizierend: Die Schwarz-Weiß-Bilder in Manfred Biehlers Fotoalben zeugen von wahrer Kreativität, was die Faschingskostüme des heute 73-Jährigen und seiner Freunde angeht. "Es ist kein Jahr vergangen, in dem wir nicht maskiert waren", erzählt der gebürtige Köschinger. "Wir haben dafür fast kein Geld ausgegeben und so viel wie möglich selbst gebastelt." Dafür sei bei Bällen ab und an schon einmal der erste Preis für die beste Maskierung drin gewesen.

Vor einigen Jahrzehnten hat es Biehler zufolge - anders als heute - nämlich noch jede Menge Faschingsbälle in den Sälen der Gasthäuser Amberger oder Heidl gegeben. Diese seien meist von der Kapelle Baumeister um Anton und Heiner Baumeister musikalisch gestaltet worden. Ab den 1960er-Jahren habe das Feiervolk zu "mindestens zwei Dritteln aus Maschkerern" bestanden. Die Gemeinde habe gar als "Faschingshochburg" in der Region gegolten. "Da hat sozusagen jeder Verein einen eigenen Ball veranstaltet, und wir waren auf fast jedem", sagt er.

"Wir", damit meint er vor allem die Mitglieder des 1961 gegründeten 6er-Clubs, der laut Biehler erste Stammtisch in Kösching, der auch heute noch "im Kloster Kaffee und Kuchen zur Stärkung nach dem Mantelflickerumzug" verkauft. Diese Kameradschaft sei etwa ab den 1960er-Jahren bis Mitte der 1980er-Jahre eine der treibenden Kräfte des hiesigen Faschings gewesen. Vor allem, was den jährlichen Höhepunkt in den Gasthäusern anbelangt: der Kehraus.

Der 6er-Club hat Biehler zufolge das Faschingsbegräbnis eingeführt und über viele Jahre ausgerichtet. Ein Brauch, der in der Marktgemeinde so heute gar nicht mehr ausgeübt wird: Als "Leiche" wurde ein Faschingsnarr laut Biehler in einem Sautrog oder einer Blechwanne in den Saal getragen. "Ministranten, Mesner, Pfarrer und Leichenbestatter" - Letzterer sogar in Originalbekleidung jener Zeit - begleiteten ihn, später auch ein echter Arzt des Kreiskrankenhauses, der dem Fasching logischerweise meist eine schwere Leberzirrhose als Todesursache diagnostizierte. Zum Abschied der fünften Jahreszeit wurde die "Leiche" schließlich mit zwei Eimern Bier übergossen - und trotzdem musste sie den ganzen Abend über stillliegen.

Ein beliebtes Ereignis. "Der Saal war immer brechend voll", erinnert sich Biehler an die jeweils letzte Faschingsveranstaltung des Jahres. Abgesehen von den Bällen und vielen privaten Faschingsfeiern hat Biehler aber auch "an sämtlichen Umzügen mitgemacht". Er denkt an den ersten Aufmarsch der Faschingsfans in Kösching im Jahr 1966 zurück, an dem mit dem 6er-Club sowie den Tellschützen gerade einmal zwei Vereine mit einem Wagen teilnahmen. "Der Umzug ist aber mit den Jahren schnell gewachsen mit Gruppen, deren Themen noch viel ortsbezogener waren als heute", sagt der 73-Jährige.

Als er schließlich das Ruder als "Leitwolf des Köschinger Faschings" aus der Hand gab, übernahm sein Neffe Max Geitner. Dieser sei heute vor allem als Vorsitzender der Germanica bekannt. Die Bräuche rund um den Kehraus seien nach rund zehn Jahren allerdings eingeschlafen - genau wie der Faschingsumzug.

Umso mehr freut sich Biehler, dass 2007 mit der Veranstaltung der Mantelflicker nach vielen Jahren Pause wieder ein Umzug in Kösching ins Leben gerufen worden ist. "Es ist auf jeden Fall richtig, dass er nur alle zwei Jahre stattfindet", zeigt sich der 73-Jährige überzeugt. "So ist der Wille der Leute, immer wieder mitzumachen, viel größer." Dass der Termin des Mantelflickerzugs eine Woche vor den eigentlichen Faschingssonntag fällt, zeuge außerdem vom Zusammenhalt der ganzen Region: "So können sich mehr Menschen daran beteiligen. Die vielen Faschingsveranstaltungen in den Orten sind heute viel besser verteilt als noch zu meinen Zeiten."

Trotzdem wird Manfred Biehler heuer zum ersten Mal nicht mehr Fasching feiern. "Am Ende hatten wir drei Schränke voll mit Kostümen, irgendwann mag man einfach nicht mehr", sagt er. In den vergangenen Jahren sei er noch privat mit seiner Frau Renate - zu der er natürlich während einer Faschingsfeier gekommen ist - zu den Umzügen gegangen. Nun möchte er das Feld aber für die Jüngeren räumen: "Wir haben wirklich genug erlebt."