Riedenburg
"Alle Mitarbeiter sind hoch motiviert"

Interview mit Riedenburgs Bürgermeister Thomas Zehetbauer

14.08.2020 | Stand 23.09.2023, 13:32 Uhr
Seit gut 100 Tagen Chef im Riedenburger Rathaus: Thomas Zehetbauer. −Foto: Rast

Seit gut 100 Tagen ist Thomas Zehetbauer (55) Bürgermeister von Riedenburg. Wegen der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise und sinkender Einnahmen ist der Handlungsspielraum des ersten Bürgermeisters aus den Reihen der CWG stark eingeschränkt. Unsere Zeitung hat nachgefragt, welche Projekte sich in den kommenden Jahren dennoch verwirklichen lassen und wie sich der frühere Kriminalhauptkommissar in sein neues Amt als Stadtoberhaupt eingearbeitet hat.

 

Herr Bürgermeister Zehetbauer, der frühere deutsche Außenminister Joschka Fischer hat einmal gesagt: "Das Amt verändert den Menschen mehr als der Mensch das Amt." Können Sie das bestätigen?

Thomas Zehetbauer: Das Bürgermeisteramt ist eine herausragende und eine herausfordernde Aufgabe. Es ist eine völlig andere Aufgabenstellung als in meinem früheren Beruf als Kriminalhauptkommissar. Die 100 Tage Amtszeit sind natürlich knapp. Aber ich glaube nicht, dass ich persönlich mich schon verändert habe.

Sie haben früher bei der Kriminalpolizei gearbeitet, das ist ebenfalls eine Behörde. Was sind die entscheidenden Unterschiede?

Zehetbauer: Die beamtentechnischen Abläufe sind in gewisser Weise gleich. Ich war mit Verbrechensbekämpfung und teilweise mit harter Kriminalität beschäftigt. Das ist nur ein Themenbereich, wenn auch ein sehr komplexer. Als Bürgermeister sind die Aufgaben wesentlich umfangreicher, erstens als Leiter der Behörde und zweitens ist das Spektrum weitaus vielschichtiger.

Hatten sie bei der Polizei bereits Personalverantwortung?

Zehetbauer: Ja, beim Personenschutz. Ich war stellvertretender Kommandoführer, das waren aber maximal 20 Leute.

Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern im Riedenburger Rathaus?

Zehetbauer: Ich bin sehr positiv aufgenommen worden. Alle Mitarbeiter sind hoch motiviert, ich bekomme jegliche Unterstützung. Für mich als Neuling ist es ja teilweise schwierig, mich in alle diese Probleme einzuarbeiten. Wir arbeiten hier zusammen und es ist mir sehr wichtig, dass sich jeder wohlfühlt.

Sie müssen in dieser Wahlperiode große Projekte bewältigen. Das wichtigste dürfte die Sanierung der Grund- und Mittelschule sein. Was ist hier der Stand der Dinge?

Zehetbauer: Die Grund- und Mittelschule ist ein zentrales Anliegen. Natürlich können wir das Gebäude nicht total sanieren. Das würde unsere finanziellen Möglichkeiten übersteigen. Wir werden die Sanierung Schritt für Schritt in Absprache mit der Schulleitung angehen. Als erster Schritt in Richtung Digitalisierung der Schule sind nun die Glasfaserleitungen ins Gebäude gelegt worden. Die Klassenzimmer werden nun so ertüchtigt, dass die digitalen Tafeln einschließlich der Anschlüsse für Wlan danach montiert werden können. Der Einbau des Aufzugs ist abgeschlossen. Noch heuer werden die behindertengerechten Toiletten und der barrierefreie Eingang eingebaut.


Das bedeutet aber, dass es keinen Neubau der Schule gibt. Das war in der Vergangenheit diskutiert worden.

