Pfaffenhofen
"Alle bisherigen Erfolge zählen nichts mehr"

Pfaffenhofener Sparkassenchef Norbert Lienhardt kritisiert nach dem Rücktritt von Georg Fahrenschon Medien und Gesellschaft

21.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:11 Uhr

Pfaffenhofen (str) Noch zu Beginn der vergangenen Woche sah es danach aus, dass der ehemalige bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon als Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands wiedergewählt wird.

Am 7. November berichtete dann die "Bild" über einen Strafbefehl, den die Staatsanwaltschaft München beantragt und das zuständige Amtsgericht erlassen hatte: Steuerhinterziehung, so der Vorwurf. Wie mittlerweile bekannt wurde, wird Fahrenschon sein Amt wohl zum 24. November niederlegen.

Norbert Lienhardt, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Pfaffenhofen, hält Fahrenschons Verhalten bezüglich seiner Steuererklärungen für "sicherlich nicht klug", kritisiert aber auch die Medien und die Gesellschaft, die Menschen und ihre Arbeit auf ein einziges negatives Ereignis reduzieren würden. "Trotz der Ereignisse und des ganzen Medienrummels in den Tagen zuvor kam der Rücktritt von Georg Fahrenschon als Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes zu diesem Zeitpunkt überraschend für mich. Persönlich bedauere ich seinen Schritt sehr, auch wenn er vermutlich unausweichlich war", sagt Lienhardt. Der scheidende DSGV-Präsident habe bei seiner Entscheidung nicht an sich selbst, sondern an das Wohl des Verbandes gedacht. Er wollte damit weiteren Schaden vom DSGV abwenden und hat den Weg freigemacht, dass interne Querelen, Machtkämpfe und Spekulationen nicht länger wichtige Sachthemen blockieren.

"Der ,Fall Fahrenschon €˜ hat in meinen Augen mehrere Dimensionen. Grundsätzlich hat und macht man sich in einer Spitzenposition nicht nur Freunde. Umso weniger darf man natürlich Angriffspunkte bieten", sagt Lienhardt auf Anfrage. In dieser Hinsicht habe sich Fahrenschon mit der verspäteten Abgabe seiner Steuererklärungen sicherlich nicht klug verhalten. "Es drängt sich vor diesem Hintergrund aber auch die Frage auf, wie schwer sein Steuerversäumnis wirklich zu bewerten ist. Und vor allem, ob es nicht von bestimmten Kreisen als willkommener Vorwand missbraucht wurde, um ein medienwirksames Haberfeldtreiben gegen Georg Fahrenschon zu inszenieren."

Ein Grund für den Rücktritt Fahrenschons ist für Lienhardt das Verhalten der Medien und der Gesellschaft. "Besonders nachdenklich stimmt mich persönlich der Umstand, wie schnell in unserer heutigen Medienlandschaft und Gesellschaft Menschen und ihre Arbeit auf ein einziges negatives Ereignis reduziert werden. Das ist auch im Fall von Georg Fahrenschon so. Alle bisherigen Leistungen und Erfolge, die der DSGV-Präsident sowohl auf fachlicher Ebene wie auch im menschlichen Umgang miteinander vorweisen kann, zählen plötzlich überhaupt nichts mehr."