Geisenfeld
Als bei uns noch der Wein das Bier ausstach

Auch im Raum Geisenfeld gab es viele Weingärten und -schenken - Teil zwei der Serie über "vergessene Kulturen"

04.06.2018 | Stand 02.12.2020, 16:18 Uhr
An die Zeit der Rebkulturen im Raum Geisenfeld erinnert zum Beispiel die Weinbergstraße in Rottenegg - oder auch die Straße Am Weinberg in Engelbrechtsmünster. −Foto: Foto: Kohlhuber

Geisenfeld (GZ) Der Hanf ist eine der "vergessenen Kulturen" in unserer Gegend - aber nicht die einzige.

Der zweite Teil der GZ-Serie widmet sich dem Wein denn auch dieser wurde hier in früheren Jahrhunderten angebaut. Wahrscheinlich, so mutmaßte einmal der Geisenfelder Heimatpfleger Helmut Weinmayer, gab es in der Hallertau vor gut 300 Jahren sogar mehr Wein- als Hopfenreben.
Auch in Geisenfeld gab es Weingärten und Weinschenken, heißt es in einer Publikation Weinmayers. Die Römer waren es, die die Weinrebe während ihrer mehr als 400-jährigen Besatzungszeit aus Italien in ihre Provinz Rätien brachten, zu der ein großer Teil des heutigen Bayern gehörte. An Donau, Isar und Altmühl sowie an vielen Südhängen der Hallertau und anderer Gegenden befanden sich von der Römerzeit bis zum Dreißigjährigen Krieg viele Weinkulturen - und an einigen Orten auch noch Jahrzehnte danach.
Das Herz des Weinbaus im Ilmgau lag laut Weinmayer an der Einmündung des Lauterbaches in das Ilmtal bei Lehen und Stadelhof, vier Kilometer südlich von Geisenfeld. Beim Weiler Lehen verzeichnete schon das herzogliche Salbuch von 1270 sieben abgabepflichtige Weinberge. Die Probstei Niederlauterbach der Fürstabtei St. Emmeram in Regensburg erhob hier im 15. Jahrhundert für verschiedene Weingartenlehen ihre "Weingartenpfennige".
Weitere Weinberge in unserer Gegend befanden sind in Aiglsbach, Engelbrechtsmünster und Rottenegg, wo heute noch Südhänge die Bezeichnung "Weinberg" tragen sowie in Geisenfeld. Auf einem Plan von 1697, auf dem Geisenfeld aus der Vogelperspektive abgebildet ist, sieht man südlich des Großen Turmes an der Ringmauer in der Nähe des heutigen Caritas-Altenheimes einen Weingarten.
In Geisenfeld gab es früher auch mehrere Weinwirtschaften. Frühzeitig wird in Akten die Weinwirtschaft Zum Goldenen
Stern (heute HypoVereinsbank) genannt. Diese Weinschenke scheint im 18. Jahrhundert die beste und angesehenste Gastwirtschaft in Geisenfeld gewesen zu sein.

1640 war in Geisenfeld neben dem Bier- auch ein Weinsetzer tätig, der als Getränkekontrolleur eingesetzt war. Dieser Weinsetzer hatte in den Weinschenken die Qualität des Weines und den Weinpreis zu überprüfen sowie den sogenannten Weinaufschlag, eine Getränkesteuer, zu kassieren. Im Allgemeinen wurden in Südbayern auf den Weinbergen weiße Trauben angebaut. Nur vereinzelt sah man in unserer Gegend blaue Trauben, auch "schwarze Clevener" genannt.

Wenn auch vom Weinbau selbst in der Hallertau nichts mehr geblieben ist, so weisen doch die Orts- und Flurnamen, wie Weingarten, Weinleite, Weinberg, Winzer sowie zahlreichen Familiennamen wie Weinberger, Weinzierl, Weinhuber, Weinsteiger, Weinfurter, Weingärtner oder Weinmayer darauf hin, dass Weinbau in früherer Zeit in der Hallertau und im angrenzenden Donautal von großer Bedeutung war.
Die Gründe, warum der Weinbau in Altbayern zum Erliegen kam, sind leicht zu erklären. Erstens wurde der größte Teil der Weinkulturen im Dreißigjährigen Krieg verwüstet. Dann ermöglichten die verbesserten Verkehrsverhältnisse und Handelsbeziehungen die Einfuhr besserer und billigerer Weine etwa aus Franken, der Pfalz, dem Rheinland, aus Württemberg, Österreich oder Südtirol. Schließlich konnte der sauere bayerische Landwein durch die Verbesserung des Brauereiwesens mit dem Gersten-Hopfen-Gebräu nicht mehr konkurrieren, und das Bier trat seinen Siegeszug an.