Allgegenwärtiger Nonsens

18.11.2008 | Stand 03.12.2020, 5:25 Uhr

 

Ingolstadt (DK) Die Humorfabrikation ist ein schweres Geschäft. Immerhin gilt es, das Publikum zum Lachen zu bringen. Vertreter der Ernsthaftigkeit müssen dies nicht. Es wird um so schwieriger, je weniger Projektionsflächen man hat.

Bei Michael Altinger, der mit seinem Partner Alexander Liegl beider brandneues Duoprogramm "Platzende Hirsche" in der ausverkauften Neuen Welt präsentiert, tut man es gerne und ausgiebig, weil das Programm den die ganze Zeit über allgegenwärtigen Nonsens zumindest so ernst nimmt, ihn in eine höchst wirkungsvolle Form zu gießen. Rote Fäden, Rückgriffe und mehrmals aufgenommene Motive und Handlungsstränge, sogar eine fortlaufende Handlung statt puren Nummernkabaretts – das alles zeichnet das neue Programm aus. Bei aller geistigen Umtriebigkeit und scheinbaren Beliebigkeit gibt es letztendlich doch exakt definierte Charaktere, die beide schauspielerisch auch einwandfrei bewältigen.

Altinger als cholerischer Babysitter, Liegl als Märchenerzähler, der nicht nur am Stoff, sondern auch am Erzählen an sich scheitert, ersterer als Sänger bescheuerter Lieder wie "Auch Frauen können Schweine sein", sein Partner als Autor eines vernagelten Groschenromans, der den legendären "Frauenarzt von Bischofsbrück" noch meilenweit in den Schatten stellt, Altinger als Grimasseur ersten Ranges, Liegl mehr als Worttäter, schließlich beide sich gegenseitig verpetzend, um die Gunst des Publikums buhlend, in Männerfreundschaft verbunden und gleich darauf zickengleich sich anbrüllend. – Ja, das Pogramm ist vielschichtig, optisch und verbal rasant, bunt und hinterhältig. Es erinnert mit dem umgedichteten "Erlkönig" und dem hingerotzten Liebesgedicht an den frühen Otto Waalkes, und der abwesende Tondichter "Dr. Wilfried" kommt in seiner Fürchterlichkeit durchaus an Bernd Regenauers "Willy Walch" heran.

Das pure Vergnügen bei Altinger und Liegl kommt vermutlich von der exakt getimten Gratwanderung zwischen Realitätsbezug und dem völligem Umkippen in den Bereich des Nonsens, das zwar nur punktuell stattfindet, aber stets Unheil dräuend über allem schwebt. Und so ist bei aller Absurdität zwar einiges, aber eben doch nicht alles wurscht, vor allem nicht die Machart, die lupenreine und sinnfreie Comedy mit den Mitteln des seriösen, handwerklichen Regeln gehorchenden Kabaretts äußerst geschickt verbindet.