Mainburg
"Als Brite ist man in Bayern ein Exot"

Der in Mainburg lebende Engländer Tim Howe beschreibt in einem Buch seine persönliche Bavarisierung

03.01.2022 | Stand 08.01.2022, 3:35 Uhr
Ein liebevolles Buch mit dem Titel "Becoming Bavarian" hat der in Mainburg lebende Engländer und Wahl-Bayer Tim Howe geschrieben. −Foto: Brunner/Howe

Mainburg - "Becoming Bavarian in six short steps" lautet der Titel des ersten Buchs von Tim Howe. Der Wahl-Hallertauer ist Buchautor und Hochschuldozent. Der aus Bath bei Stonehenge stammende Engländer lebt seit 23 Jahren in Deutschland. Auf knapp 300 Seiten macht er sich seinen eigenen Reim auf die liebenswerten Schrulligkeiten der Bayern und schildert allerhand skurrile Erlebnisse.

Sind wir wirklich autovernarrt, heimlich schlagerverliebt und fürchten uns davor, Leitungswasser zu trinken? In zahlreichen witzigen Anekdoten beschreibt Howe episodisch seine Erfahrungen auf dem harten Weg zum "echten" Bayern: ironisch, mit typisch britischem Humor und immer mit dem Herz am rechten Fleck. Nicht selten ertappt man sich als Leser, über sich selbst und seine Landsleute lachen zu müssen. Der Autor jedenfalls hat Land und Leute längst kennen- und lieben gelernt. Unserer Zeitung hat Tim Howe ein Interview gegeben.

Herr Howe, was hat Sie bewogen, ein Buch über Ihren "Einbayerungsprozess" zu schreiben?
Tim Howe: Als Brite ist man in Bayern zunächst ein Exot. Für mich war es irgendwann an der Zeit, ein Bayer zu werden, mich an die Kultur anzugleichen. Das geht nicht von heute auf morgen, denn die Bayern haben schon ein paar Ecken und Kanten, das liefert viel Stoff für meine interessanten Beobachtungen.

Sie schreiben, Sie seien "dem Bier wegen" nach Bayern gekommen. Stimmt das?
Howe: Das ist natürlich lustig gemeint. Kommt ein Engländer nach Deutschland, tut er das meist aus drei Gründen: beer, girls and cars. Ich war seit jeher von der deutschen Kultur fasziniert, träumte von allem, was das Label "deutsch" trug. Im Jahr 1998 bekam ich einen Job bei der Deutschen Telekom als Übersetzer für Pressemitteilungen. Auch wenn ich dort nicht lange blieb - es war also eher der Arbeit wegen.
Lederhose, Kniebundstrümpfe und Gamsbart gehören in die Garderobe jedes echten Bayern. Wie halten Sie es mit der Tracht?

Howe: Ich erinnere mich noch gut, als ich mir meine erste Lederhose kaufte. Die war und ist mir immer noch viel zu groß. Aber ich behalte sie trotzdem gern. Ich finde es toll, mit welcher Selbstverständlichkeit Bayern ihre Tracht zu verschiedensten Anlässen tragen. In England würde man in solchen Klamotten ziemlich schief angeschaut werden.

Gibt es etwas, das Sie als Briten bei uns ein wenig irritiert?

Howe: Mein Eindruck ist, dass man am Dorf als "Zuagroaster" von den Bewohnern anfangs eher komisch beäugt wird. Es wird oftmals weggeschaut, wenn man auf der Straße spazieren geht, nicht immer hört man ein herzliches "Grüß Gott!". Zudem ist mir die Raserei auf deutschen Autobahnen von meiner englischen Heimat unbekannt. Ich bin schon öfter ziemlich gefährlich überholt worden, scheinbar haben es die Leute hier immer eilig.

Fühlen Sie sich mittlerweile als "echter Bayer"?

Howe: Das zu behaupten, wäre übertrieben. In meinem Herzen bin und bleibe ich Engländer. Ich bemerke immer noch zu viele Unterschiede. Meine "Bavarisierung" ist längst noch nicht zu Ende, es ist wohl eher ein fortlaufender Prozess, und ich stecke noch mitten drin.

Was haben Sie in der Heimat Hallertau liebgewonnen?

Howe: Mit meiner Frau Bea habe ich ein wunderbares Häuschen in der Nähe von Mainburg - direkt neben den Hopfengärten. Dort fühle ich mich wohl. Außerdem gibt es hier ganz viele tolle Badeseen, die ich woanders vermissen würde. Nicht zu vergessen sind die unzähligen Volksfeste, das bayerische Bier und die wunderbaren Biergärten im Sommer. Überhaupt ist die Biergartenkultur etwas, das die Bayern ausmacht.

An wen richtet sich das Buch?

Howe: "Becoming Bavarian" ist eine Liebeserklärung an Bayern und die Bayern. Es ist geschrieben für Freunde der englischen Sprache und Kultur, die wissen wollen, wie man the Germans von außen sieht. Das gilt auch andersherum für Briten, die sich für Deutschland begeistern und etwas mehr über ihre Nachbarn jenseits des Ärmelkanals erfahren möchten. Nicht zuletzt richtet sich das Buch an Auswanderer, die wissen sollen, worauf sie sich gefasst machen können, wenn sie nach Deutschland kommen.

DK