Zehetbauer: Die Architekten sagen, dass das Gebäude im Kern gut ist. Außerdem sind die Klassenzimmer damals relativ großzügig dimensioniert worden. Wenn man die Schule abreißen und neu bauen würde, dann könnte man nicht mehr so großzügig bauen. Man muss aber im nächsten Schritt an eine Erweiterung denken, dazu gibt es bereits Vorschläge. Man könnte in Richtung Schulgarten oder zur Terrasse hin erweitern. Es würden zusätzliche Klassenzimmer gebaut werden. Erneuerungsbedürftig sind natürlich die Fenster und auch das Dach, wo es Wasserschäden gegeben hat. Eventuell könnte man dort eine PV-Anlage unterbringen. Denn in der Schule haben wir eine Elektroheizung, wenn wir die mit eigenem Strom betreiben, wäre das hoch effektiv. Eine andere Heizung würde gewaltige Mehrkosten bedeuten.

Wirken sich die von Ihnen erwähnten großzügigen Klassenzimmer nun in der Coronakrise positiv aus?

Zehetbauer: Das hoffe ich. Und hoffentlich können wir dank dessen im September wieder zum Präsenzunterricht übergehen.

Die Sanierung des alten Landratsamtes in der Hemauer Straße ist nicht gerade Ihr Lieblingsprojekt. Das wurde im Wahlkampf deutlich. Dennoch steht der Abschluss der Arbeiten kurz bevor. Wann sind die Wohnungen fertig?

Zehetbauer: Wir haben hier einen Punkt erreicht, an dem wir nicht mehr zurückkönnen. Das alte Landratsamt wird fertiggebaut. Wir werden aber sehr stark auf die Kostenentwicklung achten. Die Fertigstellung ohne die Außenanlagen ist für Ende des Jahres anvisiert. Es gibt bereits konkrete Anfragen für die zwölf Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge. Die Herstellungskosten werden geschätzt bei 1,9 bis zwei Millionen Euro liegen. Die 90 Prozent Förderung bekommen wir jedoch nur auf die förderfähigen Kosten. Aber deren genaue Höhe kennen wir noch nicht.

Gibt es nach wie vor viele Anfragen im Rathaus nach Wohnungen und Grundstücken?

Zehetbauer: Ja, nach beidem. Bei den Grundstücken übersteigt die Zahl der Anfragen das Angebot. Wegen des Baugebiets "Prunn West II" muss als nächstes ein Gespräch mit dem Wasserwirtschaftsamt geführt werden. Denn in den Bebauungsplan wurde ein fünfjähriges Hochwasser integriert, was aber wahrscheinlich nicht ausreicht. Es muss geklärt werden, ob umgeplant werden muss. Beim Lärmschutz habe ich immer den Wall favorisiert. Da gibt es demnächst die Notartermine für den Erwerb der dafür nötigen Grundstücke.

Haben sich die Prunner inzwischen mit dem Bebauungsgebiet arrangiert? Viele Dorfbewohner befürchten, dass sich der Charakter ihres Ortsteils dadurch verändert.

Zehetbauer: Ich hatte kürzlich ein Gespräch mit dem Dorfrat. Dessen Mitglieder haben noch nie gesagt, dass sie das Baugebiet grundsätzlich verhindern möchten. Natürlich ist das Baugebiet mit etwa 33 Parzellen ein massiver Einschnitt für Prunn. Da muss man auf die Leute zugehen. Aber wir müssen das Baugebiet nun realisieren, denn der Bedarf ist da.

Wo könnte das nächste Riedenburger Baugebiet liegen?

Zehetbauer: Wir wollen die Flächen in Aicholding zügig erschließen und verkaufen. Dort können wir dann nächstes Jahr ein vernünftiges Baugebiet verwirklichen.

Wann wird die Sanierung und Erweiterung des Kindergartens Maria Schutz vollendet?

Zehetbauer: Der Kindergarten ist fertig und seit Mai in Betrieb. Ende Juli sind die letzten Abnahmen erfolgt. Die Herstellungskosten betragen etwa 2,5 Millionen Euro, nun ist dort Platz für sieben Gruppen.


