Hilpoltstein
Allerletzter Warnschuss der Richterin

42-Jähriger erhält zwei Jahre Gefängnis auf Bewährung – Serie von Kellereinbrüchen in Hilpoltstein, um Stromrechnung zu bezahlen

19.12.2013 | Stand 02.12.2020, 23:17 Uhr

Hilpoltstein (rok) Richterin Andrea Martin machte in ihrem Urteil deutlich, dass es mehr als knapp war für den Angeklagten. „Das war die höchste Strafe, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann.“ Das Schöffengericht habe die Forderung des Staatsanwalts „hoffnungslos unterboten“, um den Angeklagten nicht zu entwurzeln, so Martin.

Zwei Jahre Freiheitsstrafe, aber zur Bewährung, entschied sie gestern.

Für zehn versuchte und vollendete Kellereinbrüche im Mai 2013 hatte Staatsanwalt Marek Ressel zweieinhalb Jahre Freiheitsstrafe gefordert. Da wäre keine Bewährung mehr möglich gewesen. Vor allem wegen der zwölf – zum Teil einschlägigen – Vorstrafen, sah Ressel „keine Gewähr, dass der Angeklagte straffrei durchs Leben gehen wird“.

Der 42-jährige Angeklagte erklärte mit brüchiger Stimme und sichtlich mitgenommen: „Ich hab’ da Scheiße gebaut. Soll ich jetzt drei Jahre in den Knast gehen“ Das war auch für seinen Pflichtverteidiger Wolfgang Meier die Kardinalfrage. Immerhin sei sein Mandant sieben Jahre lang unbescholten durchs Leben gegangen und habe sich damals durch einen Umzug erfolgreich aus dem Drogensumpf befreit. „Das muss man auch mal würdigen.“ Außerdem seien die damaligen Diebstähle reine Beschaffungskriminalität gewesen und nicht mit den jetzigen Einbrüchen zu vergleichen.

„Geld habe ich schon gebraucht, aber nicht für Drogen“, sagte der 42-Jährige vor Gericht. Aus Verzweiflung sei er in die Keller eingebrochen. Er habe Ende Januar dieses Jahres eine Stromnachzahlung über fast 1300 Euro bekommen, aber keiner seiner Verwandten oder Freunde sei in der Lage gewesen, ihm das Geld zu leihen. Drei Monate habe er deswegen im Dunklen gelebt, weil er von 1200 Euro Nettolohn die Rechnung nicht zahlen konnte. Irgendwann sei er dann auf dem Weg nach Hause auf eine offene Haustür gestoßen und habe dann die Keller durchstöbert. Er brach, wenn nötig, die Vorhängeschlösser auf und nahm mit, was er für wertvoll hielt. Einen teuren Akkuschrauber, einen Computer, ein Mischpult und sogar ein Schlagzeug.

Auch eine Videokamera, die von einem Diebstahl aus dem April 2012 stammt, fand die Polizei bei ihm, als sie seine dunkle Wohnung durchsuchte. Die habe er gar nicht gestohlen, sagt der Angeklagte vor Gericht, sondern geschenkt bekommen. Er habe den Diebstahl aber zugegeben, weil er die Sache endlich hinter sich bringen wolle. Er habe auch alle Sachen zurückgegeben, die die Polizei bei ihm gefunden hatte. „Ich habe ja nix verkauft. Ich habe mir gar keine Gedanken gemacht. Ich war zu blöd, mich darum zu kümmern.“ Überhaupt sei das damals eine blöde Panikreaktion gewesen. „Ich hätte mir Hilfe holen sollen.“

Doch darauf hat ihn erst seine Nachbarin aufmerksam gemacht, als die Polizei schon seine Wohnung durchsuchte. Sie gab ihm den Tipp, beim Landratsamt die Stundung der Stromrechnung zu beantragen und sie dann in kleinen Raten abzustottern. Das tut er jetzt brav. 50 Euro jeden Monat.

Nach der Verurteilung kommen aber weitere Schulden dazu. Richterin Martin verhängte zur Bewährung 2400 Euro Geldauflage. Vier Jahre lang muss der 42-Jährige nun jeden Monat 50 Euro an die Staatskasse zahlen. Auch sonst darf er sich in den nächsten vier Jahren nichts zu Schulden kommen lassen, dann ist die Bewährung überstanden.

„Sie sollen auch vier Jahre daran denken“, sagt Richterin Martin. „Dass wirklich alles geklaut war, um die Stromrechnung zu bezahlen, glaube ich nicht“, sprach sie den Angeklagten direkt an. Aber für ihn spreche, dass er seit dem letzten Diebstahl im Jahr 2006 viel zum Besseren verändert habe. Er habe immer gearbeitet und sich dadurch dem Drogenmilieu entzogen. „Außerdem muss man die Hoffnung haben, dass Sie jetzt in ein Lebensalter kommen, wo endlich Schluss ist mit dem Mist.“