Ingolstadt
Alles was Recht ist

01.02.2011 | Stand 03.12.2020, 3:12 Uhr

Ingolstadt (DK) Die Ingolstädter Justiz kämpft zunehmend mit Personalproblemen. Während die Zahl der Richterinnen und Richter im Moment noch ausreichend ist, kommt es bei den Rechtspflegern und im Servicebereich tätigen Angestellten zunehmend zu Engpässen. "Da wird es für uns langsam schwierig, da der Freistaat Bayern zu wenig ausbildet", sagte Landgerichtspräsidentin Sibylle Dworazik gestern vor Medienvertretern.

Am Amtsgericht Ingolstadt gibt es derzeit 33 Rechtspfleger, die unter anderem im Nachlass- und Registergericht, in Familiensachen oder bei Insolvenzen tätig sind. Direktor Herbert Krammer muss allein in diesem Jahr fünf Abgänge kompensieren, sei es, weil Kollegen in Pension oder Mitarbeiterinnen in Mutterschutz gehen. Doch es fehlt an Nachwuchs. "Wir betteln beim Oberlandesgericht, und die beim Ministerium", sagt er. Die Situation sei aber in anderen Gerichtsbezirken ähnlich. Wiederbesetzungssperren, die dem Staat beim Sparen helfen sollen, tun das Übrige. "Es ist klar, dass die Bearbeitungszeiten sich dadurch verlängern", bedauert Krammer – mit Folgen auch für Hilfe suchende Bürger.

Sparen muss die örtliche Justiz zudem bei der Sicherheit. "Ich würde gerne mehr Kontrollen machen lassen, aber ich habe nicht genügend Personal bei den Wachtmeistern", bedauert die Landgerichtspräsidentin. Einmal pro Woche müssen sich Zuschauer vor Verhandlungen in die Taschen schauen lassen, wenn der Metalldetektor anschlägt – zu wenig, findet Sibylle Dworazik. Sie lobt aber das große Engagement ihrer Leute. Selbst an den Wochenende werde oft gearbeitet. Nur so sei die Belastung zu bewältigen. "Ohne diesen großen Einsatz der Einzelnen ginge das nicht mehr."

Arbeit gibt es genug. Allein die 1. Strafkammer und das Schwurgericht am Landgericht, wo Mord und Totschlag oder andere schwere Delikte zur Anklage kommen, hatten 2010 mit 54 Verfahren gut zu tun. Das ist die höchste Eingangszahl seit 16 oder 17 Jahren", sagt der Vorsitzende Richter Paul Weingartner. Das Gesamtaufkommen bei den Strafsachen am Landgericht lag bei 572. Bei den Zivilkammern, die in erster Instanz 1365 Verfahren zu bewältigen hatten, setzt Präsidentin Dworazik seit Januar 2010 in einem Pilotprojekt auf die Spezialisierung. Neun Richterinnen und Richter haben sich auf Gebieten wie Arzthaftung, Bankgeschäfte, Architekten- oder Versichertenverträge fortgebildet, um angemessen und sachkundig entscheiden zu können. "Wir sind zufrieden, die Anwälte auch und die Bürger ebenfalls." Im Durchschnitt liege jeder Richter mit seinem Pensum rund 20 Prozent über dem Soll.

Amtsgerichtsdirektor Krammer verzeichnete zwar einen Rückgang bei den Strafsachen (1605 = minus 223) und den Zivilprozessen (2734 = minus 118). Dafür sind die Familiensachen (Scheidungen, Unterhalt, Sorgerecht etc.) um über 100 auf 1908 gestiegen. "Bei den Bußgeldverfahren ist die Steigerung von 1248 auf 1745 Fälle noch deutlicher", sagt er. "Das hat auch mit dem erhöhten Kontrolldruck durch die Polizei zu tun."

Ständig nach oben geht es mit den Betreuungsverfahren, die voriges Jahr den Stand von 2823 (plus 83) erreichten. "Das spiegelt die demografische Entwicklung wider. Dabei handelt es sich außerdem um sehr aufwendige und lange Verfahren."