Der Breitbandausbau beschäftigt Riedenburg seit vielen Jahren. Wann findet das Projekt seinen Abschluss?

Zehetbauer: Die letzten Riedenburger Dörfer werden nun angeschlossen. Das Weiler- und Höfeprogramm wird umgesetzt. Damit ist die Großgemeinde zu 98 Prozent mit Breitband versorgt.

Wie ist es um die Auflösung der Klärteiche in Deising, Untereggersberg, Oberhofen und Gundlfing bestellt?

Zehetbauer: Ich habe in der vergangenen Woche einen Anruf des Wasserwirtschaftsamts Landshut erhalten. Inhalt: Wir bekommen die Förderung in einer Größenordnung von etwa 50 Prozent der Kosten. Deren Schätzung liegt bei rund drei Millionen Euro, also erhalten wir etwa 1,5 Millionen Euro. Ich bin sehr froh, dass das klappt, denn irgendwann bekommen wir für diese vier Klärteiche keine Genehmigung mehr. Allerdings stehen wir massiv unter Zeitdruck, denn die Maßnahme muss spätestens Ende nächsten Jahres abgeschlossen sein. Andernfalls würde die Förderung schrumpfen.

Hat die steigende Menge an Schmutzwasser Auswirkungen auf die Kläranlage?

Zehetbauer: Wir müssen im nächsten Jahr in eine Feinst-siebanlage und eine Schneckenpresse etwa 700000 Euro investieren. Das muss im Zuge der Anbindung der Dörfer an das Klärwerk passieren. Die Kapazität der Anlage für das Abwasser aus den zusätzlichen Ortsteilen ist dann ausreichend.

Was tut sich in Sachen Ausbau der alternativen Energien?

Zehetbauer: Wir haben die Freiflächen-PV-Anlage in Harlanden bereits auf den Weg gebracht. Ich hoffe, dass wir das zügig umsetzen können. Nach der Sommerpause folgen dann Gespräche wegen einer weiteren Anlage in Otterzhofen.

Man versiegelt aber dadurch ökologisch wichtige Flächen.

Zehetbauer: Da geraten wir in eine Grundsatzdiskussion. Wie wollen wir unsere Energie erzeugen? Es gibt Einwände ge- gen Windräder und es gibt Einwände gegen Flächen-PV-Anlagen. Die Dritten wollen keine Höchstspannungsleitung. In welche Richtung wollen wir gehen? In Riedenburg haben wir zumindest die Aufstellungsbeschlüsse für die Freiflächen-Photovoltaik gefasst.

Welche Haushaltsprobleme entstehen der Stadt durch die Coronakrise?

Zehetbauer: Unser Kämmerer Christian Kunz hat viele lange Sitzungen mit mir hinter sich, in denen wir am Haushalt getüftelt haben. Meine Maßgabe für den Haushalt lautete: Ausgaben reduzieren oder teilweise verschieben. Der kürzlich verabschiedete Etat ist vernünftig und wir können mit ihm arbeiten. Allerdings befürchten wir bei der Gewerbesteuer Einbußen in Höhe von rund 30 Prozent. Aber vielleicht leisten hier die Bundes- oder die Landesregierung eine entsprechende Entschädigung an die Kommunen. Das ist aber noch nicht spruchreif. Was wir im nächsten und übernächsten Jahr zu spüren bekommen werden, sind die Rückgänge am Anteil der Einkommensteuer.

Was tut sich in Sachen barrierefreies Rathaus?

Zehetbauer: Das lässt sich im Augenblick nicht verwirklichen. Die aktuelle Haushaltssituation diktiert uns andere Prioritäten. Es ist bei jedem Projekt meine erste Frage hier im Rathaus: Was kostet das und wo können wir sparen?
 

Harald Rast, Kathrin Schmied