Neuburg
Alkoholexzesse der Jugend nehmen zu

10.03.2011 | Stand 03.12.2020, 3:04 Uhr

Das Komasaufen unter Jugendlichen hat auch im vergangenen Jahr wieder zugenommen. 102 Fälle von Alkoholvergiftungen sind allein an den Kliniken St. Elisabeth registriert worden.? Arch - foto: Peterhans

Neuburg (DK) Der Rausch am Wochenende gehört für viele Jugendliche einfach dazu, mit teilweise verheerenden Folgen. Seit einigen Monaten wird in Bayern eine Verlängerung der Sperrzeit diskutiert. Damit sollen Alkoholmissbrauch und die Randale in den Innenstädten eingedämmt werden.

Eine Sperrzeitverlängerung hält Harald Indrich, der stellvertretende Leiter der Kinder und Jugendpsychiatrie an den Kliniken St. Elisabeth, für nicht zielführend. Er formuliert es drastisch: "Die Jugendlichen saufen sich schon am frühen Nachmittag zu und richten sich mit Hochprozentigem weg." Da würde es auch nichts helfen, wenn die Lokale ihre Türen früher schließen. Seine Erfahrungen sind erschreckend: Mussten die Mediziner im Jahr 2000 nur sechs Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung behandeln, stieg die Zahl bis 2010 sprunghaft an. Im vergangenen Jahr wurden 102 Jugendliche wegen Alkoholmissbrauchs in den Kliniken versorgt. Und das ist wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergers. Indrich rechnet mit einer hohen Dunkelziffer junger Menschen, die trotz Alkoholvergiftung nicht ins Krankenhaus gebracht werden.

Der Mediziner plädiert dafür, das Mindestalter für den Kauf von Alkohol anzuheben. "Der Zugriff auf Bier und Wein für 16-Jährige ist zu früh." Damit werde Alkohol zur legalen Droge der Jugend. Indrich schlägt vor, dass vor allem Hochprozentiges nur an Menschen ab 21 Jahren und nicht schon an 18-Jährige verkauft werden darf. Damit würde auch die "Versorgungsbrücke" wegfallen: Viele 18-Jährige hätte in ihrem Freundeskreis auch 14- und 15-Jährige, die somit auch Zugang zu Alkohol hätten. Mit 21 würde sich der Freundeskreis ändern.

An diesem Punkt setzt auch die Neuburger Polizei an. Wenn ein Erwachsener Minderjährige mit Alkohol versorgt, werde das rigoros zur Anzeige gebracht, versichert Polizist Manfred Meier. Eine Sperrzeitverlängerung würde seiner Ansicht nach die Alkoholexzesse unter den Jugendlichen nicht einschränken, da Heranwachsende spät nachts nicht mehr unterwegs sind. "Das spielt sich alles früher ab." Als Problem sieht Meier die wilden Jugendtreffs in den so genannten Bauwagen. Wenn diese ohne Aufsicht sind, sei dem Missbrauch "Tür und Tor geöffnet". Allerdings sei der Kreisjugendring bemüht, diese Bauwagen zu organisieren. "Wenn sich jemand aus der Gruppe verantwortlich fühlt, ist das besser", so Meier. Auch die Eltern sollten auf ihre Kinder achten.

Das Jugendamt des Landkreises setzt bei der Bekämpfung des Alkoholmissbrauchs seine Hoffnungen in die Streetworker. Sie sollen die Brennpunkte auch vor Ort in den Gemeinden durch Präventionsmaßnahmen entschärfen, teilt das Jugendamt mit. Eine Verlängerung der Sperrzeit hält auch das Amt nicht für geeignet, um Alkoholexzesse in den Griff zu bekommen, sondern es wird ein Discotourismus befürchtet: Wenn in manchen Städte die Lokale früher schließen, könnte zu später Stunde noch in eine andere Stadt gefahren werden, um weiterzufeiern.