Riedenburg
Als das Rathaus noch Finanzamt war

Ein Zeitzeuge der Entwicklung von Riedenburg erinnert sich: Früherer Stadtrat Peter Schwägerl wird 80

21.02.2020 | Stand 02.12.2020, 11:54 Uhr
Im Kreise seiner drei Kinder Peter (von links), Thomas und Evi feiert der Riedenburger Peter Schwägerl an diesem Samstag seinen 80.Geburtstag. Schwägerl war Stadtrat, ist Gründungsmitglied des Tennisclubs und mannigfaltig ehrenamtlich aktiv. −Foto: Schwägerl

Riedenburg - Durchstich des Main-Donau-Kanals, Zwei-Brücken-Lösung, Gestaltung des Marktplatzes und Schließung des Kreiskrankenhauses: Der frühere Stadtrat Peter Schwägerl ist ein Zeitzeuge erbitterter Debatten, die vor mehreren Jahrzehnten die Bürger in der Dreiburgenstadt bewegten. An diesem Samstag wird der mannigfaltig ehrenamtlich engagierte Riedenburger 80 Jahre alt - auch wenn man ihm dieses Alter nicht ansieht.

 

Geboren wird Schwägerl im Kriegsjahr 1940 im bereits erwähnten örtlichen Kreiskrankenhaus. Einst eines der Symbole Riedenburger Kreisstadt-Herrlichkeit, ist heute ein Seniorenheim in dem Gebäude untergebracht. Der wichtigste Geburtshelfer ist der eigene Vater, der Allgemeinmediziner Hans Schwägerl. Die Kindheit im idyllischen Altmühltal verläuft nicht ungetrübt. Der Vater muss ein Jahr als Feldchirurg an den Fronten auf dem Balkan ableisten. Gegen Kriegsende ist er Lazarettarzt im Kloster St. Anna, wo damals viele Kriegsverwundete auf Genesung hofften. Die Schrecken des Krieges sind noch nicht verwunden, als 1949 Schwägerls Mutter im Alter von nur 37 Jahren stirbt. Eine Haushälterin kümmert sich um den neunjährigen Buben und die drei Jahre jüngere Schwester. Der Vater hat in der Arztpraxis alle Hände voll zu tun.

Der Knabe kommt ins katholische Internat St. Emmeram in Regensburg. "Das war kein Vergnügen, die Regeln waren streng", erinnert er sich. Maximal alle vier Wochen durften die Kinder nach Hause, vorausgesetzt sie hatten gut gelernt - was selbstredend von den Lehrern überprüft wurde.

Im Jahr 1960 schafft Schwägerl die Einstellungsprüfung für den gehobenen Dienst. 45 Jahre ist er für die Finanzverwaltung tätig. Nach der Ausbildung in Regensburg kommt er zurück an das Finanzamt in der damaligen Noch-Kreisstadt Riedenburg, das einstmals im heutigen Rathaus residierte. "Das war eine schöne Zeit. Wir waren mit der Putzfrau nur 16 Leute." Doch mit dem Titel Kreisstadt verliert Riedenburg auch die Finanzbehörde an Kelheim. Neun Jahre pendelt Schwägerl dorthin, ehe es ihn 1982 im Zuge einer Beförderung nach Ingolstadt verschlägt. Dort ist er nicht mehr wie zuvor für die steuerliche Veranlagung von Unternehmen verantwortlich, sondern er widmet sich schwerpunktmäßig der Ausbildung junger Finanzangestellter und den Anfängen der elektronischen Datenverarbeitung im Steuerwesen.

Vater Hans Schwägerl sitzt von 1966 bis 1984 für die CSU im Riedenburger Stadtrat und auch der Filius ist an Kommunalpolitik interessiert. Doch damals ist es nicht erlaubt, dass zwei Mitglieder aus einer Familie auf der gleichen Liste kandidieren. So engagiert sich Peter Schwägerl bei den Unabhängigen Wählern (UW). Diese schließen sich 1983 den Freien Wählern an.

Mit Herbert Ehrismann und Fritz Graf an der Spitze, besetzen die Freien Wähler zwei wichtige Themen: eine oder zwei Brücken über den Main-Donau-Kanal sowie Wiederbebauung des Marktplatzes durch die Raiffeisenbank. Diese Fragen polarisieren die Riedenburger, die Frontlinien ziehen sich sogar quer durch die Familien. Nach dem Abbruch des früheren Amtsgerichts ist vor dem Alten Rathaus eine Fläche entstanden, auf der ein provisorischer Stadtpark angelegt wird. "Das hat gut ausgeschaut", meint Schwägerl. Aber die schwarze Mehrheit im Stadtrat setzt sich durch und billigt das heutige Gebäude der Raiffeisenbank.

Doch fünf Stadträte aus den Reihen der Freien Wähler werden 1984 ins Gremium gewählt, einer von ihnen ist Peter Schwägerl. So wird im Stadtrat manch erbitterter verbaler Strauß ausgefochten. Unter anderem geht es um den Bau einer Stadthalle am Stadtweiher und um die Errichtung einer Tiefgarage unter der Uferpromenade. "Die hätte man brauchen können, es gab schon viele Interessenten auf Stellplätze. Aber Bürgermeister Michael Schneider wollte das finanzielle Risiko nicht eingehen."

Sechs Jahre später verpasst Schwägerl den Sprung in den Stadtrat nur knapp. Und mit der Raiffeisenbank am Marktplatz sowie den anderen Entscheidungen hat er längst seinen Frieden gemacht. Ohnehin ist es nicht seine Art, immer wieder die Schlachten von vorgestern zu schlagen. Alles in allem habe sich Riedenburg ja prächtig entwickelt.

Den zweiten Schwerpunkt von Schwägerls ehrenamtlicher Arbeit bildet der Tennisclub. Der TC mit der malerischen Tennisanlage im Schambachtal feiert heuer sein 50-jähriges Bestehen. Schwägerl zählt neben dem bereits gestorbenen Haidhofer Unternehmer Egon Beck und Konditormeister Bernhard Scheck zu den Gründungsmitgliedern. Beim TC hat Schwägerl jedes Amt inne, das der Verein zu bieten hat. In seiner Glanzzeit schwingen fast 300 Mitglieder den Schläger. Derzeit seien es nur noch etwa 130, "aber es geht wieder aufwärts", freut sich Schwägerl.

Nachdem er seine aktive Tennislaufbahn beendet hat, steht der Seniorenclub im Mittelpunkt von Schwägerls ehrenamtlichen Tätigkeiten. Gemeinsam mit seiner früheren Stadtratskollegin Annemarie Amann organisiert er ein abwechslungsreiches Programm. Monatlich treffen sich 30 bis 35 ältere Herrschaften und deren positive Reaktionen auf die Angebote stimmen Schwägerl froh.

Zu seinem runden Geburtstag wünscht er sich Gesundheit, schöne Stunden mit seinen drei Kindern und den Enkeln sowie zwei bis drei Sitze für die Freien Wähler im nächsten Stadtrat. "Und mögen die Riedenburger bei der Wahl des Bürgermeisters eine glückliche Hand haben", fügt er sibyllinisch hinzu.

rat